15. Januar 2020
Während meiner Praktikantenzeit in Helsinki vor bald zwei Jahren (waaas?) sagte eine Freundin meiner Mitbewohnerin zu mir „Helsinki is different from the rest of Finland“. Damit meinte sie, dass Helsinki nicht repräsentativ für alle Finnen stehe, denn das Land ist riesengroß und die 5 Millionen Einwohner verteilen sich auf die gesamte Fläche. Vom südlichsten bis zum nördlichsten Punkt misst Finnland 1168 km. Aber was ist es nun, was einen Süd-Finnen von einem Nord-Finnen unterscheidet? Nach fünf Monaten versuche ich mich an einem Vergleich.
„Es ist dunkel, na und?“ vs. „Es ist dunkel mimimi…“
Meiner Erfahrung nach gehen die Finnen im Norden viel entspannter mit dem Thema Dunkelheit um. Klar kommt man immer wieder darauf zu sprechen, dass die Sonne ja jetzt doch wieder um 14 Uhr untergeht, aber meistens steht doch eher die Bewunderung für den schönen Sonnenuntergang im Vordergrund. Von Südfinnen bekommt man öfter zu hören, wie schlimm der Winter sei, weil es so dunkel ist. Und dann beneiden sie die Leute im Norden, weil der viele Schnee angeblich die Dunkelheit weniger schlimm macht. Wenn ich dann einem seit Geburt in Helsinki lebenden erzähle, dass ich ganz freiwillig nach Lappland gezogen bin, gibt es aber doch wieder erstaunte Blicke und einen Hinweis auf Dunkelheit und Kälte.
Arrogante Großstädter vs. Zurückgebliebene Landwirte?
Wie überall gibt es auch hier Vorurteile zwischen den verschiedenen Regionen des Landes. Helsinkier werden dabei von Nordfinnen oft als gestresste Businessleute beschrieben, die in schicken Altbauwohnungen handgerösteten Fairtrade-Kaffee trinken. Besagte Großstadtschnösel wiederum belächeln die ländliche Bevölkerung im Norden als etwas zurückgeblieben und langsam. Ich persönlich empfand Helsinki, aus Deutschland kommend, sehr entspannend. Irgendwie kam mir alles ruhig vor und die Leute nicht so gestresst und nicht jeder schien so unglaublich beschäftigt zu sein wie die meisten Deutschen. Wenn ich jetzt aus Rovaniemi nach Helsinki komme, geht mir tatsächlich alles ein bisschen zu schnell, weil in Rovaniemi alles nochmal einen Ticken langsamer von statten geht. Das macht sich schon bei der Sprache bemerkbar.
Rovaniemi vs. Roovaaniieemii
In Helsinki spricht man schnell. Im Vergleich zum Norden merkt man das wirklich deutlich, denn es fällt mir hier so viel leichter, Finnisch zu verstehen! Grund hierfür sind mitunter die Dialekte im Norden, bei denen oft Vokale verdoppelt werden, wodurch die Wörter länger klingen. Aber grundsätzlich wird hier oben einfach vieles mit einer unglaublichen Gelassenheit ausgesprochen. Während der Finne im Süden korrekt Rovaniemi kurz ausspricht, weil es ja keine Doppelbuchstaben gibt, lässt sich das Nordlicht etwas mehr Zeit und sagt eher Roovanieemi.
Meine Beobachtungen sind natürlich sehr subjektiv und auf zwei Regionen eines riesigen Landes beschränkt und wie immer gilt: Man kann einfach nicht alles über einen Kamm scheren. Mir bleibt also nichts weiter übrig, als den Rest des Landes zu bereisen und mit gezücktem Bleistift in Straßencafés Einheimische zu beobachten und meine Aufzeichnungen zu ergänzen. Oder was glaubt ihr, wie ich an diese Erkenntnisse gelangt bin?