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Mehr als ein Schmuckstück: Warum alle Esten Katzenaugen tragen


Alle Esten besitzen ihn. Er baumelt an fast jeder Tasche, jeder Jacke, jedem Rucksack. Im Dunkeln funkelt er aus allen Ecken Tallinns. Es gibt ihn in sämtlichen Formen und Farben, als Designerstück ebenso wie als Werbegeschenk. Ob in Pinguin-, Bananen- oder Bierkrugform verfolgt er doch immer ein und denselben Zweck: Das Leben seines Trägers schützen. Der Reflektor (auch „Katzenauge“ genannt) ist vielleicht DAS typisch estnische Schmuckstück – und tatsächlich gesetzlich vorgeschrieben.

Wer dies nicht glaubt, dem sei ein Blick auf die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes nahe gelegt. Seit Juli 2011 ist das Tragen eines Reflektors für Fußgänger in ganz Estland verpflichtend. Das hat seinen Grund. Jedes Jahr (und gerade im Winter) gibt es in Estland tragische Unfälle, weil Autofahrer dunkel gekleidete Fußgänger übersehen. Das Tragen des reflektierenden Anhängers macht also durchaus Sinn und kann mitunter Leben retten.

Katzenauge in Form einer Schneeflocke
Hübsches Accessoire und Lebensretter: Hier in Winteredition als Schneeflocke

Erhältlich sind die „helkurid“, wie sie auf Estnisch heißen, im Supermarkt, am Kiosk oder im Souvenirladen. Wir ERASMUS-Studierenden haben in der Einführungswoche der Tallinn University gleich zwei Exemplare geschenkt bekommen.

Der Reflektor muss an der Oberbekleidung bzw. an Handtasche oder Rucksack befestigt werden. Studien des estnischen Straßenverkehrsamtes zufolge tragen immerhin 86% der Kinder und 65% der Erwachsenen in Estland einen Reflektor. Wer ohne Katzenauge von der Polizei erwischt wird, kann mitunter mit Geldstrafen bis zu 400€ (!) bestraft werden. Dann doch lieber auf Nummer sicher gehen.

Mittlerweile haben die kleinen Anhänger regelrechten Kultstatus erlangt und werden als trendige Accessoires gehandelt. Und es wäre nicht Estland, wenn nicht auch Bäume mit Reflektoren geschmückt würden: helkuripuud – „Reflektorbäume“ haben sich zu einem echten Trend in estnischen Städten entwickelt. Übrigens sind die funkelnden Schmuckstücke auch wirtschaftlich gesehen ein Erfolgsprodukt: Das estnische Unternehmen SoftReflector exportiert in die ganze Welt – und stattet beispielsweise den Weihnachtsbaum vor dem Weißen Haus in Washington mit waschechten estnischen Qualitätsreflektoren aus.

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