studieren weltweit

(Podcast-Transkript zu Folge 3) Mit Plan ins Ausland: Berufliche Perspektiven und ein Blick in die Zukunft 

00:00:00:00 – 00:00:12:10

Simon

Was ich insgesamt merke mit Leuten, die ins Ausland gehen. Man nimmt ganz oft wahr, dass Menschen, die Auslandserfahrungen machen, dass Studierende, die ins Ausland gehen, Praktikum, Semester wie auch immer einen gewissen Mut mitbringen. 

00:00:12:00

[Sound] 

00:00:13:00 – 00:00:27:12

Simon

Gleichzeitig kenne ich auch genug Leute, die am Anfang gesagt haben: Thema Auslandsaufenthalt, ich weiß nicht, ich bin auch gerne zu Hause. Ich bin auch gerne im Heimatland, bei meiner Familie habe ich vielleicht auch Dinge wie ein Sportverein oder so, die mir da einfach fehlen würden. 

00:00:28:00

[Sound] 

00:00:29:03 – 00:00:49:08

Simon

Nur weil jemand keinen Auslandsaufenthalt im Lebenslauf stehen hat, ist das kein K.o.-Kriterium. Man muss aber auch dazu sagen, dass Organisationen wie der DAAD oder auch andere Stiftungen, von denen ich zum Beispiel Stipendien bezogen habe, gute, gute Arbeit leisten, in dem Bereich Auslandsaufenthalte immer mehr Leuten zu ermöglichen.

00:00:51:00 – 00:01:16:02

Intro mit Lene 

Willkommen an Bord von „studieren weltweit – der Podcast“. Mein Name ist Lene, eure Moderatorin. Wir sind ready to take off. Auch Teil der Crew ist heute Simon. Mit ihm spreche ich über: Was euch ein Auslandsaufenthalt nicht nur persönlich, sondern auch beruflich bringt. Schnallt euch an, klappt den Tisch runter, schiebt die Rückenlehne zurück, auf gehts in die Auslandserfahrung.

00:00:16:04 

[Sound] 

00:01:19:10 – 00:01:20:00

Lene [Moderatorin] 

Hi Simon. Ja, freut mich, dass du heute da bist. Herzlich willkommen. 

00:01:20:04 

[Sound] 

00:01:21:00 – 00:01:50:00

Lene

Mein Gast Simon hat International Management studiert und sein Studium komplett ausgenutzt, um ins Ausland zu gehen. Er war unter anderem in Schweden, Polen, Frankreich, Indien und das Ganze in der Zeitspanne von 2016 bis 2019. Dort hat er Praktika gemacht, Summer Schools und im Ausland studiert. Und das Ganze hat er finanziert, über Stipendien wie über die Stiftung der Deutschen Wirtschaft bei Erasmus oder selbst bezahlt.

00:01:51:02 

[Sound] 

00:01:51:06 – 00:01:52:07

Lene

Was machst du denn jetzt?

00:01:53:04 – 00:02:34:09

Simon

Genau jetzt ist so ein bisschen fast forward. In 2020 im Februar hatte ich meinen Master gerade fertig, gerade zum Jahreswechsel fertig gemacht und bin in den Job eingestiegen und arbeite jetzt bei Capgemini Invent, wo ich das Recruiting, also Talent-Akquisition, Talent-Branding, Personalgewinnung im Prinzip global verantworte. Capgemini Invent ist eine Unternehmensberatung, ist die Strategie- und Management-Beratungseinheit der Capgemini Gruppe.

Genau die Gruppe, das sind so 350.000 Leute weltweit. Wir sind so 12 bis 13.000 Leute. Genau. Und da verantworte ich global das Recruiting.

00:02:34:16 – 00:02:39:15

Lene

Wow. Das bedeutet, du arbeitest dann auch in einem internationalen Team, oder wie genau sieht deine Arbeit aus?

00:02:40:03 – 00:03:16:06

Simon

Genau. Ja. Also, wie genau sieht meine Arbeit aus? Ist ganz unterschiedlich von Tag zu Tag. Aber was jeden Tag tatsächlich das Gleiche ist, ist, dass unser Team um den ganzen Globus verteilt ist. Also, wir haben in meinem eigenen Team selber, also in dem kleinen Team, was ich verantworte, habe ich kaum jemanden hier in Deutschland tatsächlich. Und auch in dem größeren Team, wo ich dazugehöre, also im globalen Personal Führungsteam sind wir verteilt über, ja von Asien im Prinzip bis Nordamerika einmal um den Globus, viel in Europa, genau, aber ganz gut verteilt.

