Wer ins Ausland geht, lässt immer ein paar Menschen zu Hause zurück. Diejenigen, die sich vermutlich am meisten Sorgen machen, sind die Eltern. Luisa Martins, die Mutter von studieren-weltweit-Correspondent Tobias, erzählt im Interview, wie es ihr damit ging, dass ihr Sohn für ein Semester nach Grenoble in Frankreich gegangen ist.
Was war der erste Gedanke, den Sie hatten, als Tobias sagte, dass er ein Semester in Frankreich studieren möchte?
Luisa Martins: Schock! Für mich war das echt „Oh, nee, das geht ja gar nicht! Er muss doch sein Studium beenden.“ Danach hat Tobias sich mit meinem Mann und mir zusammengesetzt und uns alles erklärt. Dann fanden wir Eltern das in Ordnung. Für die Zukunft ist ein Auslandsaufenthalt ja etwas Positives. Ich hatte von Frankreich vorher nur das Bild von Paris im Kopf, die unübersichtliche Großstadt, und dachte, das könne gefährlich werden. Als wir dann Tobias‘ Fotos aus Grenoble gesehen haben, von der hübschen Stadt und der Landschaft mit den Bergen, fanden wir das sehr schön.
Wie sehr waren Sie in die Planung und Vorbereitung involviert?
Tobias ist sehr selbstständig, das war er als Kind schon. Mit der ganzen Vorbereitung hatten wir nichts zu tun, er hat alles alleine gemacht. Er hat uns aber auf dem Laufenden gehalten, was er alles erledigen muss und wie weit er ist. Wenn Tobias etwas in die Hand nimmt, weiß ich, dass es zu 100 Prozent funktioniert. Er würde nie etwas machen, das ihm selber schaden könnte. Dazu kenne ich ihn zu gut. Ich war sicher, dass es schon klappt.
Wie sind Sie mit dem Thema Finanzierung umgegangen?
Uns war klar, dass wir Tobias bis zu einer gewissen Grenze unterstützen können, so, wie wir ihn auch in Deutschland unterstützen. Wir haben uns natürlich gefragt, wie er das alles schaffen will. Tobias hat aber immer gearbeitet und hatte Geld gespart, außerdem hat er in Frankreich die Erasmus-Förderung bekommen. Im Notfall kann er uns natürlich immer fragen. Er hat das aber alles gut organisiert.
Wie sind Sie in Kontakt geblieben, als Tobias dann in Frankreich war?
Tobias hat täglich Tagebuch geführt und uns und einige seiner engen Freundinnen und Freunde per E-Mail auf dem Laufenden gehalten. Außerdem habe ich die Bilder gesehen, die er bei Instagram gepostet hat. Und wenn die Sehnsucht zu groß war, habe ich ihm per Whatsapp geschrieben und wir haben uns zum Telefonieren verabredet. Ich wusste eigentlich immer, was bei ihm los ist. Am Ende haben wir sogar mehr Kontakt gehabt als sonst, wenn er in Bochum studiert.
Hat Tobi sich durch seinen Auslandsaufenthalt verändert?
Er hat viel von den Menschen, die er kennengelernt hat, erzählt. Außerdem ist er mit Französischkenntnissen zurückgekommen. Wer ins Ausland geht, muss selbstständig werden und viel organisieren. Ich glaube, der Aufenthalt hat Tobi insofern auch gutgetan.
Was würden Sie anderen Eltern raten, deren Kinder ankündigen, ins Ausland gehen zu wollen?
Lassen Sie Ihre Kinder ihre Flügel ausbreiten, lassen Sie sie machen. Sie erleben dort so viel und werden selbstständig, auch wenn sie das vorher nicht waren.
Wenn Tobias jetzt nochmal ins Ausland gehen möchte, wie würden Sie reagieren?
Tobias musste sein Auslandssemester in Frankreich wegen der Corona-Pandemie früher abbrechen. Das war sehr stressig. Und wir haben uns Sorgen gemacht, wie er nach Hause kommt. Ich würde ihn heute dennoch ermutigen, ein weiteres Mal ins Ausland zu gehen und ihm sehr wünschen, dass er diesmal nicht früher abreisen muss, damit er noch mehr Erfahrungen sammeln kann.