13. September 2024
Was passiert, wenn der Traum vom Auslandssemester zur bürokratischen Herausforderung wird? Was, wenn nach mehreren Monaten Vorbereitung plötzlich alles auf der Kippe steht? Was ich gerne früher gewusst hätte, das erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.
Als ich im Oktober 2023 meinen Master an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart begonnen habe, hatte ich noch keine Ahnung, dass ich ein knappes Jahr später über 9.000 Kilometer entfernt an der Küste Kaliforniens studieren würde. Schon während meines dualen Bachelors hatte ich immer wieder darüber nachgedacht, ein Semester im Ausland zu verbringen. Die Rahmenbedingungen ließen es zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht zu und ich musste meine Pläne auf Eis legen.
Um so interessierter war ich, als das International Office der HdM während der Einführungstage die verschiedenen Austauschmöglichkeiten vorstellte. Eigentlich hatte ich vorgehabt, den Master so schnell wie möglich zu absolvieren. Ich stand also vor der Wahl, weiterhin in Regelstudienzeit durchzuziehen oder den Master um ein weiteres Semester zu verlängern und mir endlich den Traum vom Auslandssemester zu erfüllen.
Jetzt oder nie
Schnell war klar: Ich wollte in die USA. Einmal aus nächster Nähe erleben, wie in Hollywood Filme und Serien gemacht werden. Viel Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht. Innerhalb weniger Tage nach Studienstart musste ich meine Bewerbung für einen der begehrten Austauschplätze für die USA einreichen.
Nach einem Beratungsgespräch entschied ich mich für eine Bewerbung für das Baden-Württembergische Landesprogramm, ein Sonderabkommen mit dem US-Bundesstaat Kalifornien, das den Austausch zwischen Studierenden beider Regionen fördern soll.
Das Landesprogramm: Vor- und Nachteile
Das Landesprogramm bietet gegenüber anderen Austauschmöglichkeiten einen entscheidenden Vorteil: Zugelassene Studierende aus Baden-Württemberg müssen bis auf den regulären deutschen Semesterbeitrag in den USA keine weiteren Studiengebühren bezahlen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, da die Studiengebühren in den USA oftmals tausende Dollar pro Semester betragen können.
Allerdings gehen mit diesem Programm auch einige Einschränkungen und Voraussetzungen einher: So müssen Masterstudierende beispielsweise dazu bereit sein, in den USA Kurse auf Bachelorlevel zu belegen, die dann entsprechend nicht angerechnet werden können. Außerdem müssen durch einen offiziellen TOEFL-Test Englischkenntnisse auf B2-Niveau nachgewiesen werden. Die Zulassung für das Programm erfolgt dann in einem mehrstufigen Prozess.
Zunächst ist eine Nominierung der eigenen Universität zur Teilnahme am Landesprogramm erforderlich. Ist dieser Schritt geschafft, werden die Bewerbungsunterlagen an eine zentrale Baden-Württembergische Vergabestelle in Tübingen weitergegeben. Nach erneuter Prüfung setzt sich diese Stelle dann mit der zentralen Koordinationsstelle für Kalifornien in Los Angeles in Verbindung, die nach einer weiteren Prüfungsrunde entscheidet, welchem der 23 Standorte der California State University (CSU) ihr zugeteilt werdet.
Hierbei wird aus einer vorher eingereichten „Wunschliste“ ausgewählt, auf die finale Entscheidung haben Studierende jedoch keinen Einfluss. Ist ein Standort gefunden, erhält auch dieser die Bewerbungsunterlagen und entscheidet final über die Zulassung von Studierenden.
Und genau an diesem Punkt wäre mein Auslandssemester nach mehreren Monaten bereits laufender Vorbereitungen fast gescheitert.
Durch den Dokumenten-Dschungel
Ein paar Wochen nach meiner Anmeldung für das Landesprogramm wurde mir klar: Der bürokratische Aufwand war weitaus höher als erwartet. Alle paar Wochen gab es neue Fristen, Rückfragen oder Formulare, die ein- oder nachgereicht werden mussten. Die Vorbereitungen wurden immer mehr zum Nebenjob.