00:03:17:17 – 00:03:28:20

Lene

Und wenn du sagst, du bist im Recruiting, bedeutet das, dass dir dann die ganzen Bewerbungsunterlagen zugeschickt werden und du guckst dann, was wie passt oder wie muss ich mir das vorstellen?

00:03:29:04 – 00:04:35:09

Simon

Ja, schön wär’s, wenn ich das selber machen könnte. Nee, genau. Also letztes Jahr zum Beispiel haben wir eine, ja gute Anzahl, ein paar Tausend Leute eingestellt. Du kannst dir vorstellen, auf jede Einstellung kommen mehrere Bewerbungen, teilweise mehrere Dutzend, teilweise mehrere 100. Kommt so ein bisschen drauf an. In jedem Land – wir sind in rund 25 Märkten aktiv, wobei auch die Zahl immer weiter wächst – gibt es einen lokalen Recruiting-Lead, jemand, der lokal das Recruiting verantwortet. Teilweise auch mit einem recht großen Team, die dann auch mit mir im ständigen Austausch im Prinzip stehen, aber das Ganze operativ vor Ort verantworten. Ich beschäftige mich vor allem mit: Wie sieht unsere Strategie in der Richtung aus? Was sind unsere Standards? Was ist unser – man sagt so schön „go to market“? Wofür wollen wir bekannt sein? Und dann eben auch ganz viel im Bereich Branding. Also: Wo sehen uns Leute? Welche Inhalte sehen Leute von uns? Wofür wollen wir bekannt sein? Worüber wollen wir uns positionieren? So was genau.

00:04:35:23 – 00:04:42:15

Lene

Also ich hatte das jetzt schon so verstanden, dass du in deinem Team mit auswählst, wer genau dort anfängt zu arbeiten.

00:04:43:22 – 00:05:46:08

Simon

Die Einstellungsstandards, die kommen so ein stückweit auch von mir. Also wir überlegen uns global, wo soll die Reise hingehen. Wir haben uns heute Morgen auch früher am Tag damit beschäftigt. Ich bin nächste Woche für eine Veranstaltung in Barcelona. Da geht es um Profile, die uns in Zukunft potenziell noch ein bisschen mehr interessieren, als sie es aktuell tun. Und dann so ein bisschen okay, wir haben eine neue Art von Profilen. Wie finden wir raus, ob so jemand für uns interessant ist? Woran machen wir das fest? Wie machen wir das Ganze fair vor allem? Denn ich muss schon sagen, wir wachsen enorm. Aber es ist mir und dem ganzen Team ein enormes Anliegen, dass wir nicht dabei unsere Qualität einbüßen.

Im Sinne von der Candidate Experience, also der Erfahrung als Bewerber:in die man bei uns bekommt. Das Ganze soll fair vonstattengehen und auch ein stückweit transparent vonstattengehen. Genau und damit beschäftige ich mich tatsächlich dann tagein, tagaus, wonach wir auswählen und so was.

00:05:46:08 – 00:05:56:24

Lene

Und inwiefern spielt da die Auslandserfahrung eine Rolle? Also wenn du siehst, dass jemand im Ausland war, sagst du, ach ja, der ist es auf jeden Fall?

00:05:57:04 – 00:06:49:23

Simon

Es ist auf jeden Fall ein Kriterium. Es ist auf jeden Fall ein Aspekt, den wir uns angucken und der mich insbesondere auch sehr interessiert. Für mich bringt eine Auslandserfahrung eine Menge mit oder jemand, der eine Auslandserfahrung gemacht hat, vielleicht auch mehrere gemacht hat, bringt oftmals schon Dinge mit – ein Persönlichkeitstyp, gewisse Erfahrungen mit, die zu uns gut passen.

Ich sag jetzt nicht, dass das einzige Kriterium ist. Ich sage auch nicht, dass wir sehen, da war jemand an einer bestimmten Uni im Ausland und dann direkt eingestellt oder so, das ist es nicht. Aber es spielt natürlich schon rein, weil man aus der Auslandserfahrung ja eine Menge mitnehmen kann. Also sowohl meiner eigenen Erfahrung nach als auch generell. Das ist schon so.

00:06:50:22 – 00:06:58:01

Lene

Wenn du da aus deiner eigenen Erfahrung sprichst, was sind die Dinge, die du mitgenommen hast aus dem Ausland?

