29. September 2022
Wer bin ich? Wer will ich sein? Was möchte ich machen? Auf diese Fragen eine klare Antwort zu finden ist nicht so leicht. Schon gar nicht, wenn man jung ist und wichtige Entscheidungen in Richtung Berufswahl treffen soll. Folgend ein paar Gedanken zu dem Thema, die mir gerade im Auslandssemester durch den Kopf schwirren. Vielleicht finden sich einige von euch ja darin wieder.
Kennt ihr dieses Gefühl „lost“ oder einfach überfordert mit allem zu sein? Ich glaube, das ist total normal. Es wird nur leider viel zu selten thematisiert, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erlangen – zumindest in Deutschland. Es ist vollkommen okay, mal nicht weiter zu wissen, keinen Plan zu haben.
Ich muss mich selbst immer wieder daran erinnern – ich bin nämlich professioneller „overthinker“ und stresse mich dadurch gerne. Mein Problem ist, dass ich es liebe, alles schon weit im Voraus zu planen. Ich denke, da sind einige unter euch, die genauso empfinden, oder? Wenn dann mal was spontan anders läuft oder ich zu viele Optionen habe, um mich zu entscheiden, fühle ich mich manchmal überfordert.
Lebensreise und berufliche Entscheidungen
Meine Gedanken kreisen, seitdem ich denken kann, vorwiegend um die Zukunft. Genauer gesagt: meine berufliche Zukunft. Ich fand es schon immer interessant, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Vor allem, weil es ganz eng mit Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung zusammenhängt. Mir wurde glücklicherweise von meiner Familie nie ein bestimmter Weg vorgeschrieben – schon als Kind hatte ich Freiraum, durfte träumen. Dafür bin ich immer noch sehr dankbar. Denn ich finde, dass es ganz allein die Entscheidung von mir selbst ist, was ich mit meinem Leben anfangen will. Ich kenne mich und meine Interessen, Stärken, Schwächen und Ziele am besten. Oder?
Naja, um dahin zu kommen braucht es ganz viel Zeit. Eigentlich – und das behaupte ich mal so – bleiben wir unser Leben lang auf der Suche nach uns selbst. Auf der Reise des Lebens halten wir aber an diversen Stationen an und machen bestimmte Erfahrungen, die uns mehr über uns selbst lehren. Und das heißt nicht immer, dass alles konsequent in eine Richtung läuft. Interessen verändern sich eben. Und genau das verwirrt und lässt mich an vorher gemachten Zukunftsplänen zweifeln.
Ausland = Selbstfindung?
Das Auslandssemester ist so eine Station. Ihr habt sicher auch schon öfter davon gehört, dass eine längere Zeit im Ausland etwas mit einem selbst macht. Ist das wirklich so? Habe ich bis jetzt mehr über mich herausgefunden, als ich es in Deutschland in meiner Alltagsroutine getan hätte? Ich würde sagen, Ja. Und das liegt vor allem an dem Ortswechsel, den neuen Leuten und der anderen Wohnsituation – ach ja und den vielen Abenteuern, die ich hier erleben darf. Aber es sind keine großen Veränderungen, die ich an mir wahrnehme, eher das „fine-tuning“. Für alle unter euch, die sich noch nie so wirklich mit sich selbst, ihren Interessen und Werten auseinandergesetzt haben, kann der Schritt ins Ausland einen größeren Einfluss haben.
Das Interessante ist: Ich habe immer noch die gleichen Gedanken und Zweifel, was meine berufliche Zukunft betrifft. Das ändert sich nicht auf einmal. Ich wusste, dass ich nie diese eine Erleuchtung haben werde und genau weiß, wo es für mich beruflich hingeht. Was ich aus dem Hin und Her bis jetzt gelernt habe, ist, dass es für mich scheinbar nicht die eine klassische Route sein soll. Und das ist okay so. Nur weil viele in meinem Umfeld auf einen Beruf hinarbeiten (zum Beispiel Ärzt*in, Lehrer*in etc.), heißt es nicht, dass ich nicht auch meinen Platz finden kann. Heutzutage wechseln die meisten Leute ihr Berufsfeld oder ihre Karriere. Es wird nur noch nicht angemessen an die jüngere Generation kommuniziert, dass das total normal ist und wir uns nicht auf einen Beruf festnageln müssen.
Was kommt nach dem Ausland/Studium?
Da ich mit meinem Bachelorstudium nächstes Jahr im Frühsommer fertig werde, fragt so mancher nach, was ich denn danach machen möchte. Kommt euch diese Frage bekannt vor? Ja, in abgewandelter Form hören wir diese schon in unserer Schulzeit.
Ich hatte ehrlich gesagt schon immer viele Interessen, viel was mir Spaß macht, wenn ich mich damit beschäftige. Andersrum sind bestimmt auch einige unter uns, die überhaupt nicht wissen, was sie interessiert und deshalb Entscheidungsschwierigkeiten haben. Ich höre dann immer: „Ja, aber du weißt wenigstens, was dir liegt und Spaß macht.“ Das stimmt, es ist aber auch nicht weniger nervenaufreibend, da ich Angst habe, mich für das Falsche zu entscheiden.
Und so ist es auch momentan hier in Norwegen – mal wieder. Durch meine Kurse an der Uni Bergen und meinen Freizeitaktivitäten, bin ich mir noch sicherer geworden, dass ich in eine kreativere Richtung gehen möchte. So, wie ich es mir schon von meiner Kindheit bis zum Ende der Schulzeit vorgestellt habe.
Ich stehe nun zwischen Gap Year, Masterstudium oder zweitem (kreativen) Bachelorstudium. Jede einzelne Option oder Kombination bringt seine individuellen Voraussetzungen und Deadlines mit sich: Portfolio-Abgabe, Aufnahmeprüfung, Sprachtest, (Vor-) Praktikum, Bewerbung. Ich habe zu viele Optionen, alles schwebt noch in der Luft und ich spüre einen Druck, mich für das richtige zu entscheiden. Jetzt, wo ich eigentlich mal alle Gedanken loslassen und dieses Abenteuer ohne „overthinking“ genießen sollte.
Ich genieße es in vollen Zügen – keine Sorge. Diese Gedanken über die eigene Zukunft gehören aber zu einem gewissen Grad einfach dazu. Die Lebensreise geht weiter und es ist unumgänglich die nächsten großen Stationen zu planen.
Ich bin hier in Norwegen schon um einiges spontaner geworden (was sehr gut ist). Es macht mir aber auch einfach zu viel Spaß, zu träumen, Pläne zu schmieden und mir den Kopf über die Zukunft zu zerbrechen 🙂 Es ist nur manchmal alles ein wenig überfordernd.
Was ich euch mitgeben möchte: Ihr seid mit euren Gedanken und Zweifeln nicht allein.
Besonders nicht im Ausland – da wächst jeder zumindest ein kleines Stück über sich hinaus und blickt auf sein Leben aus einer neuen Perspektive.
Ganz viel Liebe, Nora