24. Mai 2023
Die vierten Klassen meiner Praktikumsschule in Porto fahren immer am Ende des Schuljahres gemeinsam auf Klassenfahrt. Ich hatte Glück, denn als Praktikantin durfte ich die Viertklässler*innen in diesem Jahr begleiten. Wir fuhren in ein Abenteuer-Camp. Das war nicht nur für die Kinder ein Abenteuer, sondern auch für mich. Denn dort wurde überwiegend Portugiesich gesprochen und mir begegneten einige kulturelle Besonderheiten.
Als mich die Schulleiterin fragte, ob ich mit den vierten Klassen auf Klassenfahrt fahren möchte, war die Antwort für mich sofort klar: Natürlich werde ich mitfahren, denn das klingt nach einem Abenteuer! Einige Wochen später war es schon soweit. Für drei Tage ging es in ein Abenteuer-Camp, nahe der Kleinstadt Óbidos, die als eine der schönsten Städte Portugals gilt. Dort warteten viele spannende Aktivitäten auf die Kinder und Lehrkräfte.
Auf großer Fahrt
Morgens gegen 8 Uhr kamen die Kinder in der Schule an. Aufgeregte Rufe klangen über den Schulhof, die Kinder rannten kreuz und quer, es wurde sich von Eltern verabschiedet und Handys eingesammelt. Eigentlich sollte es um 8:30 Uhr losgehen, aber der Bus war zu spät, also begannen wir unsere Fahrt gegen 9 Uhr.
Wir, das sind die circa 50 Viertklässler*innen, eine portugiesische und zwei deutsche Klassenlehrer*innen, die FSJlerin, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Grundschule absolviert, und ich.
Die Anreise von Porto in die mittelalterliche Stadt dauert normalerweise etwa drei Stunden. Mit Frühstücks- und Mittagspause an einem bekannten Kloster in Batalha brauchten wir aber ganze fünf Stunden. Für Kinder ist das eine lange Fahrt, aber die Stimmung war super.
Während der Fahrt übernahmen die Portugiesichlehrerin die Animation. Die Kinder durften sich Lieder wünschen und diese wurden dann abgespielt. Das tolle daran: Alle Kinder sangen lautstark mit. Manchmal begannen die Kinder auch Sprechchöre. Eine tolle Erfahrung, denn so etwas habe ich in Deutschland noch nicht erlebt.
Stadtrallye duch Óbidos
Unser erster Halt war das historische Stadtzentrum von Óbidos. Das Städtchen liegt auf einem Hügel, ist von einer Stadtmauer umgeben und es gibt eine mittelalterliche Burg. Die vielen kleinen Gässchen laden zum Erkunden ein.
Dort angekommen wurden wir von den Betreuer*innen aus dem Abenteuer-Camp begrüßt. Ab jetzt hatten wir Lehrkräfte praktisch frei, denn diese übernahmen ab diesem Zeitpunkt das komplette Programm. Das ist wohl typisch so in Portugal und für uns Lehrkräfte natürlich sehr entspannt.
Während die Kinder eine Stadtrallye machten, schlenderten wir durch die Gassen. Immer wieder trafen wir auf die Gruppen der Kinder und machten viele Fotos. Nach der Stadtrallye ging es wieder in den Bus und wir fuhren in unser Camp.
Das Abenteuer-Camp
Das Abenteuer-Camp liegt einige Minuten Fahrtzeit von Óbidos entfernt in der Natur. Es ist ziemlich groß und neben uns sind dort auch noch andere Schulklassen. Alle Aktivitäten finden für uns direkt auf dem Gelände statt.
Als wir ankamen war ich erstmal beeindruckt vom Gelände. Ich hatte mir das das ganze nicht so weitläufig und schön vorgestellt. Die Häuser im Eingangsbereich sind typisch südländisch weiß und bunt gestrichen. Es gibt Lichterketten, die am Abend eingeschaltet werden und einen Kiosk.
Dann folgt ein Bereich, der dem „wilden Westen“ nachempfunden ist. Es gibt das große Haus mit den Schlafräumen für die Kinder, einen „Saloon“, in dem Abendveranstaltungen stattfinden und eine „Trattoria“, an dem wir einen Pizzaabend verbringen. Außerdem gibt es ein „Steakhaus“, in dem allerdings Aufenthaltsräume sind und das „vier Sterne Restaurant“, in dem sich die Kantine verbirgt. Die Häuser liegen an einer großen Wiese zum Spielen. Direkt an der Wiese ist auch der Pool, weiter hinten auf dem Gelände finden die vielen Aktivitäten statt.
