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In fremden Gewässern: Spritztour nach Finnland


„Let’s do something crazy.“ Mit dieser fixen Idee im Kopf begannen die Planungen für unseren kurzen Abstecher ins Ausland. Es grenzt schon fast an Frevel, wenn man seinen Estnischkurs schwänzt, um nach Finnland zu fahren. Wir haben’s trotzdem getan. Wir, eine wagemutige Truppe von fünf Piraten in spe, stachen vergangenen Donnerstag in See. Unser Ziel: Helsinki.

Volle Kraft voraus!

7:30 Abfahrt. Noch schlaftrunken durchlaufen wir die Pass- und Ticketkontrolle und kapern die „MS Superstar“. Das Schiff ist weniger Piratenkutter als Luxusdampfer. An Bord befinden sich Supermarkt, À la carte-Restaurant, Bällebad – was das Herz begehrt. Die Müdigkeit ist schlagartig vergessen, als sich das Schiff in Bewegung setzt. Erst spüren wir nur das Rumoren der Motoren. Dann schlagen die Wellen gegen das Schiff. Volle Kraft voraus! Über der schwindenden Skyline von Tallinn geht langsam die Sonne auf und taucht den Himmel in Pastellfarben. Wir stehen auf dem Oberdeck, lassen uns die eisige Seebrise durchs Haar wehen und genießen den Ausblick. Titanic-Romantik, aber glücklicherweise keine Eisberge im finnischen Meerbusen. Arr, Finnland, wir kommen!

Rote Wolken über Tallinn
Sonnenaufgang über Tallinn

Landgang

Nach knapp zwei Stunden dann endlich: Land in Sicht! Kaum von Bord erwartet uns schon der erste Kulturschock. Helsinki ist teuer. Deutlich teurer als Tallinn. Das Busticket kostet 3,20 (Tallinn: 1,60), der Kaffee 4 (Tallinn: 2) Euro. Beim Klabautermann! Wir geben uns den Umständen geschlagen und beschließen den Tag trotzdem zu genießen.

Gestärkt mit sündhaft teurem Kaffee begeben wir uns zunächst auf Kirchen-Tour. Finnland ist kein außerordentlich religiöses Land, die sakralen Bauten in Helsinki sind dennoch sehenswert. Schade: Das Wahrzeichen der Stadt, der markante weiße Dom von Helsinki, ist ausgerechnet heute geschlossen. Dafür hat die orthodoxe Uspenski-Kirche geöffnet und bietet außergewöhnliche Ausblicke über die Stadt.

Blick aus der orthodoxen Uspenski-Kirche auf den weißen Dom von Helsinki
Blick aus der orthodoxen Uspenski-Kirche auf den weißen Dom von Helsinki

Der dritte Stop führt uns zur Felsenkirche Tempelliaukio. Ein unglaublicher Bau. Von außen lässt nichts an eine typische Kirche erinnern. Kein Glockenturm, kein spitzes Kirchendach, keine sakral dekorierten Fenster. Stattdessen eine Pforte, die an einen Stolleneingang erinnert. Drinnen verschlägt es uns den Atem. Der Kirchenraum: Eine in den Granitfels gesprengte Höhle. Das Dach: Ein unendlich wirkendes Konstrukt aus Glas und Kupfer, dessen Musterung an den Jahresring eines tausendjährigen Baumes erinnert. Das Prasseln des Schneeregens auf dem Dach schafft eine nahezu meditative Atmosphäre.

Felsenkirche von innen
Felsenkirche

Zurück in der Realität erleben wir eine ganz andere Seite von Helsinki: Während wir nichtsahnend an der Ampel warten, fährt auf einmal ein Konvoi aus dekorierten Lastwagen, voll gestopft mit verkleideten, grölenden Jugendlichen, an uns vorbei. Wir entkommen knapp einer fiesen Bonbon-Wurfattacke. Finnischer Karneval? Wie sich später herausstellt, wurden wir Zeugen der Penkkarit-Feier, dem Abschlussritual der finnischen Gymnasiasten.

Abschlussfeier-Wagen
Abschlussfeier

Leuchtfeuer

Wir lassen die Bonbon-Konvois hinter uns und begeben uns an den Stadtrand.  Noch ein Punkt steht auf unserm Sightseeing-Plan: Das Sibelius-Denkmal, eine Hommage an den finnischen Komponisten Jean Sibelius. Beeindruckend, wie sich das Monument in die umgebende Fels- und Waldlandschaft einschmiegt.

Sibelius-Monument
Sibelius-Monument

Auf dem Rückweg entdecken wir am Ostseeufer ein kleines Café, daneben eine offene Feuerstelle. Wir einigen uns auf eine spontane Kaffeepause – und werden positiv überrascht. Der Becher Kaffee kostet 2 Euro – und kann beliebig oft gratis nachgefüllt werden! Sind wir noch in Finnland? Zwei Stunden verbringen wir am Lagerfeuer, essen Zimtschnecken, hören finnische Schlagermusik, quatschen mit einem zufällig vorbeikommenden Waliser und beobachten ein paar Finnen, die von ihrem Saunagang in die eisige Ostsee springen. Während wir uns am lodernden Feuer wärmen, geht unbemerkt die Sonne unter.

Hütte in Helsinki
Lieblingsort in Helsinki

Die Herzen voller Glück, die Haare voller Rauch und die Bäuche voller Zimt, machen wir uns schließlich auf den Rückweg. Unsere Fähre verlässt Helsinki um 21:30. Während achtern die Lichter der finnischen Hauptstadt langsam am Horizont verschwinden, fallen uns die Augen zu. Ein ebenso langer wie wunderbarer Tag geht zu Ende.

 

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