14. Juni 2016
Ein Auslandsaufenthalt geht auch immer einher mit einer kulinarischen Entdeckungsreise. Kulturelle Unterschiede manifestieren sich in vielen Dingen, ob in der Sprache, in Traditionen, Sitten und Bräuchen oder eben, ganz simpel, in den Essgewohnheiten vor Ort. So kann schon der alltägliche Supermarktbesuch zum Erlebnis werden. Auch das kleine Estland wartet mit ganz speziellen Delikatessen auf. Ich habe Augen (und Mund) offen gehalten und den estnischen Einkaufskorb genauer inspiziert…kleine Kostprobe gefällig?
Kohuke
Quarkriegel mit Schokoladen-, manchmal auch Joghurt- oder Karamellglasur. Sind so heiß begehrt, dass ihnen im Supermarkt ein ganzes Kühlregal gewidmet wird. Klassiker ist der Vanillequarkriegel mit Vollmilchschokoglasur. Darüber hinaus sind von A (wie Ananas) bis Z (wie Zimtschnecke) alle erdenklichen Geschmacksrichtungen vertreten. Angeblich gibt es sogar eine Version mit Brotgeschmack. Noch seltsamer finde ich nur noch den Riegel mit Cheese Cake-Flavour (…ein Quarkriegel mit Quarkkuchengeschmack?). Tatsächlich erinnern alle Kohuke-Versionen irgendwie an Käsekuchen, während ihre vergängliche Konsistenz Eiskrem ähnelt – ich empfehle den unmittelbaren Verzehr nach Kauf.
Kohuke mit Seehundgeschmack (Scherz: Vanille)
Kama
Estnisches Zauberpulver, zusammengewürfelt aus Roggen-, Gersten-, Hafer- und…Erbsenmehl. Funktioniert eher als Zutat denn als eigenständiges Gericht. Traditionell wird Kama mit Buttermilch oder Kefir verrührt, um so ein sättigendes Sommergetränk zu zaubern. Ein paar findige Esten sind außerdem auf die Idee gekommen, Kama als Grundlage für Kuchen zu verwenden. Aber Kama ist mehr als eine simple Mehlmischung. Denn: Kama nimmt es sogar mit Schokolade auf! Als im sowjetischen Estland der 1970er-Jahre Kakaobohnen rare Luxusgüter wurden, ersetzte man sie einfach durch Kama-Pulver. Das erfolgreiche Resultat – die Kamatahvel – wird heute im Supermarkt als Nostalgieprodukt vertrieben. Aufgrund von EU-Richtlinien darf sie allerdings nicht mehr als „Schokolade“ bezeichnet werden.
Joghurt mit Ka(r)ma
Kalev
Wer dann doch lieber „richtige“ Schokolade genießen möchte, sollte nach „Kalev“ greifen – der wortwörtlich legendären estnischen Nationalschokolade. Kalev ist eigentlich der Name des Helden im estnischen Nationalepos „Kalevipoeg“. Genauso mächtig und gefährlich (weil süchtig machend) wie König Kalev ist auch die gleichnamige Schokoladentafel. Besonders beliebt ist die Version mit weißer Schokolade, Knusperreis und Blaubeerstückchen.
Küüslauguleivad
Gutes Brot muss in Estland niemand missen. Auch wenn klassische Bäckereien eher selten sind, findet man im Supermarkt doch eine akzeptable Auswahl an verschiedenen Brotsorten. Beliebt ist „must leib“, das estnische Schwarzbrot. Dies stellt auch die Grundlage für einen traditionellen Snack dar: „Küüslauguleivad“ – mit Knoblauch eingeriebene, frittierte Schwarzbrotstücke. Dazu wird ein Dipp aus Saurer Sahne und Knoblauch gereicht. Macht sich gut zum Bier, solange am nächsten Tag kein Zahnarztbesuch ansteht.
Kiluvõileib
Fischbrötchen auf Estnisch. Man nehme eine Scheibe Schwarzbrot, ein Salatblatt, einen Fisch, ein Ei und Zwiebelringe. Fertig.
Brot+Salat+Fisch+Ei+Zwiebel=Kiluvõileib
Kali
Estnische Version von Kvass, einem fermentierten Brotgetränk. Klingt merkwürdig und tatsächlich scheiden sich hier die Geschmäcker. Wer Malzbier mag, sollte Kvass zumindest eine Chance geben.
Kissel
Mit Stärke angedickter Beerensaft, erinnert ein bisschen an Rote Grütze. Trägt nicht ohne Grund das englische Wort „kiss“ im Namen. Die Süßspeise ist nämlich wirklich zum Verlieben, vor allem, wenn sie warm und mit Vanillesoße gereicht wird.
Übrigens ist mir schleierhaft, warum fast alle estnischen Delikatessen mit „K“ beginnen. Aber es gibt ja auch noch Vana Tallinn (klebrigsüßer Likör), „verivorst“ (Blutwurst) und „mulgikapsas“ (in Schmalz gebratener Kohl) für die, die es mögen.
Info für Vegetarier
Auch wenn die traditionelle estnische Küche recht fleisch- und fischlastig ist, müssen Vegetarier in Estland nicht hungern. Tofu, Sojamilch und Co. finden sich in allen Supermärkten. Außerdem gibt es in Tallinn mehrere Biomärkte, die vegetarische und vegane Ersatzprodukte im Sortiment haben. Allerdings liegen die Verkaufspreise deutlich über dem deutschen Niveau. Auch die estnische Gastronomieszene hat sich dem Trend der Zeit angepasst, sodass der Latte Macchiato problemlos in Sojamilchversion bestellt werden kann. In Tallinn finden ihr zudem ein wunderbares veganes Restaurant, dass auch in der omnivoren Bevölkerung sehr beliebt sind: Das Vegan Restoran V
Günther
13. Juni 2019
Wo kann man in Deutschland Kama -Pulver kaufen?