Im Camp bezogen wir zunächst unsere Zimmer. Ich hatte Glück und bekam gemeinsam mit der FSJlerin einen eignen Raum, der abseits in einem anderen Haus liegt. Glück gehabt, denn so warteten zwei ruhige Nächte auf uns. Die Kinder schliefen in Zimmern mit Stockbetten und es gab Gemeinschaftsbäder.
Im Camp machen wir in den nächsten Tagen ganz verschiedene Aktivitäten: Kletterwand, Hochseilgarten, Kanu fahren, Schwimmbad, Karaoke, Disko, Bingo und vieles mehr. Insgesamt ist es ein sehr vollgepacktes Programm. Zwischen den Aktivitäten bleibt auch etwas Zeit zum freien Spielen. Es gibt eine Tischtennisplatte und Tischkicker und wir haben aus der Schule Bälle zum Toben auf der Wiese mitgebracht.
Ein sprachliches Abenteuer
Da die Betreuer*innen ausschließlich Portugiesisch sprechen, fand auch das gesamte Programm auf Portugiesisch statt. Wir Lehrkräfte sprachen einen Mix aus Portugiesisch und Deutsch, da auch eine portugiesische Kollegin mitgekommen ist. Für mich war das eine gute Übung und ich versuchte möglichst viel auch auf Portugiesisch zu verstehen. Das funktionierte auch schon ganz gut, aber das Sprechen bereitete mir immer noch Probleme.
Eine lustige Sprachübung war für mich das Bingo-Spielen. Gemeinsam mit der anderen deutschen Kollegin und einem deutschen Schüler versuchten wir, die Zahlen von eins bis 90 auf Portugiesisch zu verstehen. Die anderen Kinder an unserem Tisch halfen uns, wenn wir uns unsicher waren. Manche Kinder können fließend zwischen den beiden Sprachen wechseln und das hat mich mal wieder sehr beeindruckt.
Ein kulturelles Abenteuer
Da wir in einem portugiesischen Schullandheim waren, war das gesamte Programm und der Tagesablauf kulturell sehr portugiesisch geprägt.
Ein volles Programm
Es ist typisch für Portugal, das in der Schule aber auch in der Freizeit alle Aktivitäten durchgetaktet sind. Kaum ist eine Aktivität beendet, startet bereits die nächste. Selbst die Zeit zum Duschen war täglich vor dem Abendessen fest eingeplant und zeitlich festgelegt. Freies Spiel, wie wir es aus Deutschland kennen, gibt es kaum. Die deutschen Lehrkräfte haben extra mit den Betreuer*innen vereinbart, Aktivitäten zu streichen und den Kindern mehr Freizeit zu lassen. Mir kam das Programm trotzdem noch deutlich voller vor, als es in Deustchland gewesen wäre.
In den Tag leben
Insgesamt wurde alles im Camp von den Betreuer*innen organisiert und durchgeführt. Neben den Aktivitäten haben sie die Kinder auch bei allem anderen, zum Beispiel beim Duschen, Essen und in der Nacht, betreuet. Sowohl die Kinder als auch die Lehrkräfte kannten den genauen Zeitplan nicht. Es wurde in den Tag gelebt und dann mal geschaut, was wann passiert. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Betreuer*innen einen festgelegten Zeitplan hatten.
Essen auf Portugieisch
Auch das Essen im Schullandheim war natürlich typisch Portugiesisch. So gibt es nicht nur drei, sondern vier Malzeiten: Frühstück, Mittagessen, Nachmittags ein Brötchen zum „Lanche“ und ein Abendessen. Außerdem gibt es vor dem Zähneputzen noch für jedes Kind einen Keks für den kleinen Hunger Zwischendurch. Das Essen war typisch: Reis mit Fleisch, Stockfisch und natürlich jeden Tag auch Suppe. Überraschend für mich war, das es eine vegetraische Option gab. Diese war zwar nicht sehr einfallsreich, aber durchaus lecker. Das ist sehr untypisch für Portugal. Es ist hier deutlich schwerer, vegetarisch oder vegan zu leben.
Spiel, Spaß und eine gelungene Klassenfahrt
Mein Job bestand überwiegend darin, die Kinder anzufeuern, mit ihnen zu spielen und bei Heimweh zu trösten. Es war schön, die Kinder und Lehrkräfte außerhalb des Unterrichts kennenzulernen und gemeinsam Zeit zu verbringen. So konnte ich die Beziehung zu vielen Kindern verbessern. Es war besonders schön zu sehen, wie sie bei den Aktivitäten über sich hinaus gewachsen sind. Gleichzeitig konnte ich sprachlich und kulturell viel mitnehmen und so war die Klassenfahrt für mich ein voller Erfolg. Auch die Kinder hatten großen Spaß und werden hoffentlich lange mit Freude auf ihre erste Klassenfahrt zurück blicken.