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Mein Leben im Kopenhagener Lockdown


Seit sechs Wochen lebe ich nun schon im Kopenhagener Lockdown. Die Zeit verging wie im Flug. Es kam noch keine Langeweile auf und ich erlebe täglich neues. Wie mir das gelingt und warum auch ich das Spazierengehen für mich entdeckt habe, erkläre ich euch hier.

Ich war zwar aufgrund der Pandemie die meiste Zeit Zuhause. Trotzdem habe ich das Gefühl, viele neue Eindrücke gewonnen zu haben und dem Trott in Berlin erfolgreich entflohen zu sein.

Was mache ich den ganzen Tag?

Mein Tag ist zwar sehr routiniert und wenig abwechslungsreich. Trotzdem oder vielleicht deswegen schätze ich die kleinen täglichen Highlights umso mehr. Ich habe momentan keine Fahrtwege zur Uni oder zum Sprachkurs, die ich einrechnen muss. Das gibt mir den Luxus, auch mal später aufstehen zu können  oder einen Kaffee mehr im Bett zu trinken. Ich starte direkt viel entspannter in den Tag. Ich habe momentan auch viel Glück mit dem Wetter in Kopenhagen. Es ist wirklich ein wunderschöner Winter. Die Sonne scheint sehr oft. Normalerweise lässt sie sich eher selten blicken im Februar. Daher gehe ich oft mit Freunden oder meinem Freund schon mittags an die frische Luft. Mit einem warmen Kaffee in der Hand genießen wir die Sonne und gehen entweder im Park oder entlang der zugefrorenen Seen spazieren. Man tankt neue Energie und gute Laune. Zu Hause feuern wir dann den Kamin an und wärmen uns wieder auf. Natürlich muss ich dann abends etwas länger arbeiten. Trotzdem bleibt oft noch Zeit, mit Freunden gemütlich zusammenzusitzen. Entweder treffen wir uns zum Pizza bestellen und Karten spielen in kleiner Runde (nach den Corona-Regeln hier maximal zu fünft). Oder ich telefoniere mit Freunden aus der Heimat oder meiner Familie. Ich habe auch bereits an einem Zoom-Kochabend teilgenommen, der von Freunden aus Deutschland organisiert wurde. Normalerweise könnte ich nicht an Kochabenden in Deutschland teilnehmen im Moment. Aber da es eine Online-Veranstaltung ist, war ich aus der Ferne dabei. Man kann anschließend sogar zusammen essen.

Klar vermisse ich es, feiern zu gehen, sich in eine vollgestopfte Bar zu schieben, einfach in Vorlesungen zu sitzen oder ohne schlechtes Gefühl mit anderen Menschen in der U-Bahn zu stehen. Aber momentan ist mein Leben hier eher gemütlich, was ich sehr genieße. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als Hyyge zu praktizieren, eigentlich super! Man kann sich mit neuen Bekanntschaften nur in kleiner Runde treffen. Daher sitzt man zusammen auf der Couch und quatscht den ganzen Abend anstatt auf einer überfüllten Party zu tanzen. Dadurch lerne ich natürlich weniger Leute kennen aber die wenigen dafür umso besser. Ich habe jetzt schon das Gefühl, Freunde gefunden zu haben, die mich auch nach meinem Erasmus-Semester noch begleiten werden.

Warum ist Leben im Lockdown hier anders als in Deutschland?

Grundsätzlich ist der Lockdown in Dänemark ähnlich wie in Deutschland. Trotzdem wohne ich in einer neuen Wohnung und habe eine andere Umgebung um mich. Ich bin meinem täglichen Trott, den ich in Berlin hatte entflohen. Ich entdecke ständig neues in meiner Umgebung.

Dann ist da noch die neue Sprache. Ich bin täglich von einer für mich fremden Sprache umgeben. Mittlerweile verstehe ich dank meiner Sprachkurse schon einiges. Es ist immer wieder ein kleines Erfolgserlebnis für mich, wenn ich einen Kaffee auf Dänisch bestelle. Ich sehe es als Challenge, so viel Dänisch zu reden wie möglich. So wird ein sonst langweiliger Einkauf im Supermarkt zum Erlebnis. Außerdem musste ich auch aus meiner Komfortzone treten, um neue Freunde zu finden. Man wird momentan nicht einfach zu einer coolen Party eingeladen und trifft nicht haufenweise internationale Studierende. Ich hatte auch keine Einführungswoche an der Uni und konnte so auch nicht bei lustigen Spielen neue Leute kennenlernen. Und auch Sportkurse, wo man sonst eigentlich immer Leute kennenlernt, finden gerade nicht statt. Also musste ich mehr Initiative zeigen und auch mal kreativ werden.

Wie ihr merkt sind es die kleinen alltäglichen Dinge, die mein Leben hier von dem in Deutschland unterscheiden. Ich entdecke täglich Neues und lerne viel dazu. Ich kann jetzt schon sagen, dass mich mein Erasmus-Semester sehr bereichert. Das liegt vor allem daran, dass ich nicht den „üblichen“ Ablauf eines Erasmus-Semesters erlebe. Niemand weiß hier so genau, wann und ob wir dieses Semester wieder Präsenzunterricht haben. Alle müssen sich auf die neue Situation einstellen. Ich stehe in Kopenhagen vor Herausforderungen, die ich nicht vorhersehen konnte. Vor der Pandemie war es selbstverständlich, neue Leute kennenzulernen oder durch das Land zu reisen während des Erasmus-Aufenthalts. Das ist momentan nur sehr eingeschränkt möglich. Aus diesem Grund lerne ich gerade, was einen Auslandsaufenthalt wirklich ausmacht. Man bekommt die Möglichkeit, seine gewohnte Routine zu hinterfragen und einfach mal was anderes auszuprobieren. Daher freue ich mich schon sehr auf die nächsten Monate, die mir in Kopenhagen noch bevorstehen. Wenn nur die Zeit nicht so rennen würde…

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