4. März 2019
Meine fünf Monate in Tansania vergingen unfassbar schnell. Und genauso schnell ging’s von den Tropen wieder ins kalte Deutschland zurück. Mein Fazit nach 154 Tagen.
Klima: 154 Tage Sommer
Auch wenn man sich in unseren Breitengraden kaum vorstellen kann, dass es Länder gibt, in denen es 365 Tage im Jahr warm ist: die gibt es! Und Tansania ist eines davon. Hinzu kommt: Es ist nicht nur warm, sondern auch feucht. Die unglaublich hohe Luftfeuchtigkeit lässt einen einfach dauerhaft schwitzen. Man muss mindestens 2x am Tag duschen und seine Kleidung wechseln. Zum Glück bin ich ein Mensch, der unglaublich gut mit Hitze und schwüler Luft klar kommt. Ich brauchte genau eine Woche, bis ich mich an das Klima gewöhnt hatte. Trotzdem musste ich akzeptieren, dass ich durch die hohen Temperaturen einfach nicht hundertprozentig leistungsfähig bin.
Kulturelle Barrieren sind kein Hindernis
Ich wusste schon ein wenig, was auf mich zukommt, da ich durch mein Studium einen interkulturellen Kurs mit Schwerpunkt Ostafrika belegen konnte. Trotzdem: In der Realität nimmt man jede Kultur tausendmal intensiver wahr als von Erzählungen und Bildern. In den ersten Tagen kam ich mir sehr fremd vor, weil ich viele Dinge aus deutscher Perspektive bewertete. Erst als ich damit aufhörte, konnte ich richtig ankommen. Man geht offen aufeinander zu. Ignoranz ist ein Fremdwort. „Zeit“ ist ein sehr dehnbarer Begriff.
Die Spuren des Kolonialismus: positiver Rassismus
Als weiße Europäerin in Tansania habe ich einen anderen Standpunkt in der Gesellschaft als die Einheimischen. Ich werde anders behandelt, in manchen Fällen sogar bevorteilt. Viele Tansanier haben leider immer noch ein sehr verzerrtes Bild von unserem Leben in Europa: reich, paradiesisch und finanziert von der Regierung. Dass dieses System nur funktioniert, weil wir ca. die Hälfte unseres Verdienstes als pflichtgemäße Steuern an den Staat zurückgeben, wird außer Acht gelassen. Der Kolonialismus hat große Spuren hinterlassen, die leider auch nach Jahrzehnten noch zu erkennen sind. Weiß zu sein bedeutet in den Augen vieler Tansanier, Status zu haben sowie Geld und Reichtum. Manchmal fühlte ich mich so, als würden mich einige Menschen dort nur auf meine Herkunft beschränken und die Vorteile, die meine Nationalität mit sich bringt. Ich weiß, dass es ein unglaubliches Privileg ist, in Deutschland geboren zu sein und unsere Möglichkeiten zu haben. Dadurch bin ich aber kein besserer Mensch als die Einheimischen.
Da ich einen anderen Standpunkt in der Gesellschaft habe, sind alle meine Berichte nur ein subjektiver Eindruck der tansanischen Kultur. Objektiv könnte ich diese nur beurteilen, würden mich die Menschen nicht aufgrund meiner Hautfarbe anders behandeln. Ich habe gelernt, dass ich jede meiner Handlungen reflektieren muss. Handle ich so, dass die extremen Vorurteile der Tansanier gegenüber meiner Heimat bestätigt werden? Berichte ich so, dass die Deutschen ein realistisches Bild von Tansania bekommen, ohne ihre unrealistischen Vorurteile zu bestätigen? Ein gutes Mittelmaß zu finden ist unglaublich schwer. Letztendlich ist es leider trotzdem oft so, dass jeder sich das herauspickt, was sein persönliches Bild ergänzt.
Ich weiß, dass ich in meinen Bildern und Erzählungen oft sehr positiv über Tansania geredet habe. Ich weiß jedoch auch, dass sich meine Erfahrungen wahrscheinlich oft nicht mit denen der Einheimischen decken. Auch nach fünf Monaten in Tansania weiß ich nicht, wie es sich anfühlt, Tansanierin zu sein. Ich weiß nicht wie es ist, mit einem tansanischen Einkommen auszukommen. Ich weiß nicht wie es ist, kaum Unterstützung vom Staat zu erhalten. Ich weiß nicht wie es ist, unfassbar viel Geld für einfache Bildung investieren zu müssen. Ich weiß das alles nicht, weil ich, auch wenn ich im Ausland lebe, Deutsche bin.
