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Halbzeitpause in Amman

Die Zeit rast und es ist Halbzeit für mich in Amman. Ich bin jetzt schon seit fast zweieinhalb Monaten hier. Mit dem Auslandssemester habe ich mir einen großen Traum erfüllt und bin sehr dankbar für all das, was ich hier erleben darf. Doch vermisse ich meinen Alltag zu Hause, meine Freund*innen und meine Familie. Es ist superschön hier, ich erlebe viele großartige Momente, aber trotzdem fühle ich mich manchmal alleine. In diesem Blogbeitrag möchte ich gemeinsam mit euch die erste Hälfte meines Auslandssemesters Revue passieren lassen.

Bereits vor dem Start ins Auslandssemester wusste ich, dass es zwar nicht einfach wird, ich jedoch ein aufregendes Abenteuer vor mir haben werde. Meine ersten Tage in Amman waren geprägt von Einsamkeit und jeder Menge Heimweh. Mittlerweile habe ich mich eingelebt und mag es hier wirklich gerne. Trotzdem habe ich immer wieder einige Höhen und Tiefen, eine wirkliche Erklärung dafür habe ich nicht.

Pretty in Pink vor dem römischen Amphitheater in Amman.

Ausnahmesituation: Leben im Ausland

Mein Leben hier ist einfach anders. Wieso? Alles fühlt sich hier viel intensiver an und ich erlebe so unglaublich viele Dinge. Gehe ich durch meine Bildergalerie, fühlt es sich surreal an, wie viel ich bereits gesehen habe und vor allem was! Ich war auf dem Mount Nebo, habe umliegende Städte besucht, zahlreiche antike Ruinen gesehen, war in Wadis wandern, habe Petra eines der sieben Weltwunder besichtigt, war unterwegs in der Wüste oder habe mich im Toten Meer treiben lassen. Ich glaube, ich habe noch nie so viel in so kurzer Zeit erlebt wie in den Monaten, seitdem ich in Amman lebe. Das ist Wahnsinn! Richtig verarbeitet habe ich das glaube ich noch nicht und es warten sogar noch mehr Abenteuer auf mich.

Während mein Leben unter der Woche eher unspektakulär ist und sich nicht wirklich zu meinem Alltag in Marburg unterscheidet – außer dass ich anstatt in der Unibibliothek, in Ammans coolen Cafés sitze und lerne – sind meine Wochenenden sowie Abenden dafür da, um Jordanien von Kopf bis Fuß kennenzulernen.

Oh, wie schön ist Jordanien!

Jordanien ist ein wunderschönes Land und hat unglaublich viel zu bieten. Ich bin besonders fasziniert von der Natur, den alten Ruinen und den Schlössern. In Amman mag ich das wuselige Leben und dass es überall etwas zu entdecken gibt. Das Einzige, was wirklich sehr nervt, ist der Straßenverkehr. Überall ist Stau und ich habe schon so einige Hupkonzerte mithören dürfen. Im Gegensatz zu Deutschland kommt die Hupe hier in Jordanien überdurchschnittlich oft zum Einsatz. Abgesehen vom Straßenverkehr sind die Jordanier*innen aber sehr entspannt und hilfsbereit. Ich habe selten so eine Gastfreundschaft wie hier erlebt. Ich habe das Gefühl, dass sie auf den ersten Blick immer erst das Gute in den Menschen sehen. So fühle ich mich sehr willkommen, aufgehoben und sicher.

Besonders einige Menschen in meinem Viertel sind mir sehr ans Herz gewachsen. Im Supermarkt am Paris Square, in meinen Stammcafés, bei meinem Lieblingsbäcker, beim Falafelladen um die Ecke oder in den Restaurants in der Straße, werde ich herzlich in Empfang genommen. Sie erkundigen sich, wie es mir geht und freuen sich jedes Mal, wenn sie mich sehen. Manche versuchen mir auch Arabisch beizubringen. Es wäre traumhaft, Arabisch sprechen zu können, da nicht alle so gut Englisch sprechen und ich dann mehr Gespräche mit ihnen führen könnte.