00:06:59:10 – 00:09:19:03

Simon

Ich glaub, vor allem habe ich mitgenommen, so ein stückweit persönliche Entwicklung. Wir haben ja schon drüber gesprochen, ich habe unterschiedliche Auslandsaufenthalte gemacht und die haben mir alle ganz unterschiedliche Dinge ermöglicht und dann auch mitgegeben im Endeffekt. Ich glaube, was mich Indien zum Beispiel gelehrt hat, ist auf jeden Fall, mich auf ein ganz neues Setting einzulassen, auf ganz neue Herausforderungen, Möglichkeiten und sehr offen an Dinge ranzugehen.

Ich kann von mir selber schon sagen, dass ich ja vielleicht so ein stückweit von Haus aus auch mal risikoavers war, und das habe ich da so ein stückweit ablegen können oder zumindest ein bisschen auch anders ausprobieren können: Wie kann man noch an Sachen rangehen? Wie kann man an Sachen herangehen, die für jemanden, der irgendwie im Rheinland, in Köln, die ganze Zeit aufgewachsen ist – also sehr in einem deutschen Kontext im Prinzip – wie kann man vielleicht auch ein bisschen lockerer und mit weniger Planung an Dinge herangehen? Und auch so ein bisschen bei spontanen Planänderungen einen kühlen Kopf bewahren? 

Ich glaube, das ist auf jeden Fall was. 

Was ich insgesamt merke mit Leuten, die ins Ausland gehen. Man nimmt ganz oft wahr, dass Menschen, die Auslandserfahrung machen, dass Studierende, die ins Ausland gehen, Praktikumssemester wie auch immer, einen gewissen Mut mitbringen, was Neues zu machen und Dinge mal anders zu machen und so ein bisschen über den eigenen – das ist jetzt eine abgenutzte Phrase – aber über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.

Mir geht es nicht darum, dass jeder von uns irgendwie dauerhaft außerhalb seiner oder ihrer Komfortzone sein muss. Aber da gehts wieder so ein bisschen in Richtung: Wonach stelle ich vielleicht auch ein? Was interessiert mich an Leuten? Was ist auch ein netter Anknüpfungspunkt? Im Ausland probieren sich viele Leute doch noch mal neu aus. Es ist eine Möglichkeit, irgendwie ja für ein paar Monate einfach mal was ganz Neues auszuprobieren, vielleicht auch so ein stückweit ein anderer Mensch zu sein oder aus Strukturen von zu Hause, sage ich mal, so ein bisschen rauszukommen. Und eben auch mit Unsicherheiten umzugehen.

Das ist sicher ein großer Punkt, genau sehr prägende Erfahrung in der Richtung.

00:09:19:08 – 00:09:28:20

Lene

Ich habe das Gefühl, einerseits auch von der Art und Weise, wie du sprichst, da ist sehr viel Englisch mit dabei. Wie viel Englisch sprichst du im Alltag auf Arbeit?

00:09:30:00 – 00:10:28:08

Simon

Auf Arbeit, den größten Teil des Tages. Also mein Job, den ich jetzt gerade mache, ist im Prinzip auch aus einer Auslandserfahrung hervorgegangen. Ich habe nämlich, nachdem ich in Indien war, dann Praktikum in Paris gemacht und das Praktikum genau in dem Team gemacht, in dem ich jetzt aktiv bin. Also das hat mir wahrscheinlich auch ein Auslandsaufenthalt noch gebracht, den Job jetzt gerade.

Unser Team sieht so aus, dass meine direkte Chefin schon auch Deutsch spricht, sie ist Deutsch-Französin. Wir sprechen zwischendurch auf Deutsch. Insgesamt von den Stunden, die ich am Tag arbeite, würde ich sagen, sind 90 Prozent auf Englisch. Genau. Ja, doch, das macht einen Großteil meines Tages aus. Zwischendurch probiere ich immer noch so ein bisschen mein eingerostetes Französisch zu nutzen. Das klappt auch mal besser, mal schlechter. Spanisch klappt zwischendurch auch so ein bisschen, aber der Großteil des Tages ist tatsächlich auf Englisch.

00:10:28:09 – 00:10:33:16

Lene

Du kannst ja wirklich alle Sprachen anbringen, die du so gelernt hast in der Vergangenheit.

00:10:33:18 – 00:10:47:04

Simon

Ja, nicht alle. Ich habe auch mal Schwedisch gelernt, kann ich nicht mehr, nur noch so ein bisschen, nur noch Phrasen. Und ich habe auch mal Japanisch gelernt, aber auch nur für ein halbes Jahr. Genau das wende ich auch kaum noch an.

