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Kaffeekult(ur) in Südkorea


Ich habe nicht erwartet, dass die Südkoreaner solche Kaffee-Liebhaber sind. An jeder Ecke lässt sich ein durchdesigntes Café schöner als das andere finden – und das selbst in kleineren Ortschaften. Dabei sind die bevorzugten Koffeinbomben etwas anders als bei uns in Deutschland und den Cafés kommt auch mehr Bedeutung im alltäglichen Leben zu.

Alleine auf dem nur circa fünf Minuten langen Weg von meiner WG zur nächsten größeren Straße, passiert man an die zehn Cafés. Diese Cafédichte findet man keineswegs nur hier in Itaewon und Haebangchong, sondern in ganz Seoul. Und bei meinen Trips in die Stadt Jeonju in der Provinz Nord-Jeolla sowie auf die Insel Jeju, habe ich festgestellt, dass die Dichte auch in kleineren Orten sehr hoch ist. Im gesamten Land gibt es heutzutage um die circa 71.000 Cafés.

Das Café als Lebensort

Schon an den Öffnungszeiten der Cafés wird deutlich, dass es hier etwas anders zugeht als in Deutschland. Die meisten Cafés haben von circa 11 bis 22 Uhr geöffnet. Das war in meinen ersten Wochen hier eine ganz schöne Umgewöhnung. Da ist man schon früh morgens unterwegs, möchte den Tag gerne entspannt mit einem Kaffee starten und dann hat einfach noch nichts geöffnet.

Ebenso Neuland war für mich, zu sehen, wie rappelvoll die Cafés in den Abendstunden werden. Da könnte man schon beinahe von einer Alternative zu Restaurants und Bars sprechen. Jedenfalls werden die Cafés hier ähnlich genutzt.
Als Orte, an denen man sehr viel Zeit mit seinen Freunden verbringt, mit den Kollegen aus dem Büro entflieht oder ein Date trifft. Ersteres sowie Letzteres sind vor allem darin begründet, dass Menschen in ihren Zwanzigern bzw. Studierende hier in den allermeisten Fällen noch zu Hause bei ihren Eltern leben. Und dort ist privater Besuch der Kinder meist nicht erwünscht. Das kommt wiederum den Cafés zu Gute!

Ansicht einen Pärchens in einem Café von hinten, vor einem Fenster
Cafés spielen im Leben junger Koreaner eine große Rolle, weil sie meist noch bei ihren Eltern wohnen und Besuch nicht gerne gesehen ist.

Alternative zur Bibliothek

Außerdem gibt es auch Cafés, die 24 Stunden geöffnet haben und als sogenannte ‚Study Cafés‘ bezeichnet werden. Man findet sie vor allem in den Universitätsvierteln und ihre Daseinsberechtigung steht in großem Zusammenhang mit dem extrem konkurrenzorientierten Bildungssystem hier in Südkorea. Ein koreanischer Freund von mir, hat mir erklärt, dass Studierende, die sich auf das ‚Suneung‘ (die Eingangsprüfung der Universität) vorbereiten, oftmals nach ihrem regulären Schulunterricht zunächst in eine Art private Schule für Nachhilfe-Stunden gehen. Da diese jedoch „schon“ um 22 Uhr schließen, geht es danach weiter ins Study Café, damit man auch sein Tagespensum schafft… ganz schön düster und meiner Meinung nach auch im Hinblick auf die wirkliche Produktivität etwas fragwürdig. Allerdings kann ich das Ganze natürlich nur aus meiner eigenen, ganz persönlichen Sicht betrachten.

Hidden Gems

Zahlreiche Cafés entdeckt man nur, wenn man entweder um ihre Existenz weiß oder die Augen extrem offen hält und sich dabei nicht nur auf Erdgeschossflächen begrenzt. Hier in Seoul spielt sich nämlich ein großer Teil des Café- und Gastro-Lebens in den oberen Stockwerken der Häuser ab.
So ist zum Beispiel eines meiner Lieblingscafés – das ‚mwm Euljiro‚ – im vierten OG eines unscheinbaren Hauses versteckt. Lediglich an der Tür neben dem Seven Eleven findet man ein klitzekleines Schild, das auf das Café verweist.
Für mich macht das die Erfahrung hier noch besonderer, denn mir bringt es sehr viel Spaß, solche versteckten Orte zu entdecken.

Am besten eiskalt und süß

Im Vergleich zu Deutschland sind hier in Südkorea andere Kaffeekreationen hoch im Kurs. Am beliebtesten ist definitiv Iced Coffee, sei es der Klassiker Iced Americano oder auch Iced Flat White. Auch der sogenannte Iced Dutch Coffee, wobei es sich um einen Iced Cold Brew Coffee handelt, ist extrem beliebt und auch einer meiner Favoriten. Abgesehen von diesen ungesüßten Kreationen, die ich sehr mag, gibt es auch viele süße Varianten, mit ordentlich Zucker, Milch, Sahne etc..
Eine dieser südkoreanischen süßen Kaffeekreationen, die mittlerweile auch über die Grenzen hinaus Bekanntheit erlangt hat, ist der ‚Dalgona Coffee‘ . Der Dalgona besteht aus heißer oder kalter Milch, die mit einer Haube aus einem Mix aus Zucker, Instant Coffee-Pulver und Wasser bedeckt wird. (Sidenote: Ich bin generell sehr überrascht, dass es in den Cafés hier beinahe nur normale Milch gibt. Sojamilch ist eine Ausnahme und Hafermilch habe ich bisher nur sehr selten ausfindig machen können, obwohl ich ständig neue Cafés entdecke. Von daher sollten sich Veganer oder Menschen mit Laktose-Intoleranz darauf vorbereiten, hier vor allem Kaffee ohne Milch zu genießen.)

Zwei Iced Dutch Coffee, die gerade in das Glas gegossen werden
Mein Favorit: Iced Dutch Coffee (Cold Brew)

Trendpotenzial: Coffee Art

Was ich in Deutschland noch nicht entdeckt habe: Coffee Art. Hier in Seoul zum Beispiel im Cafe C.Through in Itaewon zu finden. Hier werden niedliche Charaktere oder bunte Bilder auf die Milchschaumhaube gezeichnet.
Beliebt sind auch „überlaufende“ Kaffees. Ich finde das ehrlich gesagt etwas unnötig und glaube, die Beliebtheit ist vor allem durch den Instagramhype begründet. Solche Kaffees sehen zwar ziemlich fotogen aus, aber sie dann zu trinken erweist sich eher als unpraktisch – außer man steht auf klebrige Hände oder hat Einmalhandschuhe dabei.

Verwestlichung und rapides Wachstum

Noch in den 90er Jahren war Bohnenkaffee in Südkorea recht unbekannt und die erste Wahl war Tee, gefolgt von Instantkaffee. Das sieht heute aufgrund der voranschreitenden Verwestlichung etwas anders aus.
Im asiatischen Vergleich ist Südkorea das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum und laut einer Marktstudie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Jahr 2018 ist die Nachfrage für Kaffee in Südkorea fünf Mal höher als der asiatische Durchschnitt.

Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass in diesem ganzen Kult um Kaffee die traditionelle koreanische Teekultur und -zeremonie nicht in Vergessenheit gerät. Denn diese ist meiner ganz persönlichen Meinung nach viel einzigartiger als die durchdesignten Cafés. In die traditionelle koreanische Teezeremonie werde ich Euch in einem meiner kommenden Beiträge mehr Einblicke geben. Stay tuned!

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