24. Februar 2024
Vor knapp einem Monat bin ich für mein Auslandssemester nach Spanien gezogen. Für mich war es ein Schritt in eine neue Welt: Neue Uni, neue Wohnung, neue Gewohnheiten, neue Freunde. Heute erzähle ich dir, was ich in meinen ersten Wochen nach der Ankunft bereits erlebt habe und wie ich in meiner neuen Heimat Anschluss gefunden habe.
Semesterferien gab es für mich diesen Winter nicht. Nachdem ich meine letzten Prüfungen in Lübeck geschrieben hatte, startete für mich direkt das neue Semester in Bilbao. Gleichzeitig musste ich noch mein neues Leben hier organisieren sowie meine Kurse an der Uni wählen. Und weil es im Auslandssemester nicht nur ums Lernen geht, standen zusätzlich viele weitere Veranstaltungen auf dem Tagesplan. Die haben sich oft sehr anstrengend angefühlt und es gab Tage, an denen ich mir eine längere Pause zwischen den beiden Semestern gewünscht habe.
Die Universität des Baskenlandes
Die Universidad del País Vasco (kurz UPV) ist die größte von drei Hochschulen und die einzige öffentliche Universität in Bilbao. Über 45.000 Studierende sind an ihr eingeschrieben, und es gibt im ganzen Baskenland viele Standorte. Bei der Kurswahl für dein Learning Agreement solltest du daher darauf achten, wo du deine Kurse wählst, um nicht am Ende weite Strecken pendeln zu müssen. Ich habe es mir einfach gemacht und belege alle Module an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften. Diese liegt zentral in Bilbao am Stadion San Mámes.
Der Alltag in der Uni
Meinen Stundenplan zu erstellen, war eine Sache. Ihn einzuhalten, eine ganz andere Herausforderung, denn viele meiner Kurse überschneiden sich oder liegen sogar im selben Zeitfenster. Dadurch muss ich mich an einigen Tagen zwischen drei Vorlesungen entscheiden. Mittlerweile habe ich aber herausgefunden, welche Kurse ich gut nacharbeiten kann und in welchen ich lieber vor Ort anwesend sein sollte. Anwesenheit ist dabei ein wichtiges Stichwort, denn das Lehrsystem hier ist deutlich verschulter als an meiner Uni in Lübeck. In vielen Kursen gibt es regelmäßig Hausaufgaben und eine Anwesenheitspflicht, was das Kollidieren der einzelnen Module zu einer echten Herausforderung macht. Der persönliche Kontakt zu den Dozenten und dem International Office vor Ort ist dabei hilfreich. Viele kennen einen mit Namen und sind sehr hilfs- und kompromissbereit.
In etwa der Hälfte der Vorlesungen sitze ich mit einheimischen Studierenden in den Vorlesungen. In den anderen Fächern sind nur Erasmus-Studierenden, was daran liegt, dass ich nur englischsprachige Module belegt habe. Eine weitere Besonderheit des Studiums hier sind die Prüfungen. Statt einer Abschlussklausur am Ende gibt es bereits während des Semesters viele kleinere Tests und Abgaben, die alle zusammen meine Endnote ergeben. So werde ich zu meinem Glück gezwungen, bereits während des Semesters den Stoff zu lernen und ich merke schnell, ob ich im Unterricht mitkomme oder etwas verpasst habe. Das System fühlt sich allerdings weniger nach freiwilligem Lernen an und mehr wie Lernen in der Schule.
Das Leben vor Ort
So kalt, wie es während meiner Anreise noch war, so warm begrüßte mich Bilbao mit herrlichem Frühlingswetter. Fast zwei Wochen lang herrschten tagsüber Temperaturen von bis zu 20 Grad und blauer Himmel. Den häufig beschriebenen Regen bekam ich zunächst gar nicht zu Gesicht. Doch das hat sich inzwischen geändert. Für die umliegende grüne Natur bin ich jedoch gerne bereit, den Regen in Kauf zu nehmen. Die Sonne geht hier abends erst gegen 19 Uhr unter und selbst danach kann man an vielen Tagen noch lange draußen sitzen, was ich sehr genieße. Ich bin viel draußen herumgelaufen oder Fahrrad gefahren, um die Stadt zu entdecken. Schon allein das Wetter gibt der Stadt viel Lebensqualität.