00:10:47:16 – 00:10:57:13

Lene

Na ja, vielleicht kommt das ja in der Zukunft, wenn sich das Team noch mal ändert, neue Team-Kolleginnen dazukommen, kannst du dein Japanisch und Schwedisch noch mal trainieren.

00:10:57:13 – 00:10:59:15

Simon

Dann hole ich es aus der Kiste genau.

00:11:00:03 – 00:11:49:17

Lene

Ich finde, besonders interessant ist, wenn man in einem internationalen Team arbeitet und mitbekommt, wie anders jede Person an das Problem rangeht und wie man dann auch noch verstehen muss, wie die Leute untereinander kommunizieren. Also es ist ja nicht nur eine sprachliche Kommunikation, sondern es gibt ja auch gewisse Formen, Höflichkeitsformen, wie man sich ausdrückt. Ich habe eine Zeit lang in Brasilien studiert und da war Kritik ein ganz sensibles Thema, und da musste man ganz vorsichtig umgehen, wenn man etwas kritisieren wollte, auch wenn man einfach nur sagen wollte, na ja, auf der Präsentation fehlt noch ein Name. Dann war das schon manchmal manchen Leuten zu viel und die sind dann rausgegangen aus der Unterhaltung. Die fanden das nicht so super. Hast du da ähnliche Erfahrungen gemacht, jetzt in deinem Team oder auch im Ausland?

00:11:50:10 – 00:14:55:15

Simon

Ja, megaspannend. Also auch, was du sagst. Insgesamt auf jeden Fall. Ich tu mich immer so ein bisschen, das soll nicht irgendwie Stereotypen abbilden oder so. Es gibt ja auch gewisse Dinge, die sind einfach irgendwie Vorurteile über in welchen Ländern ist man vielleicht ein bisschen höflicher, in welchen Ländern ist man vielleicht ein bisschen unhöflich – darum gehts mir gar nicht so sehr.

Aber tatsächlich wie äußere ich Kritik, ist auf jeden Fall was, was in Ländern unterschiedlich funktioniert, in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich funktioniert. Was ich immer superspannend finde, ist alles rund um: Wie geht so ein Termin auf der Arbeit los? Geht ein Termin eine Viertelstunde früher los, weil alles schon irgendwie in den Raum oder auch in den Teams-Call oder Zoom-Call oder was auch immer reingehen? Geht so ein Termin später los? Hat so ein Termin erst mal 20 Minuten, wie war dein Wochenende, wie war dein Wochenende? Hast du vielleicht auch jemanden drin, der direkt sagt, so wir haben eine Agenda, los gehts? Das hat ja alles irgendwie seine Berechtigung, sind einfach unterschiedliche Stile und das finde ich immer superspannend. Mache ich auch tatsächlich gerne, wenn ich Workshops habe mit Gruppen aus ganz unterschiedlichen Ländern, dass man das so ein bisschen erst mal aufeinanderprallen lässt, sage ich mal. Und auch so ein bisschen daran wiederum lernt. Das ist eigentlich auch immer ein ganz netter, ich weiß nicht, Ice Breaker oder wie auch immer. Das eröffnet so einen Termin, gerade wenn man mehrere Tage miteinander verbringt, ganz gut, wenn man sich an so was so ein bisschen reiben und austauschen kann.

Und das ist auch, ich finde es wichtig. Man muss es wollen. Man muss das. Ich will nicht sagen, man muss dafür gemacht sein. Ich glaube, wir haben alle unterschiedliche Potenziale in uns und mehr Potenzial, als wir vielleicht auch teilweise denken. Ich sage nicht jeder muss das wollen. Genau. Aber gerade wenn wir wieder so ein bisschen den Bogen zum Thema Auslandsaufenthalt machen, ich glaube, es gibt Menschen, die machen das super gerne. Es gibt Menschen, die gehen super gerne ins Ausland. Und tatsächlich, wenn wir uns anschauen bei „studieren-weltweit“, beim DAAD generell triffst du natürlich auch genau diese Menschen. Also das ist ja schon eine ganz gute Bubble in Richtung von da möchte jeder eigentlich recht regelmäßig rauskommen. Genau. Und das ist bei uns im Team recht ähnlich, muss man sagen.

Und gleichzeitig kenne ich auch genug Leute, die am Anfang gesagt haben: Thema Auslandsaufenthalt, ich weiß nicht, ich bin auch gerne zu Hause. Ich bin auch gerne im Heimatland bei meiner Familie, habe hier vielleicht auch Dinge wie ein Sportverein oder so, die mir da einfach fehlen würden. Und da kenne ich auch genug Leute von, die dann am Ende doch angefixt waren. Ich glaube so, wenn man’s kann, dann würde ich es jedem eigentlich empfehlen, das einmal zu machen.

