Eine Runde Boxen in der Bibliothek

Wenn man ehrlich ist, hört man bei dem Wort Erasmus auch gleich ein bisschen die Schnapsflaschen mitklirren. Dass ein Auslandssemester jedoch nicht nur neue Freunde und Feierei bedeutet, bekommt man an der Uni Aarhus relativ schnell zu spüren. Was einen in der ersten Uni-Woche so erwartet und was die Uni einem außer Parties und Freizeitprogramm bietet, lest ihr hier.

Uni Aarhus: Die Stadt ist der Campus

Ersteinmal vorab: Die Uni Aarhus hat zwar einen großen Hauptcampus in der Stadt, ist aber mit den einzelnen Fachbereichen über die gesamte Stadt verteilt. Der Bereich, an dem ich angesiedelt bin, heißt Aarhus BSS (Aarhus University, School of Business and Social Sciences) und liegt nicht auf dem Hauptcampus. Das Ganze kann anfangs etwas verwirrend sein, macht aber Sinn, sobald man sich die Uni-eigene-App AU Find herunterlädt, die einen zum richtigen Gebäude führt. Die Gebäudenummer entnimmt man hierzu seinem mit dem Smartphone synchronisierten Stundenplan im eigenen Kalender.
(Ja ihr habt richtig gehört, die Uni Aarhus hat es geschafft, was bisher kaum eine deutsche Uni auf die Reihe bekommen hat: Ein funktionierendes Stundenplansystem auf dem Smartphone!)

Das ist anders in Dänemark: Studienplan, Reading List und Case Studies

Hat man es schließlich zu seiner ersten Vorlesung geschafft, erwartet einen eine erste kleine Überraschung – man hätte direkt etwas zu Hause vorbereiten sollen. Während ich es von den deutschen Unis gewohnt war, dass wir es die ersten zwei Wochen erstmal ruhig angehen lassen, bis sich jeder einigermaßen wohlfühlt, geht es in Aarhus direkt los. Meine deutschen Professoren haben mich immer ausdrücklich und am besten dreimal darauf hingewiesen, wenn ich etwas zu Hause vorbereiten sollte, hier ist das selbstverständlich und wird vorausgesetzt. Es gibt also einen Studienplan, den man sich über das (mir bis dato unbekannte) Onlinesystem der Uni (Blackboard) organisiert und diesem dann selbstständig folgt. Während man an meiner Heimatuni in der Regel einfach ein paar Texte lesen sollte, bereitet man hier zuhause neben der Reading List auch gleich noch ein paar Case Studies vor. Und während es in Deutschland eher die Regel ist, auf Präsentationstermine hingewiesen zu werden oder Fallbeispiele gemeinsam zu besprechen, gibt es hier Spontan-Präsentationen.
Ups – sagen wir es so: Die ersten beiden Vorlesungen habe ich mich im Stuhl kleingemacht und versucht möglichst unauffällig zu sein, um nicht aufgerufen zu werden.

So weit so gut, man wird hier relativ schnell ins kalte Wasser geschmissen und, da es so viele internationale Studenten gibt, kann man keine Sonderbehandlung erwarten. So erwartet die Uni Aarhus zwar, dass Studierende ihr Studium ernst nehmen, gleichzeitig lässt sich jedoch nicht leugnen, dass diese Uni auch ihre Studierenden und deren Bedürfnisse sehr ernst nimmt.

Lernen in der Bibliothek: mit Boxsack, Massagestühlen und Meditationsraum

Nachdem ich also festgestellt habe, dass ich wöchentlich circa 600 Seiten plus Case Studies vorbereiten sollte, liegt es nahe, sich nach der örtlichen Bibliothek zu erkundigen. Dabei verfügen die einzelnen Unibereiche zwar über ihre eigenen Bibliotheken, doch geht man zum Lernen eigentlich in die Royal Library. Und ohne wie ein Streber klingen zu wollen, aber – wow, hier verbringe ich sogar freiwillig gerne meine Zeit.
Das Gebäude selbst ist über 17 Stockwerke hoch beherbergt ganz oben sogar ein kleines Museum. Zudem hat man vom Balkon im 16. Stockwerk eine unglaubliche Aussicht über die gesamte Stadt.

Neben einem sehr gut durchdachten und strukturierten Bücherausleihsystem, bieten die freundlichen Bibliothekare einem Einzeltermine an, um die richtige Literatur für Projekte zu finden. Die Bücher werden durch ein platzsparendes, elektronisches System organisiert und werden vorwiegend in einem speziell temperierten Kellersystem, das unter Teilen des Uni-Parks verläuft, aufbewahrt.

Neben sauberen und modernen Einzelplätzen, verfügt diese Bibliothek über diverse Gruppenräume und Gruppenarbeitsplätze sowie einer großen und hellen Cafeteria (wo Essen und Kaffee für dänische Verhältnisse sehr günstig sind). Sollte der Stress oder der Frust trotz dieser Maßnahmen einmal zu groß werden, gibt es zudem einen Meditationsraum, Massagestühle, einen Boxsack, Tischtennisplatten sowie Kickertische – natürlich alles gratis. Je nachdem wie sich das Semester weiterentwickelt, kann es also sein, dass ich als belesener Amateurboxer wieder nach Deutschland zurückkehre – ich bin gespannt.