19. Februar 2023
Wenn ihr nicht gerade Excel-Expert*innen oder geborene Organisationstalente seid, werdet ihr bei der Finanzierung und Planung eures Auslandsaufenthalts Fehler begehen. So wie ich. Das Resultat von Fehlplanungen: definitiv unnötige Kosten. Es lohnt sich also, alle Dokumente richtig durchzulesen, um die ein oder andere Fehlerquelle zu vermeiden!
Als Freemover nach Australien zu reisen, klingt nach einer riesigen finanziellen Herausforderung. Nicht nur gilt es, die Studiengebühren (erst mal) selbst bezahlen, auch die Kosten für die Anreise und Lebenshaltung gehören Down Under zu den höchsten aller Auslandsaufenthalte. Wir International Students könnten es also leichter haben. Hielt mich das ab? Nein. Aber: Ihr könnt versuchen, es euch nicht schwieriger als nötig zu machen. Denn es wird auch so schon genug Tage geben, an denen alles schiefzugehen scheint. An denen ihr an euch selbst und an dem eigenen Vorhaben zweifelt.
Zweiter Versuch
Stichwort schiefgehen: Bereits 2022 wollte ich im Wintersemester nach Sydney. Ich habe mich auf das Austauschprogramm der Hochschule der Medien (HdM) und der University of Technology (UTS) beworben (ich habe, den Platz nicht bekommen) und auf mehrere Stipendien (die ich nicht oder nicht rechtzeitig bekommen habe). Ich habe versucht, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu finden und dann letztendlich alles abgeblasen. Meinen Studienplatz an der UTS, den ich zuvor mithilfe von GOstralia!-GOmerica! vermittelt bekommen hatte, cancelte ich ebenfalls. Es war mir einfach zu unsicher, mit wackliger Finanzierung und noch ausstehenden Rückmeldungen für Stipendien los zu reisen. Den Auslandsaufenthalt habe ich also aufs nächste Semester verschoben und aus meinen Fehlern rund um die Finanzierung gelernt. Ich hätte wirklich so einiges besser angehen können. Allerdings war ich im Nachhinein auch immer schlauer. Es folgen jetzt also sechs Fehler, vor denen ich euch bewahren möchte.
Fehler 1: Nicht auf den Austauschplatz bewerben
Wie schon erwähnt, hatte ich den Austauschplatz an der UTS nicht bekommen. Für das nächste Semester hatte ich daraufhin geplant, stattdessen innerhalb Europas zu studieren. Ich hatte einfach nicht mehr den Glauben daran, dass es für mich noch nach Australien gehen könnte. Es brauchte einige Monate, um mich nach meinem Misserfolg aufzuraffen und mich noch mal auf den Gedanken einzulassen. Ich habe realisiert, dass mich kein anderer Ort so begeistern kann wie Sydney. Diese Erkenntnis kam allerdings zu spät, um mich für das Folgesemester erneut auf den Austauschplatz zu bewerben. Ich hatte es innerhalb der Bewerbungsfrist einfach nicht mehr in Betracht gezogen und mir zudem schlechte Chancen ausgerechnet. Dabei hätte ich es einfach noch mal versuchen sollen. Vieles wäre bei einer Zusage weniger aufwendig gewesen. Nutzt also jede Möglichkeit und steht euch nicht selbst im Weg.
Fehler 2: Patzer bei der Stipendienbewerbung
Dass es keinen 1,0 Schnitt braucht, um Stipendien zu erhalten, hat sich inzwischen herumgesprochen. Zudem bewerben sich auf einige Stipendien gar nicht allzu viele Studierende. Ich habe mich sowohl im ersten als auch im zweiten Anlauf für das HAW.International-Stipendium vom Deutschen Akademischen Austauschdienst beworben. Mein Fehler lag also nicht darin, es nicht zu versuchen. Viel mehr bin ich nicht gründlich genug bei meiner ersten Bewerbung vorgegangen. Ich hatte ein Dokument eingereicht, das meinen internationalen Bachelor-Studiengang nachgewies. Dazu braucht es ein Formular des DAADs, ich hatte nur den Nachweis meiner Hochschule. Ich bin davon ausgegangen, dass das so passen würde. Naja. Meine Englischkenntnisse wurden daraufhin nicht anerkannt und ich aussortiert. Ihr solltet also beachten, dass es bei Stipendienbewerbungen keine Rückfragen oder Nachreichungen gibt. Entweder ihr habt alles korrekt abgegeben, oder ihr seid raus. Fragt im Zweifel also mehrmals nach. Ihr nervt nicht. Ihr beweist, dass ihr hinterher seid. Dafür braucht ihr aber genug Vorlauf. Setzt euch also am besten mehrere Wochen vor Anmeldeschluss einen Kalendereintrag und tragt alles Erforderliche zusammen.