00:14:56

[Sound] 

00:14:56:16 – 00:15:19:00

Lene

Simon hat es gerade angesprochen. Kennt ihr eigentlich schon die Internetseite von „studieren-weltweit“? Dort gibt es persönliche Blogs mit Bildern, Videos, Beiträgen, alles zum Thema Auslandsaufenthalte auf der ganzen Welt. Auf studieren-weltweit.de könnt ihr auch Simons Blogs aus Indien und Frankreich finden. Alle wichtigen Links stehen natürlich in den Shownotes. 

00:15:20

[Sound] 

00:15:20 – 00:15:35:11

Lene

Oft ist es ja auch so, wenn man einmal im Ausland war, dann will man immer wieder, weil man dann Blut geleckt hat, übertrieben gesagt. Wie hast du das denn gelöst finanziell? Wie bist du ins Ausland gegangen und hast das finanziell gelöst?

00:15:35:19 – 00:17:45:24

Simon

Ja, ist ein wichtiger Punkt. Ist für mich einer der Punkte, auch wenn ich sonst schon mal hier Sachen für den DAAD mache, ist das natürlich einer der oder eines der Themen, mit dem wir uns immer wieder beschäftigen. Und das die Leute auch am meisten interessiert, dass am Ende auch die größte praktische Frage ist. Ich möchte einmal so ein stückweit vorschieben. Wir haben jetzt viel drüber gesprochen: Warum ist ein Auslandsaufenthalt gut? Was haben wir beide davon mitgenommen? Was habe ich davon mitgenommen? Wir müssen auch sehen, dass nicht jeder sich Auslandsaufenthalte in der Hülle und Fülle leisten kann. Und das ist auch richtig so! Ich möchte auch vielleicht aus meiner beruflichen Sicht einmal dazu sagen, nur weil jemand keinen Auslandsaufenthalt im Lebenslauf stehen hat, ist das kein K.o.-Kriterium.

Man muss aber auch dazu sagen, dass Organisationen wie der DAAD oder auch andere Stiftungen, von denen ich zum Beispiel Stipendien bezogen habe, gute, gute Arbeit leisten in dem Bereich Auslandsaufenthalte. Immer mehr Leuten zu ermöglichen, immer zugänglicher zu machen, immer mehr zu demokratisieren im Prinzip. Bei mir sah das konkret so aus. Ich wurde in Deutschland im Studium schon gefördert von zwei Stiftungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die haben mich im Ausland teilweise weiter gefördert und dann je nach Zielland so ein bisschen. In Schweden zum Beispiel, das ist ein klassisches Erasmus-Land, da konnte ich Erasmus-Förderung mitnehmen. Im Auslandspraktikum war es so, dass ich tatsächlich auch einfach ein Gehalt bekommen habe und mir davon ja Lebenskosten in Paris schwierig, aber schon einen Teil davon finanzieren konnte.

Auf jeden Fall. 

Dann muss ich auch sagen, dass ich aus einem Elternhaus komme, dass da auf jeden Fall ein Interesse dran hatte und eine gewisse Förderung auch einfach finanziell geleistet hat. Also meine Eltern haben da zugeschossen. Und ich habe tatsächlich auch mein Studium über immer gearbeitet, gerade für Dinge, wie wenn ich dann mal im Ausland bin, vor Ort reisen zu können, weil das für mich ein ganz wichtiger Punkt war. Genau.

00:17:46:05 – 00:18:01:20

Lene

Für dich bedeutet Ausland nicht nur die akademischen Ziele im Auge behalten, sondern auch das Land kennenlernen. Und zwar nicht nur dort, wo du untergekommen bist, sondern das ganze Land an sich.

00:18:02:07 – 00:19:52:03

Simon

Ja, auf jeden Fall. Also ich glaube, klar, Auslandsaufenthalte sind auch ein relevanter Faktor im Lebenslauf. Mittlerweile muss man sagen, gerade in hoch professionalisierten Bereichen, gerade in der freien Wirtschaft, auch in anderen Bereichen. Insofern ja, für die akademische Laufbahn oder berufliche Laufbahn förderlich. Ich muss aber sagen, ich hätte mein Studium wahrscheinlich gradliniger machen können, wenn ich in Deutschland geblieben wäre. Also darum ging es mir tatsächlich nicht in dem Ganzen.

