24. Dezember 2016
Ich war über die Weihnachtsfeiertage noch nie in Irland, da ich diese Zeit lieber mit meiner Familie verbringe. Die Adventszeit in Galway ist allerdings auch ohne Schnee und echte Nürnberger Lebkuchen schön.
Weihnachtslieder
Ähnlich wie in Deutschland hängen die Läden schon Ende Oktober die Weihnachtsdekoration auf und spielen die altbekannten Weihnachtslieder rauf und runter. In dem Song „Fairytale of New York“ von The Pogues and Kirsty MacColl kommt sogar Galway Bay vor:
„And the boys of the NYPD choir
Were singing, ‚Galway Bay‘
And the bells were ringing out
For Christmas day“
NYPD ist das New York Police Department, in dem seit jeher viele Irisch-Amerikaner dienen. Das Lied ist aus der Sicht eines alten Irischen Einwanderers gesungen, der am Weihnachtsabend auf sein eher erfolgloses Leben in Amerika und seine turbulente Liebesbeziehung zurückblickt. Die Iren lieben Herzschmerz und Nostalgie ebenso wie fröhliche Trinklieder.
Schneeregen statt Schnee
Sollte es unerwarteterweise doch einmal schneien, oder besser schneeregnen, bricht das Chaos aus, da niemand Winterreifen hat und Räumdienste sporadisch funktionieren. Dann wird im Radio nach den Nachrichten gefühlt jeder Ort aufgezählt, in dem auch nur eine einzige Schneeflocke gefallen ist, um die Hörer vor spiegelglatten Straßen zu warnen. Diese fünfminütige Liste wird natürlich mit Schlittenglockenmusik hinterlegt. Wer richtigen Schnee haben will, muss in die Berge gehen oder ersatzweise eine der temporären Schlittschuhbahnen auf den größeren Weihnachtsmärkten besuchen.
Weihnachtsmärkte
Der Weihnachtsmarkt in Galway heißt „Continental Christmas Market“ und ist ganz hübsch, aber gebrannte Mandeln und Co sind ziemlich überteuert und die Atmosphäre kommt nicht ganz an einen echten Deutschen Weihnachtsmarkt heran. Mitten in der Innenstadt wird jedes Jahr ein riesiges Bierzelt aufgebat, was in Anbetracht der zahlreichen Pubs meiner Meinung nach unnötig ist. Punsch wird sogar als Glühwein verkauft, obwohl die wenigsten Leute das Ü aussprechen können und auf den Preistafeln meistens die Punkte auf dem U fehlen.
Es gibt weniger Tannenbäume, aber Lichterketten sehen auch an kahlen Laubbäumen festlich aus. Besonders hübsch sind die erleuchteten Kanalbrücken und das Lichterkettennetz, das sich nahezu durch die ganze Fußgängerzone erstreckt. Natürlich sind auch Weihnachtsmänner und Elfen unterwegs und die Touristenbimmelbahn wird zum Santa-Train. Vom Riesenrad aus hat man eine wunderbare Aussicht auf das festliche Treiben.
Mein persönliches Highlight in diesem Jahr war eine nachgestellte Krippenszene mit verkleideten Menschen und echten Tieren, die friedlich Stroh futterten, als seien sie in einem echten Stall. Dazu sangen Schulchöre Englische und Irische Weihnachtslieder. Ich bin nicht religiös, aber die tolle Akustik macht Weihnachtskonzerte in der gigantischen Kathedrale definitiv hörenswert und das Eintrittsgeld wird für wohltätige Zwecke gespendet.
Das Weihnachtsessen
Das Weihnachtsdinner am 25. ist das Hauptevent der Feiertage und wird schon Wochen vorher vorbereitet. Traditionell wird gefüllter Truthahn (Turkey) mit Schinken (Ham), Rosenkohl (Brussels Sprouts), Cranberrysoße und jede Menge Kartoffeln mit Schale (umgangssprachlich Spuds) oder Kartoffelbrei (Mash) serviert, eine merkwürdige Kombination wie ich finde. Kloße und Rotkraut sucht man vergebens.
Die Süßspeisen sind mehr nach meinem Geschmack. Christmas Pudding ist eine Art nasser, dunkler Stollen mit mehr Trockenfrüchten und Schnaps als Teig. Er wird Stundenlang in einer Schüssel im Wasserbad auf niedriger Temperatur gekocht oder gedampft und wochelang gelagert bevor er serviert wird. Einfacher zuzubereiten sind Mince Pies. Das sind kleine Muffin-förmige Teiggebäcke mit einer Art dickflüssigen Marmelade aus Trockenfrüchten und Gewürzen gefüllt. Die guten, alten Ausstechplätzchen sind hier nicht üblich und ich habe mir Förmchen schicken lassen, aber Muttis Vanillekipfel schmecken immer noch am Besten unterm heimischen Weihnachtsbaum.
Nollaig Shona, Happy Christmas, Frohe Weihnachten