Tansania ist ein Land, in dem es vielen Menschen viel schlechter geht als mir. Ich weiß das. Man kann die Probleme, die aus der Unzufriedenheit der Bevölkerung entstehen weder verschweigen noch muss man sie zum zentralen Thema seiner Berichterstattung machen. Ich bin dankbar, dass ich mich in meiner Zeit in Tansania selbst reflektieren konnte. Wo war ich vielleicht rassistisch, ohne es zu merken?
Daressalam: Tansanische Metropole am Indischen Ozean
Daressalam ist die größte Stadt in Tansania. Der Verkehr ist chaotisch, meistens steht man – je nach Strecke – ewig im Stau. Die Luft ist verschmutzt. Es ist stickig. Für mich klang das vor meiner Ankunft wirklich nach keiner schönen Stadt. Mit der Zeit habe ich jedoch gelernt, was Daressalam ausmacht – unabhängig vom Verkehrschaos und den vielen Menschen. Daressalam ist eine Stadt voller Möglichkeiten. Menschen verschiedenster Nationalitäten leben hier beieinander. Hier kann man groß denken, international denken. Ich habe die Stadt wirklich zu schätzen gelernt. Man ist im Zentrum des Geschehens und hat die volle Bandbreite der Erfahrungen.
Ein großes Privileg meines Auslandssemesters in Daressalam waren: DIE STRÄNDE. Auch wenn man ein bisschen aus der Stadt heraus oder auf eine der nahe gelegenen Inseln (Bongoyo, Mbudya) fahren muss: Länger als 90 Minuten ist man nie unterwegs, um einen schönen Strandtag zu genießen. Einfach genial!
Auch das Kulturelle Programm in Daressalam ist groß. Oft gibt es Live-Musik in verschiedenen Bars. Man kann dem Goethe-Institut zum wöchentlichen Filmabend einen Besuch abstatten oder man geht auf einem der großen Märkte (Kariakoo, Mwenge) shoppen. Langweilig wird es auf jeden Fall nicht!
Tropische Krankheiten: Nur keine Panik!
Man kann sich mit einigen Tipps vor vielen tropischen Krankheiten gut schützen. Und falls es einen wirklich mal erwischen sollte: In Daressalam gibt es viele Kliniken mit europäischem Standard (z.B. Premier Care, IST Clinic).
Grundregel Nr. 2: Immer ins Krankenhaus gehen! Der Körper reagiert in tropischen Ländern einfach anders als in Deutschland. Deshalb kann man sich nicht mehr so gut auf seinen eigenen Instikt verlassen.
Praktikum bei der KAS Tansania: Prägende Erfahrungen
Mein Praktikum bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Daressalam war für mich ein voller Erfolg. Ich konnte einen tiefen Einblick in die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in Tansania bekommen und das Team so gut es ging unterstützen. Ich habe mich wirklich gut integriert gefühlt und es war für mich jeden Tag eine Freude, zur Arbeit zu gehen. Die KAS Tansania arbeitet unter anderem mit Frauenorganisationen zusammen. Während der fünf Monate durfte ich verschiedene Führungskräfte-Trainings mit christlichen und muslimischen Frauen unterstützen und begleiten. Das war auf jeden Fall eines meiner Highlights. Falls ihr mehr über die vielseitigen Inhalte meines Praktikums wissen wollt, schreibt mir gerne.
Fazit
Ich würde immer wieder nach Daressalam gehen. Auch wenn ich vor meiner Anreise wirklich Respekt hatte und nicht so richtig wusste, was auf mich zukommen würde: Es hat sich gelohnt. Klar vermisst man Deutschland manchmal, aber die spannenden Erfahrungen machen alles Heimweh wieder wett. Daressalam, 7000 Kilometer von Deutschland entfernt, ist für mich ein Zuhause geworden und ich kann es gar nicht abwarten, zurückzukehren.