Fehler 3: Falsche Prioritäten bei der Flugbuchung
Es gibt so einige Tricks, um den teuren Flug nach Australien etwas zu vergünstigen. Manche Airlines locken mit Studentendeals, oft allerdings nur für Studierende aus dem Inland. Checkt das noch mal, bevor ihr unnötigerweise Konten anlegt. Viel mehr gelten die alten Regeln: Bucht so früh wie möglich, und wenn das Datum noch nicht klar sein sollte, vergleicht, ob sich ein flexibler Flug lohnt. Ich habe die Flugbuchung hinausgezögert, da meine etwas komplizierte Reiseplanung inklusive Stopover in Singapur noch nicht final war. Geht das am besten andersherum an und plant wenn möglich rund um den passenden Flug. Last Minute Deals nach Australien sind leider nicht die Regel.
Und auch wenn es im ersten Moment abschreckt: Überlegt euch, ob längere Umsteigezeiten nicht doch eine Idee wären. Ihr spart damit so einiges und die Zeit geht gerade an den großen Flughäfen sehr schnell vorbei. Ich habe bewusst teurere Flüge in Kauf genommen, um meine Reisezeit möglichst kurzzuhalten. Letztendlich hatte ich aber Flugverspätungen und -ausfälle und habe circa acht Stunden am Flughafen Melbourne festgesteckt. So kann es gehen! Dies hing auch damit zusammen, dass die Einreise und Visakontrolle in Australien enorm lange dauern kann. Solltet ihr innerhalb Australiens noch mal umsteigen, werdet ihr das am ersten australischen Flughafen erledigen müssen. Dann profitiert ihr sogar von einer langen Umsteigezeit.
Wann die beste Zeit zum Flüge buchen ist? Das ändert sich leider immer wieder. Die Antwort ist aber nur eine kurze Google-Suche entfernt. Plant ihr innerhalb Australien Kurztrips, bucht diese Flüge ebenfalls so früh wie möglich. Auch hier sind die Kosten (Stand Februar 2023) gestiegen. Erhaltet ihr zum Beispiel das HAW.International-Stipendium, bekommt ihr einen fixen Reisekostenzuschuss.
Fehler 4: Den Wohnungsmarkt unterschätzen
Leider gibt es auch in Australien einige betrügerische Angebote. Es ist daher umstritten, ob ihr von zu Hause aus schon nach einer Unterkunft suchen solltet. Die Ausnahme bilden hier natürlich Studentenwohnheime der Universitäten. Hier müsst ihr frühzeitig checken, wann die Bewerbungsdeadline ist. Falls ihr kostenfrei stornieren könnt, setzt euch also am besten bereits mit eurer Bewerbung auf die Wohnheimliste. Wollt ihr woanders leben oder habt kein Zimmer im Wohnheim bekommen, empfehle ich jedem, persönlich zur Besichtigung zu gehen. So vermeidet ihr, auf Fake-Angebote hereinzufallen. Zudem ist es in Australien ganz normal, sehr spontan zu Besichtigungen eingeladen zu werden und noch am selben Tag alles fix zu machen. Einige “Landlords” – also Eigentümer oder Vermieter – werden von euch erwarten, einen Teil der Miete im Voraus zu bezahlen. In der Regel zahlt ihr meistens Bond (Kaution) und Deposit (Anzahlung). Das ist ganz normal, für euch aber mit einer hohen Summe verbunden, die es auf einmal zu zahlen gilt. Daher ist es wichtig, euch bei eurer Bank nach dem Kreditkartenlimit zu erkundigen.
Zudem musste auch ich lernen, dass mündliche Zusagen keinen wirklichen Wert haben. Vielleicht habt ihr Glück und findet sehr schnell etwas, vielleicht werdet ihr aber auch negative Erfahrungen machen. Viele Studierende wechseln während des Semesters nochmals die Unterkunft. Vermeidet also, euch selbst den meisten Stress zu machen, sofort die perfekte Unterkunft zu finden. Das kann aber auch mehrere Anläufe brauchen.
