16. Mai 2020
Stellt euch vor, ihr seid an einem großen Flughafen und hört – nichts. Solche Szenen sind nicht aus einem Film, sondern wegen Corona die Realität. Meine Rückreise aus Malaysia war einfach nur bizarr und zeigte mir die krassen Auswirkungen der Pandemie auf Tourismus und Alltag.
Meine Rückreise begann mit einer fast fünfstündigen Busfahrt von Johor Bahru nach Kuala Lumpur. Wegen des Lockdowns ist auch der Busverkehr in Malaysia reduziert. Busse fahren nur noch von 8.00 bis 10.00 Uhr morgens und von 16.00 bis 18.00 Uhr abends. Wer das Ziel nach 22.00 Uhr erreicht, darf (offiziell) keine Taxis mehr nehmen, da diese auch nur zu bestimmten Zeiten fahren dürfen. Johor Bahru zu verlassen, um den größten malaiischen Flughafen in Kuala Lumpur zu erreichen, ist deswegen schon eine kleine Herausforderung in sich.
Es ist zu empfehlen, Flugticket und Brief der Botschaft mit sich zu führen. Dieser wurde von der deutschen Botschaft in Malaysia per E-Mail an alle Deutschen, die sich in der Krisenvorsorgeliste eingetragen haben, schon zu Beginn des Lockdowns zugesandt worden, um eine Ausreise zu vereinfachen. Am Busterminal in Johor Bahru angekommen, wird man momentan von Verkäufern vor dem Terminal empfangen, die teurere Tickets als normalerweise ausstellen. Für 40 RM (etwa 10 Euro) kaufte ich ein händisch ausgefülltes Ticket, andere Austauschstudenten haben das Ticket an anderen Tagen für andere Preise erworben.
Einer der Verkäufer fuhr mich und zwei weitere Malaiien zu einer nahen gelegenen Tankstelle und sagte, dass dort der Bus abfahren würde. Ich war sehr skeptisch, weil mir die Situation komisch vorkam, und habe mir etwas Sorgen gemacht, dass ich gerade entführt werde oder mir irgendwas passiert. Aber glücklicherweise war das nicht der Fall und der Bus fuhr sogar pünktlich um 10.00 Uhr ab. Die erste Hürde war geschafft!
Luft schnappen in Kuala Lumpur
Nach zwei Monaten extrem strengem Lockdown erlaubt die malaiische Regierung den Bewohnern seit 04. Mai endlich wieder die Wohnung zu verlassen. In Deutschland wird das als selbstverständlich erachtet, für mich in Malaysia war das eine große Erleichterung. Es ist jetzt erlaubt, sich im Umkreis von 10 Kilometern zu bewegen und draußen Sport zu machen. Der Lockdown selbst besteht aber noch bis mindestens Anfang Juni. Ohne Plan erkundete ich an meinem letzten Tag in Kuala Lumpur die Umgebung um mein Hostel, genoss die Sonne und besuchte eine Mall. Natürlich gab es Sicherheitsmaßnahmen und meine Temperatur wurde mehrfach gemessen, aber es war wirklich ein tolles Gefühl, sich einfach treiben lassen zu dürfen.
Am Flughafen war jedoch nichts von den neuen Freiheiten zu spüren. Hier wurde mir bewusst, wie heftig sich der Corona-Virus auf die Tourismusindustrie und den Flugverkehr wirklich auswirkt. Fast alle Flüge von Kuala Lumpur waren gestrichen und der sonst so belebte Flughafen war wie ausgestorben. Heilfroh saß ich alleine in einer Ecke und wartete, bis ich mein Gepäck aufgeben konnte. Das Flugzeug selbst war ebenfalls fast komplett leer.
Einsamer Flughafen in Katar
In Doha (Katar) hatte ich dann acht Stunden Transit. Die Situation war bizarr. Der Hamad International Airport ist ein großes Drehkreuz, aber diesmal konnte man Menschen trotz Entfernung sogar niesen hören. Im Vergleich zu Malaysia wurde hier statt nur einem Meter 1,50 Meter als Sicherheitsabstand gefordert und zumindest ein paar Geschäfte waren geöffnet. Auch mein zweiter Flieger von Katar nach Deutschland war ziemlich leer.
Bizarre Normalität in Deutschland
In Deutschland war ich überrascht von den lockeren Kontrollen. In Kuala Lumpur und in Doha wurde mehrfach meine Temperatur gemessen, in Doha wurde diese sogar mit meiner Reisepassnummer notiert. In Deutschland – nichts. Keine Messung, keine Rückfragen über meinen Reiseverlauf. Im Flugzeug gab es lediglich den Hinweis zur Masken- und Quarantänepflicht sowie die Erinnerung, sich beim Gesundheitsamt zu melden.
Momentan bin ich in Quarantäne bei meiner Familie. Das Gesundheitsamt ist über meinen Reiseverlauf als auch meinen Aufenthaltsort informiert. Erstaunlicherweise habe ich hier in Quarantäne immer noch mehr Freiheiten als in Malaysia. Solange ich den Sicherheitsabstand einhalte, darf ich hier sogar alleine spazieren gehen! In Malaysia durfte ich nicht mal draußen, um Sport zu machen . Ich bin überrascht von den geringen Einschränkungen in Deutschland und das es einige Menschen gibt, die diese nicht akzeptieren. Malaysia ist eine ganz andere Kultur mit einer ganz anderen Mentalität, die mit den Einschränkungen meinen Beobachtungen nach eigentlich ganz gut umgehen kann und diese einfach hinnimmt. Tatsächlich gibt es in Malaysia sogar eine Petition mit fast 500.000 Unterschriften, die weitere Verlängerungen des Lockdowns fordert.
Was bisher geschah…
In folgenden Blogbeiträgen könnt ihr mehr über den Verlauf der Corona-Pandemie in Malaysia erfahren.
- Am Anfang meines Auslandssemesters war in Malaysia nicht viel von Corona zu spüren. Wie es dann trotzdem zum Lockdown kam, erfahrt ihr hier.
- Trotz fallender Zahlen wurde der Lockdown immer weiter verlängert. Von meinem Alltag im Lockdown könnt ihr in diesem Beitrag lesen.
- Schließlich entschlossen sich beinahe alle Austauschstudenten das Land zu verlassen und wir verbrachten einen letzten gemeinsamen Abend zusammen.