25. August 2016
Als Deutsche kann ich ohne Visum nach Kasachstan einreisen. Das kleine Problem dabei: Ich muss nach 15 Tagen das Land wieder verlassen. Ich plane zwar während meiner Zeit in Almaty Kirgistan zu besuchen (ich hörte bereits mehrere Leute vom Yssykkölsee und den Basaren von Bischkek schwärmen), aber ich möchte nicht jedes zweite Wochenende dort verbringen! Wie es mir gelungen ist, ein kostenloses einjähriges kasachisches Visum zu bekommen, erzähle ich hier.
Nachdem feststand, dass ich im September nach Kasachstan gehe, informiere ich mich zunächst auf der Internetseite der kasachischen Botschaft. Dort erfahre ich, dass ich wahrscheinlich ein Arbeitsvisum brauche. Um dieses zu beantragen, brauche ich laut Homepageinformationen:
- einen mehr als 3 Monate gültigen Reisepass
- 170 Euro Bearbeitungsgebühr
- ein Antragsformular
- ein biometrisches Passfoto
- eine offizielle Einladung meines Arbeitgebers mit einer Referenznummer vom kasachischen Außenministerium
- ein offizielles Schreiben, das erklärt, was ich in Kasachstan wie lange machen will (Empfehlungsschreiben)
Reisepass
Da mein alter Reisepass nur bis Juni 2016 gültig ist, führt mein erster Weg zum Stadtbüro in Marburg. Dort beantrage ich gegen eine Gebühr von 59 Euro einen neuen. Dafür muss ich nur meinen Personalausweis und ein biometrisches Passfoto mitbringen. Sehr praktisch finde ich, dass ich die Nummer des neuen Reisepasses sofort bekomme und schon in meine Visumsanträge bspw. eintragen kann. Außerdem werde ich per E-Mail informiert, wann ich den neuen Pass abholen kann. Nach genau zwei Wochen ist er fertig. Zur Abholung muss ich meinen alten Pass mitbringen und zusehen, wie er ungültig gestempelt und vor meinen Augen verstümmelt wird. Dann darf ich beide Dokumente mitnehmen.
170 Euro Bearbeitungsgebühr
Vom DAAD erhalte ich netterweise die Kontaktdaten von zwei meiner Vorgänger_innen in Almaty. Mit dem einen spreche ich über Skype, die andere, die bereits seit einem Jahr wieder in Deutschland ist, treffe ich in Berlin. Dabei kann ich alles fragen, was mich beschäftigt – und das ist, neben Fragen der Wohnungssuche und der Freizeitgestaltung, auch das Thema Visum.
Dabei erhalte ich einen entscheidenden Tipp: Mit einem zusätzlichen Schreiben des DAAD, das auf Abkommen zur kulturellen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kasachstan verweist, ist es möglich die Visumsgebühren erlassen zu bekommen. Mit einer E-Mail an meine Ansprechpartner_innen in Bonn bekomme ich dieses Schreiben und lege es meinen Visumsunterlagen bei. Jetzt heißt es hoffen, dass das funktioniert.
Die Referenznummer und das Empfehlungsschreiben
Diese Unterlagen brauche ich direkt aus Almaty. Deswegen nehme ich am 22. Mai Kontakt zu meinen zukünftigen Kolleg_innen vor Ort auf. In einem freundlichen und schnellen E-Mailwechsel (auf Deutsch, welche Freude), werde ich gebeten, einige Unterlagen nach Kasachstan zu mailen:
- einen Farbscan meines Reisepasses
- den von mir unterschriebenen Arbeitsvertrag (den ich erst einige Wochen später erhalte)
- meine Präferenz bei welchem kasachischen Konsulat in Deutschland ich das Visum abholen möchte
- meine Meldeanschrift
Mit diesen Unterlagen können meine Kolleg_innen in Almaty beim kasachsichen Außenministerium die Referenznummer beantragen und beim deutschen Generalkonsulat in Almaty um das Empfehlungsschreiben bitten. Da dies nur 1-2 Wochen dauert, bin ich zu diesem Zeitpunkt ganz beruhigt, dass mein Visum pünktlich fertig sein wird.
