7. Oktober 2019
Riesige Shopping Malls neben Moscheen und Beduinen-Zelten, Arm neben Reich, Bikinis neben Kopftüchern in Schaufenstern – die Gegensätze in Jordaniens Hauptstadt fallen einem sofort ins Auge. Ohne sie bewerten zu wollen, sind sie enorm und sehr spannend.
Wenn man etwas tiefer in die Geschichte und die Lebensweise hier in Jordanien eintaucht merkt man, dass diese Gegensätze, verschiedene Kulturen und Ethnien schon immer ein großer Teil der Kultur waren und heute (zumindest offen sichtbar) selten in Konflikt stehen.
Flüchtlinge im Land? Keine Minderheit, sondern tief verwurzelt
Jordanien hat ca. 9,7 Millionen Einwohner, wobei etwa die Hälfte der arabischen Bevölkerung von den damals etwa 800.000 geflohenen Palästinensern abstammen, die nach dem Palästinakrieg und dem Sechstagekrieg nach Jordanien zogen und später die Bürgerrechte erhielten. Diese damaligen zugezogenen Flüchtlinge finden sich in allen Gesellschafts- und Arbeitergruppen und sind für mich als Austauschstudent nicht (mehr) erkennbar. Zusätzlich gibt es auch heute noch eine hohe prozentuale Anzahl an Flüchtlingen (ohne Status von jordanischen Bürgerrechten) aus dem Irak und Syrien.
Mehr gemeinsam als man denkt
Leider ist der einstige Kernraum der drei großen Weltreligionen, das stark umstrittene und von Israel besetze Westjordanland (mit den zentralen Städten Hebron, Jerusalem und Bethlehem), für viele religiöse Menschen außerhalb Israels nicht zugänglich.
Dabei zeugen die Orte und die Erzählungen von vielen „Ereignissen“ und Werten, die genau die Gemeinsamkeiten von jüdischem, christlichen und muslimischen Glauben offenbaren und die die Menschen endlich einen sollte. Das dies Wunschdenken ist und durch die stark politischen Konflikte und Machtverhältnisse im Mittleren Osten in weiter Ferne liegt, steht außer Frage.
Religionsfreiheit in Jordanien – Vorbild für alle
Obwohl sich 93% der Jordanier zum sunnitischen Islam bekennen und der Islam Staatsreligion ist, zeigen sich die jordanische Regierung und das Königshaus demonstrativ offen und tolerant gegenüber anderen Religionen: In Amman bin ich schon an einigen christlichen Kirchen und jüdischen Synagogen vorbei gelaufen, die nach meiner Nachfrage in großen Teilen gesellschaftlich toleriert und akzeptiert sind. (Um ein wenig solche NPD- und Afd-Klischees wie „Die erlauben doch auch uns keine christlichen Kirchen in islamischen Ländern“ zu entkräften).
Diese positiven Dinge sollte man betonen, aber auch über gesellschaftliche Schattenseiten sprechen: Auch in Jordanien ist der Islamismus ein wachsendes Problem. Hervorzuheben ist jedoch, dass nach wie vor jordanische Sicherheits- und Militärkräfte gegen Splittergruppen des Islamischen Staates (Daesh) und verbündeter Terrortruppen vorgehen und diese absolut ablehnen. Dieses Thema werde ich allerdings noch einmal genauer aufgreifen. Fragen wie „Jordanien, ist das nicht viel zu gefährlich für ein Auslandssemester?“ bekam ich vorher oft gestellt und sind sicher besonders spannend für Studenten, die überlegen im Mittleren Osten auch ein Auslandssemester zu machen.
Wie immer gilt: Falls ihr irgendwelche Fragen zu jeglichen Themen habt, meldet euch gerne.
Lara
2. November 2019
Hi Malte,
mein Name ist Lara und ich studiere Kommunikationsdesign in Wiesbaden und mein Kurs entwickelt derzeit ein Kochbuch zur jordanischen Küche. Deshalb wollte ich dich gerne fragen, was Jordanien für dich so spannend gemacht hat, was das Essen auszeichnet und wie du mit dem kulturellen Unterschied klargekommen bist?
Ich würde mich sehr über eine Rückmeldung von dir freuen. :–)
Malte Flegelskamp
7. November 2019
Hey Lara,
Schön von dir zu hören und danke für die Frage!
Bzgl. der örtlichen Küche hier werde ich in den nächsten Tagen einen weiteren Blogeintrag verfassen 🙂 Dort werde ich Gerichte vorstellen, die hier häufig gekocht werden und auch meine absoluten Lieblingsgerichte von der großen Auswahl jordanischer Gerichte.
Kulturelle Unterschiede fallen mir sehr häufig auf: Kleiderordnung, der Umgang mit Frauen hier und natürlich das trinken von Alkohol. Das hat nicht so viel Einfluss auf meinen Alltag hier, Unterschiede sind aber auf jeden Fall spürbar. Dabei gilt aber: Amman kommt mir immer wie eine Blase vor, in der in manchen Nachbarschaften ein völlig „westlicher“ Lebensstil gelebt wird. Dazu kommt aber auch ein weiterer Eintrag, auch in den nächsten Tagen. In dem soll es um die „Fauxpas“ gehen 🙂
Schreib mir gerne bei weiteren Fragen ! Ich kann dir auch gerne nochmal ausführlicher schreiben. Ganz viele Grüße aus Amman/ Jordanien, Malte