27. Mai 2016
Der Fado – ein Musikstil, an dem sich die Geister scheiden. Viele mögen den melancholischen und oftmals eintönigen Klang des portugiesischen Gesanges nicht sonderlich – ich finde ihn großartig.
Geboren in den anrüchigen Etablissements der Armenviertel Lissabons, gelang es dem Fado – zu deutsch „Schicksal“ – im 19. Jahrhundert auch in den Salons der Mittel- und Oberschicht hoffähig zu werden. Er besingt tragische Themen: eine verlorene Liebe, eine verpasste Chance aufs Glück, soziale Missstände oder die Sehnsucht nach besseren Zeiten, die der Portugiese aber generell in der Vergangenheit verhaftet sieht. Die Portugiesen haben ein Wort für dieses Gefühl: saudade.
Verlust und unstillbare Sehnsucht
Das Gefühl, oder vielmehr das Konzept der „saudade“ lässt sich nur schwer ins Deutsche übersetzen. Es wird vielleicht am besten beschrieben als ein gewisser Weltschmerz, gespeist möglicherweise aus dem Verlust einer geliebten Person und dem Wissen, das alles vergänglich ist und das Vergangene unerreichbar bleibt.
Der oder die „Fadista“ gibt der „saudade“ Stimme und Klang. Begleitet wird sie oder er hierbei klassischerweise von drei Gitarren: Der guitarra portuguesa, einer klassischen und einer Bassgitarre.
Neben dem „Fado Professional“, der von ausgebildeten Fadistas in Konzerten dargebotenen wird, gibt es noch den „Fado Vadio“, auf deutsch wohl am ehesten übersetzt mit „umherschweifender Fado“. Er wird von Amateuren gesungen, ist meist eher unorganisiert und gilt als ein spontaner Ausdruck von Emotionen.
In Porto hatte ich das Glück, einem Fado Vadio beizuwohnen.
In einem kleinen Restaurant gaben verschiedene Männer und Frauen abwechselnd jeweils zwei,drei Lieder zum besten. Die anwesenden Zuhörer interagierten mit den Fadistas, sangen mittendrin zum Beispiel einfach dazwischen, oder gaben ihren Emotionen gestenreich Ausdruck. Mitunter wurde auch herzlich gelacht, da die Liedtexte selbst ausgedacht sind und allerlei Anzüglichkeiten oder versteckte Pointen beinhalten können.
Am Ende dominierte dann aber wieder die „saudade“: Dem einen oder anderen lief während des letzten inbrünstig vorgetragenen Fados schließlich eine sehnsüchtige Träne über die vom Leben gezeichnete Wange.