Fehler 5: Sich von Angst leiten lassen
Ohne Austauschplatz als Freemover ins Ausland zu gehen, ist mit viel Ungewissheit verbunden. Aber auch wenn ihr den Austauschplatz eurer Hochschule erhalten habt, bleibt bei solch einer Reise immer ein gewisses Risiko und finanzielle Unsicherheit. Das liegt auch daran, dass ihr bei einigen Kosten wie schon erwähnt in Vorleistung gehen müsst. Von der Anzahlung und Kaution bis hin zum Visum und Versicherungen. Obwohl ich im zweiten Anlauf die Zusage für das Stipendium erhalten habe, musste ich so einige Kosten erst mal selbst stemmen.
Daher habe ich die vergangenen Monate genutzt, um meine Ersparnisse aufzustocken. Auch meine Kalkulationen habe ich an die aktuellen Bedingungen in Australien angepasst. Ich wusste also, was mich erwartet. Zudem habe ich Gewissheit, dass ich auch bei verspäteten Unterstützungen das meiste erst mal selbst bezahlen könnte. Wenn auch nur fürs Gefühl – reist nicht ohne finanzielle Sicherheit ins Ausland.
Fehler 6: Auf Kante kalkulieren
Sich auf Geld zu verlassen, das ihr erst im Laufe des Semesters erhalten werdet, ist keine gute Idee. Wenn ihr keine Möglichkeit habt, euch ein finanzielles Polster aufzubauen, kann auch ein Kredit eine Alternative sein. Achtet dann aber auf jeden Fall auf die Konditionen, die im Angebot enthalten sind und ob es euch das wert ist. Natürlich ist es für viele (auch mich) wichtig, vor Ort zu arbeiten und sich davon zum Beispiel weitere Reisen zu finanzieren. Praktisch, dass der Stundenlohn in Australien mit $21.38 im Vergleich zu Deutschland hoch ist (Lebenshaltungskosten leider auch). Umso mehr ergibt es Sinn, sich einen Nebenjob zu suchen. Ich habe dieses Geld aber von Anfang an als „nice-to-have“-Budget kalkuliert. Ich wollte mich nicht vom Gehalt abhängig machen. Vielleicht werden die Vorlesungen stressiger als gedacht. Oder ich kann die Tätigkeit nicht so lange ausüben wie geplant. Wer weiß?Wenn ihr nach Tipps zu Jobs neben dem Studium sucht, lest doch mal in Tamaras ausführlichen Blogeintrag nach.
Do-It-Yourself-Sicherheitsnetz
Ihr seht, ich habe viele Fehler gemacht. Vielleicht bin ich also nicht ganz die Richtige, euch am Ende meines Blogs einen weisen Rat mit auf den Weg zu geben. Worauf ich aber hinaus will, ist: Es gibt nicht den ✨ einen Weg ✨, um sich das Auslandssemester so easy wie möglich zu machen. Ihr werdet viele Baustellen haben, vieles wird sich verzögern und euch die ein oder andere Nacht Schlaf rauben. Egal, wie gut (oder schlecht) ihr alles geplant habt. Dafür seid ihr einfach von zu vielen Beteiligten abhängig. Es braucht echt eine Menge Durchhaltevermögen und auch ein bisschen Mut, nicht auf halber Strecke aufzugeben. Mein persönlicher Rat: Rechnet von Minute eins damit, dass Dinge schiefgehen und alles teurer wird als gedacht. Sorgt vor eurer Abreise für ein Sicherheitsnetz. Das fängt euch am besten wie folgt auf:
- Ein ausreichendes Kreditkartenlimit für Notfälle.
- Eine Auslandskrankenversicherung, die euch nicht im Regen stehen lässt.
- Ein beiseitegelegtes Budget, um auch kurzfristig nach Hause reisen zu können.
- Ein realistisch kalkuliertes Budget für euren gesamten Aufenthalt.
Am Ende geht es darum, dass der eigene Auslandsaufenthalt von Spaß und nicht von (finanziellen) Sorgen geprägt sein soll. Fehler passieren, sie werfen einen bei geschaffenen Sicherheiten aber nicht komplett aus der Bahn.
Falls ihr zum ein oder anderen Punkt noch Fragen habt, schreibt mir gerne.
Liebe Grüße aus Sydney, Linda