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#Europawahl auf Sizilien


In knapp zwei Wochen ist es soweit: Rund 400 Millionen Wahlberechtigte sind in ganz Europa dazu aufgerufen, ein neues europäisches Parlament zu wählen. In Palermo kriegt man davon aber nur etwas mit, wenn man aktiv danach sucht.

„Ehrlich gesagt, blicke ich mit wenig Hoffnung auf die Wahl in zwei Wochen“, sagte meine Professorin für Menschenrechte vorige Woche. In der Tat ist die Universität und auch Palermo an sich weitaus politisierter als ich es aus Deutschland kenne. So erfuhr ich von eben dieser Professorin, dass die rechtsextreme Lega Nord einen Flyer zum Internationalen Frauentag am 8. März herausgegeben hatte, auf dem die natürliche Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter betont wird. Chef dieser Partei ist Matteo Salvini, seit knapp einem Jahr Innenminister Italiens, der in Palermo an vielen Straßenecken präsent ist. In Graffits wird er als „Parasit“ betitelt. Besonders seine Haltung gegenüber Geflüchteten und Migranten ist umstritten. Er ließ die Häfen Italiens für Rettungsboote schließen und sorgte so dafür, dass Schiffe mit Geretteten länger als nötig auf dem Mittelmeer bleiben mussten. Daher finden sich in Palermo auch mehrere Graffiti mit der Aufforderung, die Häfen zu öffnen.

Palermos Bürgermeister gegen Italiens Innenminister

Einer, der sich nicht an Salvinis Richtlinie hält, ist Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando. In einem Interview sagte er auf die Frage, wie viele Flüchtlinge in Palermo leben, dass jeder, der nach Palermo kommt, fortan ein Palermitaner, also ein Einwohner Palermos ist. Trotz oder auch wegen dieses humanistischen Umgangs mit Flüchtlingen wurde er als Bürgermeister wieder gewählt und ist nun schon seit knapp 40 Jahren in der Politik. Seine Karriere begann, als der Präsident der Region Sizilien von der Mafia ermordet wurde. Auch der Name von Orlando stand auf der Todesliste der Mafia, da er sie aktiv bekämpfte und ihren Einfluss auf Palermo immer weiter einschränkte. Noch heute wird er von Personenschützern begleitet.

In Deutschland unmöglich: Berlusconi

Doch zurück zur Europawahl. Traditionell holte auf Sizilien immer Orlandos frühere Partei, die Christdemokraten, die Mehrheit. Doch in den 1990er Jahren wurde sie von Berlusconis Partei, der Forza Italia, abgelöst. In der deutschen Politik undenbkar, findet sich Berlusconi trotz seiner vielen Skandale auch heute noch auf den Wahlplakaten zur Europawahl. Und auch die Lega wirbt mit der zweiten bekannten politischen Persönlichkeit Italiens, dem bereits erwähnten Salvini („Mit Salvini in Europa“). Doch anders als in Deutschland sind nur wenig Wahlplakate zu sehen, die nebeneinander aufgereiht an Hauptstraßen angebracht sind.

Die absolute Mehrheit knapp verpasst

Ehrlich gesagt hat es mich überrascht, dass es überhaupt Plakate der Lega auf Sizilien gibt, da die Partei bis 2018 noch Lega Nord hieß, die im Norden Italiens u.a. mit der Forderung, den reichen Norden vom armen Süden abzuspalten, auf Stimmenfang ging. Doch Salvini formte die Partei zur stärksten rechtsextremen Partei ganz Italiens. So kamen sie bei der Parlamentswahl im März 2018 auf 17,4 % und war so überraschend die stärkste Partei im siegreichen Mitte-Rechts-Bündnis (bestehend aus Lega, Forza Italia und der neofaschistischen Fratelli d’Italia). In Palermo und ganz Sizilien sah das jedoch ganz anders aus. Hier holte Salvini nur knapp 5 %,  Berlusconis Forza Italia an die 20 %. Das Mitte-Links-Bündnis, angeführt von der sozialdemokratischen Partito Democratico, kam jedoch nur auf knapp 15 % (22% in ganz Italien). Und das als amtierende Regierungspartei mit Verlusten von ca. 15 %. Großer Wahlgewinner war die populistische 5-Sterne-Bewegung, die mit 32 % stärkste Kraft wurde und mit der Lega die aktuelle Regierung Italiens bildet. Vor allem Protestwähler sorgten für diesen Erfolg. Da ist es nicht überraschend, dass die Hochburg der Bewegung Sizilien ist. Hier verpasste die von einem Kabarettisten gegründete Partei nur knapp 50 % der Stimmen. Auch bei der Europwahl wird diese Bewegung, die sich in das klassiche links-rechts-Schema nicht richtig einorden lässt, wahrscheinlich auf Sizilien stärkste Kraft werden. Grund dafür ist die generelle Unzufriedenheit (hohe Arbeitslosigkeit, Ab- und Zuwanderung etc.). Vor allem Korruption ist in Italien ein Problem, dazu kommt noch der Einfluss der Mafia auf die Politik.

Ich hoffe, dass es bei der Europawahl mit rechten Dingen zu geht, allerdings keine rechtsextremen Parteien ins Parlament gewählt werden. Den aktuellsten Umfragen zufolge würde die Lega die Wahl in Italien allerdings mit über 30 % gewinnen.

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