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Zeitzeugen. Geschichten deutsch-vietnamesischer Freundschaft


Was mich immer wieder berührt, sind die Geschichten von Vietnamesinnen und Vietnamesen, die einige, oft prägende Jahre ihrer Jugend in Deutschland verbracht haben. Es ist sehr interessant zu erfahren, wie sie Land, Kultur und Leute wahrgenommen haben. Besonders spannend empfinde ich die Erlebnisse derjenigen (und das sind nicht wenige), die in der damaligen DDR eine zweite Heimat fanden.

Der Fall der Mauer ist eine meiner ersten bewussten Erinnerungen. Ich war fünf Jahre alt, saß mit meinen Eltern und meiner Schwester vor dem Fernseher und verstand nicht viel. Ich spürte nur, dass etwas universell Gutes geschehen war und alle Menschen superglücklich waren. Gleichzeitig herrschte eine ungläubige Faszination, dass das da gerade wirklich geschah und Unklarheit, was es für die Zukunft bedeuten würde.

Die DDR und den Kalten Krieg kenne ich somit nur aus Büchern und Dokumentationen. Es ist eine Zeit, von der man weiß, dass sie eigentlich nicht lange zurückliegt, an der aber dennoch Vergangenheit anhaftet wie an einem alten Relikt, das man im Staub einer historischen Stätte entdeckt. Es war eine andere Zeit, eine andere Welt. Die Menschen, die ich hier während meiner Zeit in Vietnam treffe, haben diese Zeit, diese Welt erlebt und noch mehr.

Vietnamesisch-Deutsche Freundschaftsgesellschaft

Auf einer Veranstaltung der Vietnamesisch-Deutschen Freundschaftsgesellschaft konnte ich einige vietnamesische Rechtsanwälte kennenlernen, die Anfang der 80er Jahre in der DDR Jura studiert haben. Anschließend sind sie noch vor dem Mauerfall in der Đổi mới („Erneuerung“) genannten Phase der marktwirtschaftlichen Öffnung nach Vietnam zurückgekehrt.

Vietnameisch-Deutsche Freundschaftsgesellschaft Eröffnung

Sie kennen neben der heutigen Zeit also das Leben im deutschen sowie im vietnamesischen Sozialismus. Und darüber hinaus haben sie all die mannigfaltigen Unterschiede beider Kulturen jeweils in beiden Systemen erfahren. In Gesprächen wie diesen kann ich eine Menge lernen. Ich liebe diese Art des interkulturellen Austauschs, wenn alle vermeintlichen Unterschiede und Grenzen überwunden werden können, seien sie intergenerationeller, politischer oder kultureller Natur.

Frohe Winterferien

Nach der Begegnung mit den Rechtsanwälten durfte ich im Rahmen des DAAD-Oktoberfests (jaja, ist alles schon ‘ne Weile her) eine ehemalige Schülerin des Maxim-Gorki-Heims in Dresden kennenlernen, Frau Cu Huy Phan Tao. Gemeinsam mit 197 Schüler*innen aus ganz Vietnam reiste sie an einem Herbsttag im Jahr 1956 mit dem Zug von Hanoi über China und die Sowjetunion bis nach Dresden, wo sie drei Jahre lang zur Schule ging. Für die jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen war dies ein prägender Lebensabschnitt voller spannender Erfahrungen, die sie ihr ganzes Leben lang begleiteten. 2016 haben die ehemaligen Schüler*innen des Maxim-Gorki-Heims ihre Erinnerungen in einem Buch festgehalten, sodass nun jeder nachlesen kann, wie es sich zum Beispiel anfühlt, wenn man als kleines vietnamesisches Kind das erste Mal in Deutschland einen Schneemann baut und bunte Geschenke unter einem Weihnachtsbaum liegen sieht.

Außerdem erzählt das Buch die Geschichte einer Erinnerungsreise, die die ehemaligen Schüler*innen des Maxim-Gorki-Heims zusammen mit bereits 1955 ausgereisten „Moritzburger“ Kindern unternahmen. 50 Jahre später nahmen diese nun „altgewordenen Kinder“ tatsächlich wieder den Zug, um von Hanoi nach Dresden zu gelangen.

Es macht den Reiz dieses Werks aus, dass die immer gleiche Geschichte, das Erkunden einer neuen fremden Welt sowie die späte Rückkehr in einer anderen Zeit aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Frau Cu Huy Phan Tao war so nett, mir ein Exemplar zu signieren und zu schenken und ich kann nicht nur sagen, dass dies eine große Ehre ist, sondern die Lektüre auch sehr viel Spaß macht! In diesem Sinne: Vielen Dank und auf die deutsch-vietnamesische Freundschaft! <3

 

Maxim-Gorki-Heim

Unterschrift

Kommentare
  1. Truong Dinh Ngo

    30. November 2020

    Hallo Andreas,
    Ich komme zufälligerweise auf Deinen Bericht über die Begegnung mit den Teilnehmern des Maxim-Gorki-Heim-Projektes und finde ihn sehr interessant.
    Ich bin daran, einen Vortrag über Deutsch-Vietnamesische kulturelle Begegnung für die Freundschaftsgesellschaft (am 26.12.2020) in Hue vorzubereiten. Als Thema habe ich unsere eigene Erfahrung im vierjährigen Projekt gewählt: „Hàn Mạc Tử: Übersetzung der Poesie in Deutsch und in Musik im CD Album Mondestrunken“, bei Camille Huyen und Walther Giger.
    Ich hätte Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen, zu schreiben, um mich besser vorzubereiten. Wärst Du daran interessiert?
    Mit freundlichen Grüssen
    Ngo

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