13. Mai 2020
In meinem letzten Beitrag habe ich berichtet, dass ich bei meinen Großeltern angekommen bin und die Quarantäne bis zum 30. April absitzen würde. Seitdem haben sich die Ereignisse etwas überschlagen und die Quarantäne wurde verlängert.
Ankunft bei meinen Großeltern
Am 8. April kam ich bei meinen Großeltern an, die mich mit einem reich gedeckten Tisch empfingen. Meine Großeltern haben ein kleines Ferienhaus, auf Russisch Datscha genannt. Ich hoffte, dort ein paar Tage in der Natur zu verbringen und spazieren zu gehen. Aber zuerst musste ich mich ummelden und mich um eine Visumverlängerung kümmern.
Die Sache mit dem Visum
Eine Mitarbeiterin des örtlichen Migrationsamtes sagte mir am Telefon, ich könne zu jeder Zeit vorbeikommen und bräuchte keinen Termin. Am 14. April stand ich vorm Büro und wurde wieder weggeschickt. Ich musste mir einen Termin für die nächsten Tage ziehen und mein Opa, als Wohnungsbesitzer, musste unbedingt mitkommen. Am nächsten Tag, morgens um 10 Uhr waren wir pünktlich da. Vom Sachbearbeiter wurden wir wieder weggeschickt, um im Nachbarhaus unsere Pässe zu kopieren und ein Dokument ausfüllen zu lassen.
Was nach nicht viel klingt, dauerte über eine Stunde. Zurück im Migrationsamt mussten wir feststellen, dass der Wartebereich voll war und der Sachbearbeiter nicht gut gelaunt. Nach einer weiteren Stunde durften wir endlich eintreten und unsere Dokumente abgeben, daraufhin wurden wir nochmal rausgeschickt.
Jetzt musste mein Opa noch einen Brief an den Leiter des Amtes schreiben, mit der Bitte um Verlängerung des Visums. Nach fast drei Stunden dachte ich, wir hätten es geschafft, bis uns mitgeteilt wurde, ich müsste übermorgen wieder kommen und Handabdrücke abgeben.
Somit fand ich mich am Samstag mal wieder im Migrationsamt wieder. Endlich bekam ich ein neues Dokument, mit dem ich bis zum 15. Juni registriert bin. Der Sachbearbeiter teilte mir mit, dass ich jetzt in die nächste größere Stadt müsse für eine Visumverlängerung. Zehn Telefonate später hatte ich den richtigen Mitarbeiter in Wolgograd, am Telefon, der mir mitteilte, Visa würden nicht mehr verlängert. Die Registrierung reiche, nur zum Ausreisen müsste ich ein sogenanntes Ausreisevisum beantragen. Jetzt befinde ich mich seit dem 29. April ohne Visum in Russland und hoffe einfach, dass die Ausreise reibungslos klappen wird.
Plötzlich musste ich einen Corona-Test machen
Nachdem das Organisatorische erledigt war, konzentrierte ich mich auf die Uni und freute mich, am nächsten Wochenende in die Natur zu fahren. Dieser Plan wurde von einer Mitarbeiterin des Krankenhauses zerstört. Die Dame stand plötzlich vor meiner Tür und drückte mir einen Zettel in die Hand, der besagte, dass ich als Zugereiste 14 Tage in Quarantäne sitzen müsse. Das hieß, ich durfte weder einkaufen noch raus in die Natur. Jeden Tag rief das Krankenhaus an und am Ende musste ich mich auf das Coronavirus testen lassen. Auch meine Großeltern mussten zu Hause bleiben, da sie Kontakt zu mir hatten.
Am 14. Tag der Quarantäne stand morgens eine Krankenschwester in Schutzkleidung vor unserer Tür. Wir mussten alle einen Abstrich von Nase und Rachen machen lassen. Zum Test hieß es, wenn wir nach dem Wochenende keinen Anruf erhalten dann wäre der Test negativ gewesen. Bis heute haben wir nichts gehört. Wir durften danach endlich wieder einkaufen gehen. Wer hätte gedacht, dass ich mich jemals so sehr darüber freuen würde.
Plötzlich klingelte es wieder an der Tür. Ein Polizist in Zivil stand dort und sagte, er hätte probiert, am Tag zuvor anzurufen aber niemand wäre rangegangen. Niemand von uns hatte einen verpassen Anruf. Weiter sage er, er komme vom Migrationsamt und wollte sich nur vergewissern, dass wir noch hier sind.
Die neue Freiheit in der Corona Zeit
Die strenge Ausgangssperre wurde jetzt erstmal bis zum 11. Mai verlängert, aber ich gehe stark davon aus, dass sie noch mal verlängert wird. In Moskau gilt die Ausgangssperre sowieso bis zum 31. Mai. Doch das Gefühl, einkaufen gehen zu können, brachte etwas Normalität zurück. Ein echtes Gefühl der Freiheit bekam ich am Wochenende auf der Datscha. Dort gibt es zwar kein fließend Wasser und kein Internet, dafür Ruhe, frische Luft und viel Natur mit wenig Menschen. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, den Garten umzugraben und als Pause im Wald spazieren zu gehen.
Wie geht’s weiter?
Die Uni geht online weiter. Ob wir das Geld, das wir für das Wohnheimzimmer gezahlt haben, zurück bekommen, ist noch nicht sicher. Es gibt immer mal wieder einen Flug von Moskau nach Deutschland. Bis ich einen antreten werde, unterstütze ich meine Großeltern vor allem im Garten. Und mein Praktikum in der Schweiz? Ist zwar noch nicht abgesagt, aber ob es stattfinden wird, steht auch noch in den Sternen.