Ich lerne sehr viel von den Menschen, vor allem über die jordanische und muslimische Kultur. Ich würde sagen, dass mir der kulturelle Austausch am meisten Spaß macht. Die jordanische Bevölkerung empfinde ich als sehr religiös, was sich in ihrem alltäglichen Leben widerspiegelt, besonders während des Ramadan. Selbst wenn die Leute wenig haben, geben sie immer gerne und beharren darauf, dass ich es annehme. Alle arbeiten immer hart, sind offen und helfen, ohne zu hinterfragen. Außerdem haben die Menschen hier sehr großes Vertrauen ineinander. Ehrlichkeit ist hier eine große Sache. Man kann es kritisch sehen, dass die Religion hier eine große Rolle spielt, es gibt aber auch viele Vorteile, die sich daraus ergeben, wie beispielsweise ein erhöhtes Sicherheitsgefühl oder die eben erwähnte Ehrlichkeit der Menschen. Ich empfinde mich jedoch in vielen Dingen einfach zu unwissend, um das hier zu bewerten.

Meine Achterbahn der Gefühle

Ich habe bereits viele schöne Momente sammeln können. Doch immer, wenn ich das Gefühl habe, angekommen zu sein, fühle ich mich wieder ganz plötzlich allein. Doch wie kann es sein, dass hier alles so besonders ist und ich trotzdem Heimweh habe? Ich habe liebevolle Menschen um mich, mit denen ich Freundschaften aufgebaut habe und viel Zeit verbringe. Wirklich erklären kann ich mir das nicht. Es liegt nicht an den Menschen oder dem Land. Ich vermisse einfach meine Freund*innen, meine Familie, meine Routinen – mein zu Hause in Marburg. Dabei habe ich nicht mal das Gefühl, etwa zu verpassen, sondern hätte einfach gerne meine Vertrauten um mich.

Ich habe, wie bereits erwähnt, tolle Menschen kennengelernt. Vor Kurzem sind jedoch einige meiner Freundinnen schon abgereist, vor allem meine Bezugsperson Johanna. Das hat mir kurz etwas zu schaffen gemacht, da wir jeden Tag etwas zusammen gemacht haben. Doch habe ich ganz viele anderen Menschen hier, die mindestens noch genauso lange wie ich hier bleiben und es ergeben sich immer wieder neue Freundschaften. Wofür ich wirklich dankbar bin!

Es ist jedoch besonders schön zu wissen, dass ich bereits einer Freundin alles hier zeigen konnte. Mit ihr und meinen Freund*innen von hier hatte ich ganze wunderbare Trips. Beim Abschied flossen wieder ganz viele Tränen. Doch ganz bald kommen auch zwei sehr enge Freund*innen von mir, worauf ich mich ganz besonders freue. Es ist schön, meinen Freund*innen mein aktuelles Leben in Amman zeigen zu können und sie daran teilhaben zu lassen. Das ist wie Balsam für die Seele.

Trotz aller Herausforderungen verschwende ich keinen Gedanken daran abzubrechen. Natürlich ist das Leben im Ausland nicht einfach und die Kultur definitiv anders, aber um das zu erleben, bin ich ja hier. Ich bin froh, dieses spannende Abenteuer auf mich genommen zu haben. Ich wollte meine Komfortzone verlassen, dazulernen und über mich hinauswachsen.
Und genau das passiert gerade. Ich merke, wie ich mich persönlich weiterentwickele – ein schönes Gefühl!

Lass es zu!

Wenn ich mich gerade nicht gut fühle, höre ich immer meinen Mitbewohner in Deutschland sagen: „Es ist okay, dass du diese Gefühle hast. Du musst sie akzeptieren und zu lassen.“ Und das hilft mir total!

Ein Bild von meinem Tagebuch mit der Aufschrift: Time to grow
„Time to grow“ – Meine beiden besten Freundinnen haben mir zum Abschied ein Tagebuch geschenkt und Bilder von uns reingeklebt. So kann ich meine Zeit hier festhalten und habe sie immer bei mir.

Außerdem versuche ich, mit meinen Freund*innen hier und in der Heimat über meine Gefühle zu sprechen, schreibe Tagebucheinträge und dabei wird mir immer wieder bewusst, wie ich dankbar bin, diese Erfahrungen zu sammeln. Jordanien beschert mir eine einzigartige Zeit mit unvergesslichen Momenten. Ich würde mit keinem anderen Ort tauschen wollen.

Von meinen Erfahrungen werde ich mein Leben lang profitieren. Ich ermutige jeden, auch mal außergewöhnliche Weg zu gehen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!  

Teja <3

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