15. November 2015
„Und bis nächste Woche lest ihr bitte Buch xy!“ Diesen Satz habe ich in den letzten Wochen häufig in meinen Kursen gehört. Deshalb sahen meine Sonntage dann immer so aus: Aufstehen, frühstücken und dann den ganzen Tag mit dem entsprechenden Buch im Zimmer „einsperren“. 280 Seiten lesen sich schließlich nicht von selbst. Dass diese Mühen oft umsonst waren, wusste ich vorher leider nicht.
In einem meiner Kurse hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass die Dozentin ihre Aufforderung „Ihr müsst das Buch unbedingt bis nächste Woche vorbereiten, wir besprechen das!“ in ein „Es ist okay, wenn ihr nur die Hälfte gelesen habt“ geändert hat. Gleich zu Beginn der Stunde verkündet sie, dass wir alle Fragen, die wir zum Inhalt beantworten sollten, nur anhand der ersten hundert Seiten beantworten würden. Sie könne schließlich nicht davon ausgehen, dass wir alle den kompletten Roman gelesen haben.
Bei der anschließenden Diskussion dürfen wir dann nicht einmal das Ende des Buches verraten und auch die Fragen beantwortet unsere Dozentin am Schluss lieber selbst.
Für mich war diese Lockerheit eine ganz neue Erfahrung. In Deutschland bin ich es gewohnt, dass Bücher anschließend auch genauestens besprochen werden. Hier jedoch scheint es in den meisten Kursen auszureichen Hintergrundwissen zu haben. Das stelle ich auch in einem meiner anderen Kurse fest. Dort wird das Buch, das wir lesen sollten, in der nächsten Stunde mit keinem Wort erwähnt.
Wenn ich das nächste Mal „Und bis nächste Woche lest ihr bitte Buch xy!“ höre, werde ich mir daher genau überlegen, ob ich wieder einen Lesemarathon einlege oder das Buch lieber in aller Ruhe durcharbeite.