Der Arbeitsvertrag
So richtig in Gang war der Visumsprozess allerdings noch nicht. Es hing an der Universität, die mit dem Arbeitsvertrag auf sich warten lies. Am 5. Juni erreicht mich dieser dann per Mail. Beim ersten Lesen verstehe ich gar nichts, denn er ist komplett auf Russisch. Aber nachdem ich ein Wörterbuch und einen russischsprechenden Freund konsultiert habe, komme ich zu dem Schluss, dass hier vage meine Tätigkeit als Sprachassistentin an der Uni beschrieben wird. Alles gut also. Ich unterschreibe den Vertrag und sende ihn am nächsten Tag zurück. Wahrscheinlich kann ich in zwei Wochen nach Berlin fahren und mein Visum abholen, denke ich. Doch es kommt anders.
Der Apostillenschock
Kurz drauf erreicht mich eine weitere E-Mail aus Almaty. Mir wird mitgeteilt, dass nach Prüfung meiner Unterlagen die vorliegenden Zeugnisscans meiner Staatsexamensszeugnisse* nicht ausreichen und sowohl eine Apostille, als auch eine russische Übersetzung der Dokumente notwendig ist. Was eine Apostille ist, muss ich erstmal googeln. Dieses Wort habe ich noch nie gehört.
Es stellt sich heraus, dass eine Apostille eine Art Echtheitszertifikat für Zeugnisse ist. Wie bei einem Gemälde eine Urkunde vermerkt, dass es sich um das Original handelt, so kann auch für Zeugnisse ein solcher Zettel angefertigt werden, der die Echtheit bestätigt. Wer das Recht hat, solche Zettel auszustellen, und was das kostet, erfahre ich ebenfalls nach kurzer Recherche. Da ich in Hessen studiert habe, entscheide ich mich die Apostille beim Generalkonsulat Gießen zu beantragen. Außerdem überzeugt mich deren Homepage. Sie schreiben, dass Apostillen „meist dringend“ sind – Recht haben sie!
Auf meine erste E-Mail-Anfrage bekomme ich zunächst die Antwort, dass die Mitarbeiterin im Urlaub ist und ich mich an ihren Kollege wenden möge. „Oh nein, was wenn alle im Urlaub sind und mein Visum deshalb nicht rechtzeitig fertig wird?“ denke ich täglich vor dem Einschlafen. Als der Kollege auch am nächsten Tag nicht antwortet, rufe ich in Gießen an. Ich erfahre, dass ich für eine Apostille meine Originalzeugnisse per Einschreiben nach Gießen schicken muss, zusammen mit einem Antragsformular und einer Vorbeglaubigung der Uni. Wo ich diese genau bekomme, kann er mir leider nicht sagen.
Da telefonieren gerade so gut geklappt hat, beschließe ich bei der Uni anzurufen. Dort werde ich darauf hingewiesen, dass Lehramtsstudierende ihre Zeugnisse nicht von der Philipps-Universität Marburg erhalten, sondern von der hessischen Lehrkräfteakademie. Darauf hätte ich auch direkt kommen können, schließlich hat deren Chef Herr Aßmann mir mein Zeugnis überreicht UND darauf unterschrieben. Als ich dann dort anrufe, begegnet mir Erstaunen: „Was für eine Vorbeglaubigung? Wir helfen Ihnen gerne, aber Sie müssen uns erklären wie. Am besten, Sie kommen mal mit Ihrem Zeugnis am Vormittag vorbei, wenn Herr Aßmann im Haus ist.“ Leider wohne ich nicht mehr in Marburg und arbeite auch jeden Vormittag, sodass dies nicht so leicht zu bewerkstelligen ist. Ich schreibe also eine Vollmacht für einen Freund in Marburg und beschließe ihm mein Zeugnis zu schicken. Tag für Tag verfließt wertvolle Zeit und meine Angst, das Visum nicht rechtzeitig abholen zu können, nimmt zu.
Am nächsten Morgen wieder per Mail eine neue Überraschung. Der Kollege vom Generalkonsulat in Gießen antwortet plötzlich auf meine erste Mail. An die hatte ich Scans meiner Zeugnisse angehängt. Die Unterschrift von Herrn Aßmann sei im Generalkonsulat Gießen bekannt und ich könne ihm meine Zeugnisse direkt schicken. Das sind gute Nachrichten! Noch am selben Tag gebe ich das Einschreiben mit meinen Zeugnissen auf.
Am 18. Juli erhalte ich die Zeugnisse mit Apostille zurück. Ich scanne sie sofort ein und maile sie nach Kasachstan. Die Kosten für die Apostille betragen 18 Euro – pro Zeugnis. Da ich zwei Zeugnisse habe, beläuft sich die Rechnung auf 36 Euro. Die Übersetzung ins Russische lassen meine Kolleg_innen in Almaty zum Glück vor Ort machen, so bleibt mir die Suche nach einem offiziell anerkannten Übersetzungsbüro erspart. Jetzt heißt es wieder warten.
