4. September 2018
Ausschlafen am Sonntag? Immer gerne – insbesondere nach meiner Einführungswoche hier in Indien. Denn die war vollgepackt mit Seminararbeit, Ausflügen und nicht zuletzt gutem Essen.
Mittlerweile bin ich seit zwei Wochen am Campus des Indian Institute of Management Calcutta in Kolkata – und wenn mich jemand fragt, ob ich mich gut eingelebt habe, kann ich das mit voller Überzeugung bejahen. Dazu beigetragen hat auch die Einführungswoche, die unsere „Cohort“, wie man uns hier nennt, ganz schön auf Trab gehalten hat.
Worum ging es in der Einführungswoche?
Zunächst einmal muss man wissen, dass die IIMC als eine der renommierten ABC-Schools in Indien über großes Ansehen verfügt – und ebenso sehr wie zahlreiche internationale Großkonzernen hier direkt vom Campus „wegrekrutieren“, sucht die Hochschule den Kontakt zu diesen Unternehmen. Dementsprechend war die Woche zu einem guten Teil gefüllt mit Vorträgen, Panel-Diskussionen und nicht zuletzt arbeitsintensiven Projekten mit hochrangigen (und leider nahezu ausschließlich männlichen) Unternehmensvertretern – wirklich nicht uninteressant, stellenweise aber in einem Ausmaß, bei dem so mancher in Deutschland die Unabhängigkeit der Lehre in Frage gestellt hätte. Dem der Woche zugrundeliegenden Thema „Entrepreneurship and Innovation in Emerging Economies“ folgend gab es jedoch auch zahlreiche Programmpunkte, die sich auf das exakte Gegenteil weltweit agierender Großkonzerne konzentrierten. Wir durften lokale Startups, vor allem aus dem großartigen IIMC Innovation Park, kennenlernen, die innovative Lösungen für dringende Probleme der indischen Gesellschaft entwickeln – wobei ich zwei Projekte, Agastya Buoyant und ONganic, für Interessierte besonders hervorheben möchte.
Was gab’s in der Stadt zu sehen?
Ich bin sicher nicht der Einzige, der zunächst ungläubig reagiert, wenn er hört, dass viele der First-Year-Students aufgrund der enormen Arbeitsbelastung den Campus noch nie verlassen haben. Und ehrlich gesagt bin ich froh, dass wir da mehr Glück hatten! Neben einem sehr spannenden Einführungsvortrag über die Stadt durften wir Kolkata auch tatsächlich erleben – mit all seinem Verkehrschaos, den immer wieder aus dem Nichts auftauchenden Kühen und natürlich zahlreichen Sehenswürdigkeiten von Howrah Bridge bis Prinsep Ghat. Doch unabhängig von den einzelnen Ausflugszielen konnten wir vor allem eines erkennen: Kolkata ist tatsächlich eine enorm diverse Stadt. Hier liegen lediglich wenige hundert Meter zwischen luxuriösen Spa Resorts und nur zu Fuß zu erkundenden Wohngebieten, wo die Armut, die diese Stadt einst weltberühmt gemacht hat, omnipräsent scheint.
Welche indischen Köstlichkeiten gab es?
Ihr habt’s wahrscheinlich schon festgestellt: Ich bin das, was ich selbst gerne als passionierten Esser bezeichne – und mir der Vorzüge der indischen Küche durchaus bewusst. Daher hat es mich im Gegensatz zu einigen anderen Mitgliedern der „Cohort“ auch nicht sonderlich gestört, dass es, neben den zahlreichen Tee-Pausen mit ungewohnt nach Hühnchen schmeckenden Keksen, von morgens bis abends Indisch gab. Denn auch wenn sich insbesondere die Grundzutaten Reis (in allen Farben des Regenbogens), Paneer und Kartoffel tatsächlich andauernd wiederholen, sind definitiv Variationen zwischen den zahlreichen verschiedenen Curries, Masalas, Tikkas und Co. feststellbar. Mein persönliches Highlight: Obwohl der Staat Westbengalen als Fleischhochburg gilt, sind immer mindestens die Hälfte der Optionen vegetarisch. Und nebenbei bemerkt: Den in Deutschland verbreiteten Mythos, dass Indien größtenteils alkoholfrei lebt, kann ich aus eigener Erfahrung nicht gerade bestätigen.
…und sonst so?
Es ist hoffentlich klar geworden, dass unsere Einführungswoche voller Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse war und mich, trotz meiner ersten richtigen Yoga-Session, entsprechend geschlaucht hat. Fragt man allerdings die indischstämmigen Studierenden hier vor Ort, erfährt man, dass es als durchaus normal gilt, auch mal ein paar Nächte in Folge durchzuarbeiten und entsprechend wenig zu schlafen. In meinem Fall waren es in der vergangenen Woche insgesamt etwa 25 Stunden (wobei natürlich dennoch außer Frage stand, dass ich bei unserer Welcome-Party ein bisschen das Nachtleben hier erkunde!). Nach deutschen Standards würde ich einen solchen Schlafrhythmus nicht nur als ungewohnt bezeichnen, sondern tatsächlich auch als ungesund. Aber mal sehen, wie sich das entwickelt – das Semester hat ja gerade erst begonnen!