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Mein Huhn wird es in den Kochtopf wandern???


Sich so richtig in einem fremden Land einzurichten heißt auch, ein paar Sitten des Landes anzunehmen. Ich habe ein Huhn in unseren Hof geholt – das hat einige Erlebnisse mit sich gebracht!

Seit einiger Zeit überlege ich, ein Huhn anzuschaffen. Ein Arbeitskollege während des Praktikums sagte mir: „Ein Hof ohne Tiere ist kein richtiger Hof.“ Und er hat recht, es sieht schon recht leer bei uns aus. Außerdem ist bekannt, dass Tiere Glück bringen. Alte, weise Menschen, die einen leeren Hof betreten und von Problemen hören, würden sagen: „Kein Wunder! Es ist hier ja nicht mal ein Huhn zuhause…“ Also kümmere ich mich mal lieber um ein wenig tierische Unterhaltung.

Ich fange an, mich umzuhören, ob sich ein Huhn bei uns wohlfühlen könnte. Es gibt kaum Erde, wo es mal scharren könnte. Das scheint nicht so ein Problem zu sein. Wenn wir es tagsüber laufen lassen, gibt es draußen genug Körner zu suchen.

Das Huhn braucht ein Heim

Jetzt fehlte nur noch ein Käfig, denn schneller als ich gucken kann, verspricht mir Ahmed schon eins seiner Hühner. Es ist noch recht jung, aber er sagt, dass es in wenigen Wochen sicherlich anfangen wird, Eier zu legen. Fast wäre ich schon zum Schreiner nebenan gegangen, doch glücklicherweise bin ich in einem Dorf namens Tanlarguin auf dem Markt an einem runden Häuschen aus Zweigen vorbeigekommen. Oben ist ein Loch. Man erklärt mir, dass es eigentlich für eine Henne mit ihren Küken gedacht ist, damit die Kleinen zusammengehalten werden. Für ein Huhn allein ist es aber genauso ideal. Klar war mir nur nicht, dass Hühner so gut hüpfen können. Dazu aber später mehr …

Hühnerhaus

Ein paar Tage später bin ich zu Ahmed nach Hause eingeladen, um mein Hühnchen abzuholen. Etwas aufregend ist das Ganze schon: Ich sehe zwar täglich, auf welche Art und Weise die Hühner hier transportiert werden, aber ob ich das auch kann..? Selbst meine Mitbewohnerin, ein echter Stadtmensch, ist sich nicht so ganz sicher, ob sie sich das zutrauen würde. Ich nehme meinen Mut zusammen und lege das Ganze einfach mal in Ahmeds Hände.

Der große Tag ist da

Bei ihm angekommen, begrüßen wir erstmal die Nachbarschaft und ich lerne den Chef des Viertels kennen. Ahmed wohnt am Stadtrand; dort haben sich vor einigen Jahren recht unorganisiert zahlreiche Menschen niedergelassen und ihre Häuser gebaut. Das Ganze in Absprache mit den Eigentümern des Bodens, nicht mit dem Staat. Das heißt, jeder hat recht unbefangen und immer enger beieinander sein Haus errichtet, um in der Stadt leben zu können und dort zu arbeiten. Heute ist das ganze Viertel so eng bebaut, dass man dort nicht mit einem Auto reinfahren kann. Der Staat beginnt jetzt, Straßenschneisen freizulegen. Dafür müssen Menschen umgesiedelt werden. Ahmeds Familie glücklicherweise nicht, ihr Haus haben sie im letzten Jahr auch richtig ausgebaut und ein weiteres Haus in den Hof gesetzt.

Langsam kommt der Abend und ich möchte los nach Hause. Das Huhn ist mir während des Gesprächs schon ins Auge gefallen. Ahmed hat es bereits eingefangen und die Beine zusammengebunden, damit wir es nicht noch quer durch den Hof scheuchen müssen. Er hängt es mir geschickt über den Lenker meines Mopeds, ein Bein rechts, eins links und der Kopf nach unten. Zu meiner Überraschung macht das Huhn nicht mal ein großes Theater. Es ist die Transportweise scheinbar gewöhnt. Ich glaube, ich leide mehr als das Tier. Meine größte Sorge ist, dass sein Kopf wegen der vielen Schlaglöcher bei der Fahrt gegen das Moped schlägt.

So ein Tier ist aber dann doch zehnmal robuster als gedacht. Auf dem Weg mache ich sogar noch einen Zwischenstopp bei Freunden, die sich schon über mich lustig machen, dass ich aus Rücksicht auf das Huhn so vorsichtig fahre. Man kümmert sich dann aber doch rührend um das Tier und streut direkt ein wenig Reis hin.

Endlich zuhause angekommen, liegt es dann an mir, das Huhn vom Lenker zu nehmen und es in sein neues Haus zu setzen. Vorsichtig packe ich es an den Beinen und nehme es vom Lenker… jetzt nur nicht den Kopf zuerst auf den Boden… Es schlägt wie wild die Flügel und da lerne ich schon mal, dass es am besten ist, den ganzen Körper samt der Flügel zu fassen und es so abzusetzen. So ganz ruhig scheint das Tier nicht in seinem neuen Käfig. Ich stelle ihm ein wenig Wasser hin und streue Maisschalen aus. Es soll sich nun erstmal eingewöhnen.

Huhn

Versteckte Talente eines Huhns

Dass Hühner gut hüpfen können war mir allerdings nicht klar. Am nächsten Morgen ist der Käfig leer. Die Nachbarn fangen schon an, von Dieben zu sprechen, das Huhn sei sicherlich gestohlen worden. Ich verstehe gar nichts mehr. Gerade mal ein paar Stunden bin ich stolze Besitzerin eines Huhns und nun ist es schon verschwunden.

Als ich mich ein wenig mit der Situation abgefunden habe, gehe ich raus auf die Straße und finde das Huhn gar nicht weit entfernt von uns! Daraufhin beginnt direkt die Jagd, um das Tier einzufangen. Die Nachbarn und einige Leute, die zufällig bei uns vorbeikommen, helfen bei der Aktion. Was für ein Glück, als das Huhn wieder im Käfig sitzt. Das Loch oben im Käfig ist einfach ein perfekter Ein- und Ausgang. Das war mir nicht bewusst.

Huhn büxt aus

Was wird aus dem Huhn?

Was mir dennoch auffällt sind die Kommentare von Freuden bezüglich Ostern: „Wollen wir denn nicht zum Fest ein gut genährtes Huhn schlachten?“ Ich bin dagegen. Vielleicht vor meiner Abreise? Aber irgendwie bin ich dann doch zu deutsch, um mich nicht emotional an das Huhn zu binden.

Nach ein paar Tagen gewöhnt sich das Huhn richtig gut bei uns ein, ist viel ruhiger in seinem Käfig und wir lassen es sogar jetzt frei laufen. Abends kommt es von allein zurück und legt sich im Käfig schlafen. Morgens streue ich ein wenig Maisschalen aus und wenn es sich gestärkt hat, geht es raus, um hoffentlich bald ein paar Hähne zu treffen… Denn wir würden uns sehr über eigene Eier zum Frühstück freuen!

Huhn auf Moped

Und so ist sieht die neuste Lieblingsposition von unserem Huhn aus: auf dem Moped. Davon bin ich weniger begeistert, aber Hühner schlafen ja am liebsten erhöht auf Bäumen. Da unser Baum dann doch zu hoch ist, um hochzuhüpfen, taugt wohl auch mein Moped.

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