Der wichtigste Aspekt an Auslandsaufenthalten für mich, ist auf jeden Fall der kulturelle oder der interkulturelle. Und so ein stückweit Land und Leute kennenlernen. Und da würde ich auch auf jeden Fall zu ermutigen. Also in Indien zum Beispiel war es so, dass wir auf dem Campus gewohnt haben, also das ist eine Campus-Uni, so ein stückweit eine Gated Community, muss man sagen. Also da sind Mauern außen rum und Seen auf dem Gelände und Fitnessstudio und Imbiss und solche Dinge. Wir haben da sehr viel Zeit auf dem Campus verbracht und einige unserer Kommiliton:innen da vor Ort waren dann auch immer ganz verwundert, wenn wir gesagt haben, nee, jetzt ist noch mal ein langes Wochenende oder so, jetzt fahren wir in den anderen Teil des Landes. Weil die hier einfach deutlich mehr Zeit auf dem Campus verbracht haben, weil das natürlich deren geradlinige Uni-Laufbahn da vor Ort war.

Und für uns war das schon auch die Möglichkeit – wir waren eine größere Gruppe an Austausch-Studierenden da vor Ort. Für uns war das eine super Möglichkeit, wirklich unterschiedliche, auch einfach Teile Indiens kennenzulernen. Ich kann absolut nicht sagen, dass ich in dem einen Semester ganz Indien kennengelernt hätte. Dafür ist das Land einfach zu riesig und auch einfach zu divers. Ist ja irgendwie auch ein Kontinent in sich, aber das war mir auf jeden Fall das größte Anliegen dabei.

00:19:52:05 – 00:20:18:05

Lene

Ich stelle mir das ziemlich mutig vor, wenn man auf eigene Faust durch so ein großes Land reist. Und ich denke, das unterstützt auch noch mal das, was du vorhin gesagt hast, dass, wenn man im Ausland war, dass man teilweise sehr viel mutiger zurückkommt beziehungsweise noch mal eine ganze andere Sicht auf die Welt gewinnt. Wie hast du das gemacht, wenn du dann verreist bist? Bist du oft alleine gewesen oder mit Freunden?

00:20:19:23 – 00:21:48:11

Simon

Teils teils. Also wir hatten, wenn ich so über die unterschiedlichen Auslandsaufenthalte nachdenke. Im Praktikum, klar, da war ich so ein stückweit, ich war nicht der Einzige, aber da waren es nicht so viele wie in dem ersten Semester, wo man natürlich so eine ganze Uni-Community um sich rum hat. Ich muss auch sagen, im Auslandspraktikum bin ich deutlich weniger gereist, weil da habe ich ja dann doch Vollzeit gearbeitet. In den Auslandssemestern war es so, dass ich generell auch sagen kann, dass ich gerne in Gruppen reise oder zumindest mit zwei, drei Leuten dabei. Ich habe aus Schweden noch einen Freundeskreis, die tatsächlich ausnahmslos aus Holland kommen, mit denen wir das Land großräumig bereist haben im Prinzip. In Indien war das genauso. Da hatten wir auch eine Gruppe, sind zwischendurch mit dem Zug nach Varanasi gefahren, haben ein Feiertagswochenende auf den Andaman Islands verbracht. Das haben wir zusammen gemacht. 

Ich habe aber zum Semesterende auch für mich gemerkt, okay, jetzt, wo es so langsam irgendwann zurückgeht oder zumindest wieder nach Europa geht, machst du vielleicht auch noch mal ein paar Destinationen tatsächlich alleine, damit du vor Ort noch mehr Leute kennenlernst. Denn das ist natürlich immer ein bisschen die Krux an der Sache. Ich möchte auch nicht in meiner Austauschstudenten-Bubble im Prinzip hängen bleiben. Genau. Also eine gesunde Mischung wahrscheinlich.

00:21:49:13 – 00:22:24:15

Lene

Was echt interessant ist, was du da gerade gesagt hast. Du willst noch mal alleine reisen, um noch mal mehr Leute kennenzulernen und andere Leute kennenzulernen. Ich muss sagen, wenn ich verreist bin im Ausland, dann wollte ich das in der Regel immer alleine machen. Aber auch einfach, um alleine zu sein, weil ich das Gefühl hatte, irgendwie dieses Auslandssemester oder die Auslandszeit für mich war ja auch so Zeit für mich und nicht nur um Leute kennenzulernen und mit anderen Leuten sozial zu sein. Sondern auch einfach mal das machen, was ich will und nicht nachfragen, wo geht es jetzt hin, wann gehen wir frühstücken und so weiter.

