27. Februar 2023
Einfach mal etwas wagen und mutig sein. Warum mir das gar nicht so einfach gefallen ist, viele Tränen vergossen habe und ich am liebsten sofort wieder in den nächsten Flieger nach Hause gestiegen wäre, erfahrt ihr in diesem sehr persönlichen Blogbeitrag.
Wieso, weshalb, warum?
Meine ersten Tage in Amman habe ich mir etwas anders vorgestellt. Ich habe mir viele Fragen gestellt. Warum denn Jordanien? Warum nicht einfach Erasmus in Griechenland? Wieso, weshalb, warum überhaupt ein Auslandssemester? Warum fühle ich mich so allein? Viele Fragen, die mich als Overthinkerin oft in den Wahnsinn treiben und mir die ein oder andere Situation dramatischer erscheinen lassen.
Zwar wusste ich, dass diese Erfahrung für mich sehr herausfordernd wird, trotzdem hätte ich am zweiten Tag am liebsten meine Sachen gepackt und wäre nach Hause gefahren.
Die ersten Tage
In den ersten Tagen musste ich erst mal ankommen. Ich hatte noch nicht ganz realisiert, dass das jetzt hier mein Zuhause für die nächsten 4 ½ Monate sein wird. Alles war so neu und aufregend und ehrlich gesagt fühlte ich mich etwas verloren. Ich habe die Umgebung erkundet, meine Uni besucht, versucht meine Kurse zu wählen und herauszufinden, wie der Semesterplan aussieht.
Alles nicht so einfach, da zu Beginn nicht klar war, welche Kurse ich denn überhaupt belegen kann und der Semesterplan auf Arabisch ist. Ich bin die einzige internationale Studentin, die an meiner Fakultät Fachkurse belegen wird und generell eine der wenigen Exchange Studis, die vor Ort Kurse belegen kann. Glücklicherweise werden für meinen Master auch Kurse auf Englisch angeboten werden. Die meisten anderen Internationals sind jedoch am Language Center und belegen einen Arabisch-Intensivkurs.
Der Sprachkurs hat bereits begonnen, während meine Kurse erst am 26. Februar gestartet sind. Das machte es umso schwieriger Leute kennenzulernen, da ich eben nicht am Language Center bin. Ich habe zwar versucht, in Kontakt mit den anderen Internationals zu treten, aber irgendwie gestaltete sich das schwieriger als gedacht. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht wirklich dazu gehöre, weil ich nicht in den Sprachkursen bin und sich dort bereits Gruppen gebildet hatten. Außerdem wohnen die meisten Internationals rund um den Campus, während ich eher weiter weg in Jabal Al-Weibdeh lebe. Es ist schon eine größere Distanz, die jede Fahrt zur Uni zu einer kleinen Reise macht.
Normalerweise gibt es für Internationals Orientation Weeks, in denen sie die Gelegenheit bekommen, andere Internationals kennen zu lernen. An meiner Uni wird jedoch leider keine angeboten.
Ich habe also bereits an meinem zweiten Tag gemerkt, dass ich eher auf mich allein gestellt bin. Das löste in mir ein bisschen Panik aus und ich habe mich sehr allein gefühlt.
Zwischen Heimweh und Alleinsein
Es ist kein schönes Gefühl, allein zu sein. Dementsprechend telefonierte ich dreimal täglich mit meiner Mama, schreie mit meinen Geschwistern und Freund*innen. Ich habe viel geweint. Alle sagen mir, dass es super werden wird und das ich am zweiten Tag nicht zu viel erwarten darf. Ich könne nicht damit rechnen, dass ich direkt einen riesigen Freundeskreis haben werde. Hinzu kommt, dass hier alles neu für mich ist, die Organisation an der Uni etwas chaotisch und es superkalt in meiner Wohnung war. Ja richtig gehört: Es ist kalt. Damit habe ich anfangs überhaupt nicht gerechnet. So langsam wird es zwar tagsüber immer wärmer, nachts ist es weiterhin wirklich kalt. Hinzu kommt, dass die Häuser sehr schlecht isoliert sind, sodass ich mit fünf Decken, zwei Hosen, einem T-Shirt, einem Pulli und einer Wärmflasche schlafe und immer noch friere. Dass ich solches Heimweh haben werde, damit habe ich niemals gerechnet.
Das Glück selbst in die Hand nehmen
Meine Mama hat mich motiviert, auf eigene Faust etwas zu unternehmen. So habe ich mich dazu entschieden, mir kleine Ziele zu stecken. Da ich von hier aus meinen Werksstudierenden-Job weiter ausübe, habe ich mir eines der Cafés in Amman gesucht. Ich habe ein schönes Café mit einer atemberaubenden Aussicht gefunden: das Bait Baladna. Dort saß ich dann den ganzen Tag und arbeitete. In Cafés fühle ich mich nicht mehr so ganz allein und ich bin tatsächlich auch auf andere Deutsche getroffen, die mich dann mit anderen in Amman zusammengebracht haben.
Außerdem tausche ich mich immer wieder mit einigen der anderen Correspondents aus, vielen von ihnen erging oder ergeht es genauso. Die, die schon länger im Ausland sind, haben mir versichert, dass es mir bald besser gehen würde. An dieser Stelle muss ich einmal sagen, wie dankbar ich für dieses Netzwerk an Correspondents bin. Ich liebe es, wie wir uns gegenseitig unterstützen, auch wenn wir uns so gut wie gar nicht kennen.
Ebenso bin ich dankbar für meine Familie und Freund*innen, die ich sehr vermisse, mich aber trotz der Entfernung bei allem unterstützen und immer für mich da sind.
Es wird!
Nach und nach lerne ich immer mehr Menschen kennen und entdecke die Stadt. Amman hat so viel zu bieten, es ist so bunt und lebendig, dass ich diese Stadt immer mehr mag. Nicht falsch verstehen, von Anfang an habe ich es hier gemocht und gerade die Jordanier*innen sind lieb und hilfsbereit, aber gegen das Gefühl von Alleinsein und Heimweh kommt sehr wenig an. Aber es wird!
Ich habe mir immer und immer wieder vor Augen geführt, warum ich das hier mache. Meine Ziele vor Augen zu haben, hat mir wahnsinnig geholfen.
In dieser Woche startet dann auch für mich die Uni. Ich bin super gespannt, da ich die einzige internationale Studentin an meiner Fakultät sein werde. Ich bin aufgeregt und freue mich auf das jordanische Studierendenleben. Dazu dann bald mehr.
Auch wenn am Anfang alles schwer, neu und unbekannt für dich sein wird, lass den Kopf nicht hängen. Geh raus, trau dich auf Leute zu zugehen, erkunde die Stadt für dich selbst. Es wird sich definitiv lohnen! Deine Familie und Freund*innen werden auch trotz der Entfernung für dich da sein. Und vor allem: habe etwas Geduld! Es wird schon!
Teja <3