15. Februar 2020
Es ist unmöglich ein Land zu verstehen, wenn man seine Geschichte nicht kennt. Wie sich Nepal in der Vergangenheit entwickelt hat und welche Ereignisse das Land bis heute prägen, erfahrt ihr hier:
Bürgerkrieg und Anfänge der Demokratie
Erst seit 2008 ist Nepal offiziell eine konstitutionelle demokratische Bundesrepublik. Der Weg dahin war alles andere als einfach: Von 1996 bis 2006 befand sich das Land in einem Bürgerkrieg, der insgesamt mehr als 12.700 Menschen das Leben kostete. Höhepunkte des Krieges waren das königliche Massaker im Jahr 2001 und der Generalstreik im April 2006. In den zehn Jahren kämpfte die Kommunistische Partei Nepals gegen die Monarchie und das hinduistische Kastensystem – mit Erfolg, aber auch mit brutalen Mitteln. Beiden Parteien wurden im Nachhinein Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Nach Ende des Bürgerkrieges verlor der damalige König 2007 seine Funktion als Staatsoberhaupt, am 23. Juli 2008 wurde der erste Präsident der neuen demokratischen Republik vereinigt. Selbstverständlich hat der lange Bürgerkrieg die Entwicklung des Landes geschwächt und das wirtschaftliche Wachstum verlangsamt.
Die frühen Jahre der Demokratie waren von ständigen Regierungswechseln geprägt und daher sehr instabil. Seit Februar 2018 regiert eine Allianz aus den beiden stärksten kommunistischen Parteien des Landes, und es scheint Grund zur Hoffnung zu geben. Einer meiner nepalesischen Freunde erzählte mir, dass er von der nun dezentralen Regierung des Landes besonders viel erwartet. Während das Land zuvor aus der Hauptstadt Kathmandu regiert wurde, können Bundesstaaten nun eigenständig über die Nutzung ihrer Steuergelder entscheiden. So können möglicherweise auch in anderen Teilen des Landes prosperierende Städte entstehen.
Erdbeben und Grenzblockade
Im April und Mai 2015 wurde Nepal von einer Reihe heftiger Erdbeben getroffen. Mehr als 8.000 Menschen wurden getötet und vor allem im Kathmandutal zahlreiche Häuser zerstört, darunter auch viele kulturell wertvolle Gebäude. Unmittelbar nach den Beben erhielt das Land Unterstützung und finanzielle Hilfe von vielen Seiten. Trotzdem hat die weitreichende Zerstörung der Infrastruktur Nepal geschwächt, und bis heute ist der Wiederaufbau nicht abgeschlossen. Manche Straßen sind weiterhin nicht passierbar.
Als wäre die Naturkatastrophe noch nicht genug, hatte Nepal im selben Jahr mit einer Blockade der Handelsroute nach Indien zu kämpfen. Grund für die Blockade war eine Auseinandersetzung der beiden Länder um die nepalesische Verfassung. Da das Land sein gesamtes Öl und Gas aus Indien importiert, kam es zu einer echten Krise. Selbst Lastwagen mit Hilfsmitteln für die Opfer des Erdbebens konnten die Grenze nicht passieren, was die Situation für Betroffene noch verschlimmerte.
Nepal heute
Drei Jahre nach dem Erdbeben sind die entstandenen Schäden noch immer sichtbar. Viele Gebäude befinden sich im Wiederaufbau und vor allem auf den ehemaligen Königsplätzen ist noch einiges zu tun. Wenn man sie besucht, sieht man an jeder Ecke fleißige Arbeiter, die die zerfallenen Tempel nach und nach wieder zusammen fügen.
Seit über 10 Jahren ist Nepal offiziell demokratisch, aber wenn man den Einheimischen glaubt, ist der Weg hin zu einer echten Demokratie noch lange nicht beendet. Freunde erzählten mir, das Korruption weiterhin ein großes Problem ist und dass viele der Regierungsbeamten ihren Job mehr wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung und weniger wegen ihrer Fähigkeiten und ihrer passenden Ausbildung bekommen hätten. Für gesellschaftlich niedrig gestellte (wie die Angehörigen der unteren Kasten) sei es immer noch schwer, an Regierungspositionen zu kommen und ihre Interessen zu vertreten. Wie weiter oben schon erwähnt stecken einige Nepali in die neue Regierung jedoch größere Hoffnungen, eben weil sie stabiler scheint als ihre Vorgänger.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Nepal ein Land im Wandel ist. Viele Dinge verändern sich, wenn auch nicht so schnell wie es sich die Einheimischen vielleicht wünschen würden. Ich bin gespannt, wie sich Nepal in den kommenden Jahren entwickelt und kann mir vorstellen, dass sich bald einiges tun wird.