5. Februar 2023
Erst einmal: Gute Frage! Die perfekte Antwort habe ich darauf allerdings immer noch nicht parat. Lange Zeit dachte ich, ein Auslandsaufenthalt wäre nichts für mich. Für mehrere Monate alleine raus aus der bekannten Umgebung? Nein, Danke, wäre da noch vor zwei Jahren meine Antwort gewesen.
Irgendwann wurde mir jedoch klar: Ein Semester im Ausland ist zwar eine riesige Herausforderung, aber auch ein großes Abenteuer, das ich nie mehr vergessen werde. Es gibt mir die Chance, noch einmal rauszukommen aus dem Alltag in Deutschland, bevor es ernst wird, das Studium endet und das Arbeitsleben beginnt.
Selbstbewusstsein gewinnen
Das Auslandssemester mache ich nicht, um irgendjemandem zu gefallen, ich mache es für mich selbst und für meine persönliche Weiterentwicklung. Ich muss damit niemandem etwas beweisen, außer vielleicht mir selbst. Ich hoffe, dass diese Erfahrung mich selbstsicherer machen wird, weil sie mir zeigt, dass ich alleine in einer fremden Umgebung zurechtkomme und mich auf mich selbst verlassen kann.
Auch wenn ich schon vor dem Auslandsaufenthalt selbstständig und selbstbewusst war, alleine gewohnt und mein Leben organisiert habe – bisher habe ich immer in meiner Heimatstadt gelebt, war nie mehr als zwei Wochen von Familie und Freunden getrennt. Wenn ich Hilfe brauchte, konnte ich mich darauf verlassen, dass innerhalb von einer halben Stunde jemand da sein wird. In Estland ist das nicht so, was sich zwar beängstigend anfühlt, aber mich zugleich auch darin bestärkt, dass ich für mich selbst sorgen kann.
Internationalität leben
Ein wesentlicher Faktor, der zu meiner Entscheidung für ein Auslandssemester beigetragen hat, war mein Kontakt zu Studierenden aus anderen Ländern. Über verschiedene Kooperationsprojekte und das Buddy-Programm meiner Universität habe ich in den vergangenen zwei Jahre viele junge Menschen aus anderen Ländern kennengelernt. Das war jedes Mal eine sehr bereichernde Erfahrung. Es tat gut, sich auszutauschen und dabei zu erkennen, wie viele Gemeinsamkeiten sich trotz aller Unterschiede finden lassen.
Nachdem ich Patin für eine Erasmus-Studentin war, die aus Finnland an meine Universität nach Dortmund gekommen ist, stand für mich fest: Das möchte ich auch machen. Ich habe miterlebt, wie aufregend ihr Auslandsaufenthalt war, wie viele neue Freunde aus aller Welt und neue Hobbys sie gefunden und wie sie sich selbst besser kennengelernt hat. Wir haben noch immer Kontakt und das Tolle ist: Weil ich es jetzt aus Estland nicht weit nach Finnland habe, werde ich sie bald in ihrer Heimat besuchen.
Fähigkeiten verbessern
Durch meinen Auslandsaufenthalt in einem Land, in dem ich vor allem auf Englisch kommuniziere, erhoffe ich mir auch, meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich habe schon immer gerne Englisch gelernt und gesprochen. Doch im Alltag in Deutschland ergeben sich selten Gelegenheiten dazu. Daher hoffe ich, in Estland sicherer im Englischen zu werden und meinen Wortschatz erweitern zu können.
Während ich Politikwissenschaften in Deutschland nur im Nebenfach studiere, werde ich hier in Tartu hauptsächlich Kurse aus dem Bereich Politik und Gesellschaft belegen. Dabei habe ich mich bewusst für Fächer entschieden, die diese Themen in Bezug auf Estland beziehungsweise das Baltikum behandeln. Ich hoffe, dadurch viel Neues über die mir bislang vollkommen unbekannten baltischen Staaten und deren Geschichte zu lernen.
Schließlich soll meine Reise ins Unbekannte nicht als solche enden. In den kommenden fünf Monaten will ich versuchen, so viel wie möglich über Land und Leute, Kultur und Geschichte Estlands zu erfahren. Dann kann ich im Sommer hoffentlich mit viel neuem Wissen, überraschenden Erkenntnissen und erweiterten Perspektiven im Gepäck zurück nach Hause zu fahren.