28. April 2016
Und plötzlich ist er da, Term 3. Diese mysteriösen Wochen, um die sich seit meinem ersten Tag an der University of Warwick die wildesten Gerüchte ranken und mit dem den Erstsemestern und Erasmusstudenten Angst und Schrecken eingejagt wird. Viel lernen, viele Essays, keine Freizeit? Eine überquellende Bibliothek, in der man schon sehr früh am Morgen keinen Platz mehr bekommt? Viele Stressfaktoren scheinen auf die Studenten einzuprasseln. Ich habe sie mal genauer unter die Lupe genommen. Ein kleiner Bericht über meine ersten Eindrücke.
Stressfaktor 1 – Die Klausuren und Abgaben
Zugegebenermaßen, es ist viel, was auf einen typischen Studenten zukommt. In den meisten Fächern muss ein Essay und eine Klausur, in manchen Fächern nur eins von beiden geschrieben werden. Aber die Essay-Deadlines liegen in der ersten Woche des Terms und die Klausuren fangen meist in Woche Vier an. Wenn man im Voraus plant, ist das zu schaffen. Meine Essays sind zum Glück fertig, aber ab dem 18. Mai stehen sechs Klausuren für mich an – fast täglich eine. Und manche Freunde von mir haben sogar zwei an einem Tag! Aber, das viele Klausurenschreiben ist man ja von Deutschland gewöhnt und daher wird es schon machbar sein.
Ein Vorteil in England ist, dass man bei fast jeder Klausur aus einem Fragenkatalog wählen kann, welche man beantworten möchte. Zum Beispiel habe ich ein Fach, in dem ich nur vier aus zehn Fragen beantworten muss. Man kann beim Lernen also gezielt Schwerpunkte auf die Themen setzen, die einen besonders interessieren.
Stressfaktor 2 – Platzmangel
Dieser Punkt ist zum Haare raufen! Es wurde zwar schon von englischen Kommilitonen angedeutet, aber dass es so schlimm sei, hätte ich nicht erwartet! Es ist wirklich, wie im Sommerurlaub am Mittelmeer. Diejenigen, die es schaffen früh aufzustehen und dazu noch auf dem Campus wohnen, werfen ihr Handtuch bzw. ihre Jacke auf einen Platz, reservieren ihn so für einen Tag und sind dann erstmal bis nachmittags verschwunden. Leute, die wie ich in Leamington Spa wohnen und morgens eine Stunde Fahrt zur Uni haben, haben kaum eine Chance, einen der heißbegehrten Plätze in der Bibliothek zu ergattern. Gestern war ich um kurz vor 9 da und bin danach eine halbe Sunde durch die Bibliothek gelaufen, um schließlich einen Platz in einem Gruppenarbeitsraum zu finden. Dementsprechend laut war es natürlich. Hier hat die Uni noch Ausbaupotential! Denn bei den hohen Studiengebühren, die Engländer bezahlen, sollten zumindest genügend Arbeitsplätze mit Steckdosen vorhanden sein. Ein Pluspunkt ist allerdings, dass die Bibliothek 24 Stunden geöffnet hat. Mittlerweile habe ich auch die Learning Grids für mich entdeckt, wo man sich teilweise eine Woche im Voraus pro Tag für 5 Stunden einen Tisch reservieren kann.
Stressfaktor 3 – Die anderen Studenten
Den größten Stress schaffen weder die Termine, noch der Platzmangel, sondern die Studenten selbst. Egal, wo man hingeht, fast jeder möchte über das letzte Essay sprechen oder darüber, wie viel oder wenig er bereits gelernt hat. Wenn man nebenbei noch seine Masterarbeit schreiben muss, ist es schon ziemlich stressig, Freunde zu treffen, die nach eigenen Angaben zehn Stunden am Tag lernen. Ich versuche, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Bemerkenswert ist auch, wie beim Aussteigen aus dem Bus morgens das große Wettrennen losgeht. Alle eilen im Laufschritt zur Bibliothek, um ja vor den Mitfahrern da zu sein und noch einen Platz zu bekommen. Wer gemächlich geht, hat schon verloren.
Stressfaktor 4 – Die Uni selbst
Auch die Uni trägt dazu bei, dass der Adrenalinspiegel steigt. Für Klausuren gelten viel strengere Regeln, als ich es von Deutschland gewöhnt bin. Taschen dürfen gar nicht erst mitgebracht werden und man darf nicht mal dann sein Handy mitnehmen, wenn man vorhat, es ausgeschaltet bei der Aufsicht abzugeben. Alles kommt mir ziemlich offiziell vor und wird durch all die Prüfungsrichtlinien, die man lesen muss, noch weiter hochgepusht.
Ich frage mich: Wie kann man es an einer Uni ohne Schließfächer schaffen, ohne Tasche zu kommen, wenn man nicht auf dem Campus wohnt? Diese Frage gilt es in den nächsten Wochen zu beantworten.
Mein Fazit – Nicht beunruhigen lassen
Im Endeffekt muss man versuchen, so gut es geht mit den Stressfaktoren umzugehen. Das Gute ist, dass man sich so besser zum Lernen motivieren kann. Allerdings sollte man nicht in Panik verfallen. Es ist sicher machbar, es haben schon so viele geschafft! Und für jeden der Stressfaktoren gibt es Vermeidungssstrategien ;). Ich berichte euch dann nochmal, wenn die Klausuren hinter mir liegen, wie es wirklich war.