00:22:25:21 – 00:22:34:11

Simon

Das ist ein guter Punkt. Vielleicht sind wir da einfach so ein bisschen unterschiedlich veranlagt. Ich glaube, das genau können wir im Nachgang noch mal erörtern.

00:22:34:18 – 00:22:42:15

Lene

Hast du ein Gericht, was dir direkt in den Kopf kommt, wenn du an Indien denkst?

00:22:43:12 – 00:25:12:21

Simon

Ich glaube, für mich – es ist kein ganzes Gericht, aber wenn ich Indien als Zutat, sage ich mal, zusammenfassen müsste, dann wäre es tatsächlich Panier. Dieser indische so ein stückweit Hüttenkäse im Prinzip. Ich muss dazu sagen, ich lebe an sich vegan und hatte Indien ausgewählt als Zielland. Und war so ein bisschen, ja, das könnte ja eigentlich einfach sein, weil ungefähr die Hälfte des Landes ernährt sich vegetarisch, könnte ja dann passen.

Vor Ort sah es dann ganz anders aus, weil tatsächlich die Nuancen zwischen vegan und vegetarisch einfach gar nicht bekannt waren. Und so habe ich eine Menge paniert gegessen da vor Ort. Und das ist vielleicht auch eine ganz nette Anekdote, auch zu so alltäglichen Herausforderungen im Auslandsaufenthalt: Wir haben da auf dem Campus gewohnt, hatte ich ja schon gesagt und es hieß Frühstück, Mittag, Abendessen und alles zwischendurch im Prinzip in der Mensa, in der Kantine. Außer du hast ja einen, der, ich weiß, nicht, drei, vier Imbisse auf dem Campus aufgesucht. Und ja, dann haben wir aber die meiste Zeit die Kantine frequentiert. 

Und so nach, ich weiß nicht, zwei drei Wochen fing in dieser Auslandsstudierenden-Community langsam an, dass Leute meinten, so gefühlt jede Mahlzeit ist einfach indisch. Es ist morgens indisch, mittags indisch, abends indisch. Und dann haben wir, das war irgendwie dann Tischgespräch und da saßen wir halt in einer gemischten Gruppe mit Studierenden und Locals. Und die meinten so ne, ihr seht das komplett falsch. Also das Frühstück heute Morgen, das war ostindisch und das Mittagessen, das ist meistens südindisch und das Abendessen kommt dann noch mal aus einer anderen Ecke.

Und das war für uns tatsächlich, das war so ein bisschen so ein Eye-Opener, wie ignorant man vielleicht teilweise an so was rangeht. Gut, da muss man jetzt auch sagen, so ein Inder bei uns, jetzt wohne ich in Potsdam, ein Inder hier in Potsdam verkauft wahrscheinlich auch alles über südindisch bis ostindisch als indisch einfach. Genau, aber die Nuancen waren uns so gar nicht bewusst.

Ich muss auch sagen, wir haben uns das dann doch teilweise gefühlt einmal im Monat zu einem Geburtstag oder so geleistet, dass wir dann zwischendurch irgendwo Essen waren, wo wir dann einmal im Monat nicht indisch gegessen haben. Das war eine superinteressante Umstellung.

00:25:13:01 – 00:25:35:06

Lene

Was Ähnliches ist mir auch in Brasilien mal passiert. Da habe ich immer vom Norden Brasiliens gesprochen. Aber der Norden, der beschreibt nur einen ganz bestimmten Part, der eigentlich auch fast nur Amazonas ist. Eigentlich muss man immer vom Nordosten reden und teilweise haben die Leute mich ausgelacht, weil sie dann meinten: „Norden, du meinst wohl Nordosten.“ Sorry.

00:25:36:00 – 00:25:36:16

Simon

Spannend.

00:35:38

[Sound] 

00:25:39:05 – 00:25:45:20

Lene

Im Hintergrund könnt ihr übrigens Simons Tochter hören, die anscheinend beim Thema Auslandsaufenthalte mitsprechen möchte. 

00:46:00

[Sound] 

00:25:47:00 – 00:25:55:20

Lene

Gut Simon, was hast du denn für eine Erfahrung im Ausland gemacht, die dich besonders geprägt hat oder die dir als Erstes jetzt in den Sinn kommt?

00:25:56:14 – 00:27:42:17

Simon

Ja, da gibt es sicher eine ganze Menge. Das Erste, was mir bei Indien tatsächlich einfällt, ist, ich glaube, der im Prinzip, der erste Moment in Indien – also vielleicht nicht der allererste. Der Allererste war, da war ich in Neu Delhi am Flughafen, hab da im Prinzip eine Nacht verbracht, weil ich so ein Layover hatte und hatte fälschlicherweise meine Powerbank ins Aufgabegepäck getan.