Es wird knapp
Meine Tätigkeit als Sprachassistentin in Kasachstan beginnt zwar erst am 1. September 2016, aber ich habe vor, auf dem Landweg nach Kasachstan zu fahren und Deutschland bereits am 8. August zu verlassen. Alle Tickets sind gekauft, mein russisches Visum habe ich längst über einen Visumsdienst beschaffen lassen und den Plan, selbst nach Berlin zu fahren, um das Visum abzuholen, habe ich mir aus dem Kopf geschlagen. Es ist zu schwer vorhersehbar, wann genau „es losgeht“ und Berlin liegt 3 Stunden mit dem Auto von meinem aktuellen Wohnort entfernt. Dafür müsste ich mir insgesamt zwei Tage freihalten.
Für nur 15 Euro übernimmt ein Visumsdienst den Weg zum kasachischen Konsulat für mich. Meinen Pass und alle Unterlagen – das Antragsformular für das kasachische Visum, ein biometrisches Passfoto, das Schreiben vom DAAD – habe ich bereits Wochen vorher nach Frankfurt geschickt. Es fehlen: die Unterlagen aus Kasachstan. Jetzt ruft mich regelmäßig eine Frau vom Visumsdienst an und fragt nach, wann ich ihr die Referenznummer und das Empfehlungsschreiben schicken werde. Leider weiß ich das nicht. Die Ausstellung des Visums durch das Konsulat könne bis zu 10 Tage dauern! Oje, die Zeit rennt.
Die langersehnte Mail
Am 28. Juli bekomme ich die langersehnte E-Mail mit der Einladung und dem Empfehlungsschreiben des deutschen Generalkonsulats in Almaty. Bevor ich diese E-Mail überhaupt entdecke, klingelt mein Handy und meine Kollegin aus Almaty ist am Telefon. Sie ist erfreut, dass die Unterlagen endlich da sind und hofft dass unsere zukünftige Zusammenarbeit sich entspannter gestalten wird. Vor allem möchte sie mir aber persönlich sagen, dass leider gleich drei kleine Unstimmigkeiten in diesen wichtigen Dokumenten auftauchen:
- Das genaue Datum für die Visumsdauer ist völlig anders, als zunächst vereinbart.
- Meine alte Adresse in Marburg und nicht meine aktuelle Meldeanschrift wurde verwendet.
- Der Abholort ist Berlin und nicht, wie von mir mit dem Visumsdienst vereinbart Frankfurt.
Um die Dokumente neu zu beantragen, müssten alle Unterlagen nochmal eingereicht und wieder 10 Tage Wartezeit eingeplant werden. Soviel Zeit habe ich nicht mehr. Deshalb beschließen wir, es so zu versuchen.
9 Tage vor geplanter Abreise sind meine Unterlagen beim Konsulat, mit drei „kleineren Fehlern“. Jetzt heißt es hoffen. Auf der Rechnung vom Visumsdienst, die ich, bevor ich meinen Pass zurückerhalte, begleichen muss, wird direkt eine Pauschale für Eilversand berechnet. Das Risiko der deutschen Post noch die Chance zu geben, die Lieferung meines Passes zu verzögern, gehe ich nicht ein.
Fazit
Am 3. August, weniger als 1 Woche vor Start meiner Reise, aber doch weniger knapp als in meinen schlimmsten Befürchtungen, bekomme ich Post. In meinem neuen Reisepass, der noch nie das Land verlassen hat, kleben jetzt ein kasachisches und ein russisches Visum. Die „kleineren Ungereimtheiten“ bei meinen Unterlagen wurden zum Glück vom Botschaftspersonal großzügig übersehen.
Das war spannend und hat deutlich länger gedauert als zunächst gedacht. Die Kosten (abgesehen von meinen Nerven) lagen unter den auf den ersten Blick geschätzten 170 Euro. Wenn ich alle Kosten zusammenrechne (neuer Pass, Apostille, Visumsdienst, Eilversand) habe ich für mein Visum 125 Euro investiert.
Jonas
15. Juni 2017
Hey, vielen Dank für das Teilen deiner Erlebnisse. Ich spiele nämlich ebenfalls mit dem Gedanken, ein Auslandsjahr neben meinem Studium zu machen und bin zur Zeit mit der Planung beschäftigt.
Mit besten Grüßen
Jonas