Jede der erwähnten Institutionen benötigte andere Informationen oder aktuellere Ausgaben der bereits eingereichten Dokumente, die von gestempelten Finanznachweisen bis hin zum Nachweis meiner ehrenamtlichen Tätigkeiten reichten. So weit so gut.
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass Anfang des Jahres 2024 – nachdem alle Vorbereitungen bereits auf Hochtouren liefen – das Projekt Auslandssemester plötzlich auf der Kippe stand. Ich war bereits auf der letzten Stufe des ganzen Prozesses angekommen, war für das Landesprogramm nominiert und einem CSU-Standort zugeteilt worden, als mich eine Mail erreichte, ich möge doch bitte meine Eignung für die von mir angestrebten Studienfächer nachweisen. Plötzlich reichten meine bisherigen Zeugnisse und die zuvor erbrachten Nachweise nicht mehr aus.
Vielleicht war den Verantwortlichen das deutsche Konzept des dualen Studiums nicht geläufig, vielleicht sahen sie den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen und künstlerischen Aspekten von Filmproduktion nicht. Plötzlich reichten drei Jahre duales Bachelorstudium bei einer großen Film- und Fernsehproduktionsfirma und zwei Semester Masterstudium mit TV-Schwerpunkt nicht mehr aus, um für Filmkurse in den USA zugelassen zu werden. Was also tun?
Mit einem Portfolio aus den unterschiedlichsten Uni- und Privat-Projekten sowie den damit erreichten Festival-Nominierungen gelang es mir schließlich, die Verantwortlichen doch noch zu überzeugen. Jetzt musste ich nur noch ein Visum bekommen.
Endstation Visum?
Die vielleicht größte bürokratische Hürde kam zum Schluss: das Visum. Ohne Einreiseerlaubnis wären alle meine Mühen umsonst gewesen. Entsprechend gründlich bereitete ich mich auf den Termin in der US-Botschaft vor. Ohne Handy oder andere „verbotene Gegenstände“, dafür mit einer Mappe voller Dokumente, kam ich früh morgens an der Botschaft an. Nach einer kurzen Passkontrolle ging es durch eine Sicherheitsschleuse, in der ich, ähnlich wie am Flughafen, durch einen Metalldetektor gehen musste und anschließend abgetastet wurde. Nach einer weiteren Sicherheitstür wurde ich zu einem Beamten vorgelassen und meine Fingerabdrücke wurden genommen. Dann schaute der Beamte in meinen Pass und runzelte die Stirn.
Er schaute mich an, dann meinen Pass, dann wieder mich. Er begann, Fragen zu meiner deutschen Staatsbürgerschaft und meinem Geburtsort (außerhalb von Deutschland) zu stellen. Ich erklärte ihm die Situation. Er dachte einen Moment nach. Langsam wurde ich unruhig. Ich war so weit gekommen. Es konnte jetzt nicht an meinem Geburtsort scheitern. Oder doch?
Nach einer gefühlt ewig dauernden Minute winkte er mich durch. Gerade nochmal gut gegangen. Sein Kollege wünschte mir viel Spaß in Kalifornien und stempelte die erforderlichen Unterlagen. Ich hatte es geschafft.
Alles halb so wild
Rückblickend waren die Vorbereitungen auf mein Auslandssemester in den USA mit deutlich mehr Bürokratie verbunden, als ich erwartet hätte. Aber, diese Hürden sind nicht unüberwindbar. Und wenn es unübersichtlich wird, gibt es eigentlich immer jemanden, der euch weiterhelfen kann. Sei es das International Office oder andere Studierende, die bereits im Ausland waren.
Lasst euch nicht von dem ganzen Papierkram abschrecken und von den Beamten in der Botschaft einschüchtern. Habt Geduld, wenn die Prozesse länger dauern oder komplizierter sind als erwartet. So lange ihr alle Fristen beachtet und euch auf offizielle Termine gut vorbereitet, gibt es eigentlich keinen Grund, euch nicht in die USA reisen zu lassen.