7. März 2021
In vorangegangenen Blogposts habe ich meine (zu dem Zeitpunkt nicht existierenden) Niederländisch-Kenntnisse schon thematisiert. Hier möchte ich heute von meinem Fortschritt berichten.
Als ich vor einem halben Jahr nach Groningen in die Niederlande gezogen bin, habe ich mir fest vorgenommen, Niederländisch zu lernen. Voller ambitionierter Vorsätze habe ich schon vor Studienbeginn einen Sprachkurs belegt. Diese werden kostenlos für internationale Studierende von der Uni angeboten. In meinem Kopf habe ich mir vorgestellt, wie ich nach einem halben Jahr fließend ohne Akzent sprechend durch die Straßen ziehen würde. Pustekuchen. Die mühsam gelernten Wörter und Grammatik waren nach wenigen Wochen wieder vergessen. Durch die Straßen gezogen bin ich natürlich auch nicht.
In meinem Studiengang ist es Pflicht, eine Fremdsprache zu wählen. Da habe ich die Gelegenheit doch direkt am Schopf gegriffen und mich für Niederländisch eingeschrieben. Seit zwei Monaten tingele ich jetzt wieder fleißig zwei Mal die Woche zum Unterricht. Wobei „tingeln“ vielleicht das falsche Wort ist. Mich von meinem Bett die zwei Meter zum Schreibtisch schleppen, trifft es wohl eher. Es ist also Zeit für das erste Zwischenfazit:
Das läuft gut
Jeder Mensch, der die deutsche Sprache beherrscht, wird feststellen: Niederländisch ist dem Deutschen gar nicht mal so unähnlich. So geht es auch mir. Viele Wörter gleichen sich. Das macht das stumpfe Vokabellernen um einiges einfacher. Mir fallen auch immer wieder Ähnlichkeiten zum rheinländischen Dialekt auf. Niederländisch ist dem Hochdeutsch ähnlich, aber dem Platt vielleicht noch ähnlicher. Auch Wörter, die nicht ganz der deutschen Übersetzung entsprechen, machen trotzdem oft Sinn. „Wichtig“ heißt zum Beispiel „belangrijk“. Das hört sich in meinen Ohren sehr nach dem deutschen Wort belangreich an. Sinngemäß würde ich das natürlich nicht verwenden. Mir fällt es in diesen Fällen aber trotzdem leicht, eine Verbindung zu erkennen. Wenn mir ein Wort im Unterricht nicht einfällt, probiere ich es auf gut Glück mal mit dem Deutschen und versuche, es Niederländisch klingen zu lassen. Das klappt auch relativ häufig.
Der Satzbau
Was Deutschsprachigen vor allem entgegenzukommen scheint, ist der ähnliche Satzaufbau. Im Englischen würde man zum Beispiel folgenden Satz sagen: „I live in Groningen now.“ Ins Deutsche übersetzt würde dieselbe Satzstruktur allerdings komisch klingen. „Ich wohne in Groningen jetzt“ könnte man vielleicht noch so sagen, aber schreiben würde man es auf keinen Fall. Die niederländische Satzstruktur ist (bis jetzt) ähnlich der Deutschen. Menschen, deren Muttersprache nicht germanischen Ursprungs ist, scheint das schwerzufallen. So klang es zumindest im Unterricht. Mein Lehrer hakte das Thema nämlich nach fünf Minuten ab mit einem lockeren: „Ja, und das ist eins der schwierigsten Dinge, die ihr lernen müsst.“ Wir fliegen also wirklich ein wenig durch den Unterricht. Auch mein Mitbewohner hat mir bestätigt, dass die Satzstellung sehr schwierig zu erlernen ist. Glück gehabt also, dass sich die beiden Strukturen so gleichen.
Das läuft nicht so gut:
Es ist ja schön und gut, dass sich die beiden Sprachen so ähneln. Aber letzten Endes sind es eben doch zwei unterschiedliche Sprachen. Und Wörter, die halt eben doch komplett anders sind, fallen mir schwer im Kopf zu behalten.
Mein Lehrer meinte in einer Unterrichtsstunde, dass Deutschsprachige trotz der Ähnlichkeiten dazu tendieren, die englische Struktur auch im Niederländischen zu verwenden. Das ist mir bei mir auch schon aufgefallen. Und ganz gleich ist sie sowieso nicht. Meine niederländische Freundin hat zum Beispiel meinen Satz von „Het is belangrijk dat de persoon tijdig slapen gaat“ zu „Het is belangrijk dat de persoon tijdig gaat slapen“ korrigiert. (Übersetzt: Es ist wichtig, dass die Person pünktlich schlafen geht.) Es gibt also auch in der Satzstruktur Unterschiede. Was meine zugegeben naive Hoffnung zunichtegemacht hat, meine deutsche Grammatik überall anwenden zu können.
Es gibt relativ viele „false friends“. Ich komme bei den Fragewörter oftmals durcheinander. Wie ist das niederländische Wort für Wer und eben nicht für Wie. Das bedeutet nämlich hoe. Gleiches gilt bei einigen Verben. Mogen heißt zum Beispiel nicht mögen, sondern „dürfen“.
Der Unterricht
Was mir am Niederländisch-Unterricht besonders Spaß macht, ist, dass man relativ schnell Erfolge verzeichnen kann. Das hat nicht nur mit oben beschriebenen Ähnlichkeiten zu tun, sondern auch mit der Geschwindigkeit, in der wir die Sprache an der Uni lernen. Wir mussten direkt von Anfang an die Sprache aktiv beim Sprechen anwenden. Auch der Lehrer spricht fast ausschließlich Niederländisch mit uns. Es wird viel Eigeninitiative beim Lernen erwartet. Während wir in der Schule anfangs viel mit Verben-in-Lücken-einfüllen beschäftigt waren, mussten wir im Unterricht an der Uni von Stunde eins an Texte verfassen. Das ist aber auch wahrscheinlich auch die einzige Möglichkeit, wie sie uns von null auf ein B2 Sprachniveau in eineinhalb Jahren bringen können. Ich habe das Gefühl, dass mich diese Art des Unterrichts merkwürdigerweise selbstbewusster werden lässt. Im Supermarkt spreche ich die Mitarbeiter*innen auf Niederländisch an. Statt wie zuvor auf Englisch zu wechseln, wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich, ob sie sich bitte wiederholen könnten.
Wie ich in meiner Freizeit lerne
Neben dem Unterricht habe ich angefangen, alte Kinderfilme noch einmal auf Niederländisch anzuschauen. Bei Filmen wie „Camp Rock“ zum Beispiel könnte ich vermutlich immer noch einspringen, falls Demi Lovato es mal nicht zum Dreh geschafft hätte, so gut kenne ich die Texte noch. Das hilft natürlich, um die Filme zu verstehen und während des Anschauens auch aktiv dranzubleiben.
In Groningen stehen übrigens überall kleine Bücherschränke, aus denen man sich Bücher ausleihen kann. Da habe ich mir auch mal ein paar Kinderbücher mitgenommen, um mich noch ein bisschen mehr mit dem geschriebenen Niederländisch auseinanderzusetzen.
Ich kann es bis jetzt nur empfehlen, sich der niederländischen Sprache zu widmen. Ein paar Wörter vor dem Urlaub zu lernen lohnt sich sowieso immer. Dann könnt ihr eure Fritten beim nächsten Trip nach Corona vielleicht sogar auf Niederländisch bestellen.