Und dann waren sie kurz davor, meinen Koffer zu sprengen, weil man das ja nicht machen darf, weil das halt eine Batterie ist. Also ich musste dann irgendwo da im Keller, sie hätten es nicht wirklich gesprengt, aber sie haben dann tatsächlich die Powerbank im Endeffekt vernichtet. Also wir standen vor einem großen Bohrer, so ein Senkbohrer, der wurde dann da einmal reingehauen, weil du keine Batterie im Gepäck haben durftest.

Damit habe ich fast meinen Anschlussflug verpasst. Da muss ich aber sagen, selber Schuld! Da hätte ich auch dran denken können. Genau. Und als ich dann in Kalkutta aufgeschlagen bin, wir hatten von der Uni vor Ort auch Infos, wie wir zum Campus kommen, wie wir das am besten machen. Und genau ich glaube, uns wurde empfohlen zu Ubern, weil Uber kannst du auch in Europa runterladen, kennen die meisten. Gut in Deutschland damals noch nicht so gängig, aber genau. Und ich kam aus dem Flughafengebäude raus und war umringt von Taxifahrern, die alle meinten, wo ich denn hinwollte und wo ich denn hinwollte. Ja, und hatte dann am Ende auch jemanden, der mich fahren wollte, der aber mit meinen Angaben, von wo ich hinwollte, dann so nach einem Kilometer merkte, er wusste doch nicht so richtig, was ich eigentlich von ihm wollte. Und der dann auch … Zwischendurch haben wir noch mal angehalten bei einem Verwandten von ihm. Dann hatten wir noch mal eine Pinkelpause. 

00:27:42:17 – 00:27:43:09

Lene

Und noch ein bisschen Tee getrunken?

00:27:44:16 – 00:28:21:24

Simon

Genau. Ja, ne, ach, wir haben nur irgendwas geholt, was er brauchte. Er hat nur was in den Kofferraum geladen. Aber genau einen Tee gab es auch. Das stimmt. Und eigentlich sollte die Tour irgendwie, ich glaube eine Stunde, eine Stunde anderthalb oder so sollte sie dauern und es hat deutlich länger gedauert. Es hat mich aber gar nicht gestört, weil ich hatte, ja, ich wusste ja eh noch nicht, was ich zu tun hatte. Und ich fühlte mich sehr, sehr angekommen und sehr angenommen von diesem Taxifahrer, der mich da mitgenommen hat. Genau. Wir sind am Ende leider nicht in Kontakt geblieben. Ich glaube, den würde ich auch noch mal treffen, wenn ich hinfliege. Aber das hat sich nicht ergeben.

00:28:22:04 – 00:28:42:13

Lene

Ja, voll gut, das ist schon ein richtiger Geheimtipp. Einfach mal Uber fahren und da nimmt man die meisten Stories mit, die meisten Geschichten und auch Kontakte und Freunde. Gut. Ja, Simon, es hat mich sehr gefreut, dass du hier warst. Vielleicht kannst du ja noch irgendwas auf Indisch sagen, um das Ganze abzurunden.

00:28:42:24 – 00:29:03:03

Simon

Ja, unbedingt. So viel Hindi spreche ich nicht. Aber ich kann dir Lene einmal sagen, „dhanyavaad“ für das gute Gespräch. Da war zumindest ein Wort in Hindi dabei „dhanyavaad“ nämlich. Danke schön, vielen Dank. Irgendwie so was in der Richtung. Es hat mir großen großen Spaß gemacht. Genau. Ja.

00:29:03:22 – 00:29:09:09

Lene

Ja, vielen lieben Dank. Und dann wünsche ich ansonsten noch einen schönen Resttag.

00:29:10:11 – 00:29:12:08

Simon

Ja, danke dir ebenfalls.

00:29:15:00

[Sound] 

00:29:15:21 – 00:29:52:08

Outro mit Lene 

Im Namen von „studieren-weltweit“ und der heutigen Besatzung möchte ich mich ganz herzlich von euch verabschieden. Wir wünschen euch eine stressfreie Auslandsplanung oder gegebenenfalls eine angenehme Anschlussfolge. Bei Fragen oder Anregungen könnt ihr gerne eine E-Mail an podcast@studieren-weltweit.de schreiben. Weitere Infos findet ihr in den Shownotes. Wir freuen uns, euch bald wieder an Bord zu begrüßen. Bis dahin alles Gute!

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