Tipp: In Bilbao gibt es einen Fahrradleihdienst namens „BilbaoBizi“, für den man sich als Bewohner anmelden kann. Die Registrierung kostet einmalig 20 Euro. Danach kannst du an den Ausleihstationen, die in der ganzen Stadt verteilt sind, E-Fahrräder kostenlos ausleihen und nutzen. Auf diese Weise konnte ich mir den Kauf eines Fahrrads sparen.
Dank meines Autos konnte ich bereits zahlreiche Ausflüge machen, an verschiedenen Stränden surfen und die bergige Natur im Baskenland genießen. Besonders beeindruckend finde ich, wie schnell ich von Bilbao in der Natur bin: Berge, Strände und sogar eine Wüste sind gar nicht weit entfernt.
Apropos Auto
Die Innenstadt in Bilbao ist sehr fußgänger- und fahrradfreundlich. Parkgebühren hingegen sind kaum bezahlbar. Weil ich mein Auto nicht außerhalb an einem kostenlosen Parkplatz parken möchte – auch angesichts der Berichte über Einbrüche in Autos, von denen ich bereits einen miterlebt habe – habe ich mich kurz nach meiner Ankunft um einen Platz in einer Tiefgarage gekümmert.
Die Größe der Stadt gefällt mir sehr gut. Alles ist gut zu Fuß oder per U- oder S-Bahn erreichbar. Es gibt viele schöne Ecken und die Innenstadt ist sehr fußgänger- und fahrradfreundlich. Dazu kommen viele Parks und Grünanlagen in der Stadt, in denen ich gerne Zeit zwischen Vorlesungen oder abends mit Freunden verbringe. Meine Wohnung dagegen gefällt mir nur mittelmäßig. Die Lage ist der größte Pluspunkt. Sie liegt zentral im Stadtteil Indautxu und ich bin in zehn Minuten an meiner Uni oder an den belebten Orten der Stadt. Das WG-Leben hingegen bin ich merklich nicht mehr gewohnt und ich habe es auch nicht wirklich vermisst. Aber das kann ja auch eine lehrreiche Erkenntnis aus dem Auslandssemester sein.
Freunde finden in der Ferne
Im Vorhinein habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, ob und wie leicht ich in Bilbao Anschluss finden würde. Von meinem Studiengang bin ich der einzige aktuell in Bilbao. Bei vielen Erasmus-Studierende ist das anders. Sie sind zu zweit oder dritt angereist und haben damit von Beginn an ein Netzwerk. Aber ich finde, das kann auch ein Nachteil sein. Sie müssen nicht aus ihrer Komfortzone herauskommen, um andere Studierende kennenzulernen und bleiben am Ende vielleicht immer mit den gleichen Personen zusammen. Meine Bedenken wurden schnell widerlegt dank der Erasmus-Organisationen vor Ort. Fast täglich werden Partys, Ausflüge oder Events angeboten. Über diese habe ich schnell neue Leuten getroffen, mit denen ich die Stadt erkunden konnte. Und auch über das Surfen habe ich schon viele Freunde kennengelernt, mit denen ich inzwischen auch außerhalb der organisierten Events etwas unternehme.
Nach den ersten Wochen wurden mir die vielen Möglichkeiten, Veranstaltungen und Partys sogar eher zu viel. Ich hatte das Gefühl, dass meine „soziale Batterie“ aufgebraucht war und ich habe wieder mehr Zeit für mich eingeplant und habe auch Dinge allein unternommen. Mittlerweile habe ich einen guten Mix aus sozialen Aktivitäten und ruhigeren Tagen für mich gefunden.
Angekommen im Alltag
Nach der stressigen Anfangsphase finde ich langsam meinen Alltag und kann sagen: Ich bin sehr gut angekommen. Trotzdem erlebe und lerne ich weiterhin jeden Tag neue Dinge – auch über die baskische Kultur. Ich freue mich, euch demnächst mehr dazu zu erzählen.
Bis Dann,
Frederik