8. August 2024
Meine letzten Wochen waren sehr spannend. Ich reise viel und bin praktisch ständig unterwegs. Doch ab und an brauche auch ich eine Pause. Die idealen Orte für ein wenig Ruhe in Japan verrate ich dir in diesem Beitrag.
Meinen ersten Aufenthalt in einem Onsenhotel, so werden die Hotels an den heißen Thermalquellen genannt, verbrachte ich eher zufällig. Ich buchte mir über Airbnb eine günstige Unterkunft im Osten Tokios für schlappe 20 Euro pro Nacht. Bei dem Hotel handelte es sich um ein Kapselhotel, welches ausschließlich Männern zur Verfügung steht. In einem Kapselhotel gibt es keine richtigen Zimmer, sondern kleine Kabinen. Diese sind sehr klein, die Decken niedrig und viel mehr als eine Matratze gibt es meist nicht. Für Toiletten, Waschbecken und Ähnliches gibt es Gemeinschaftseinrichtungen. In Japan gibt es diese Art von Hotels häufig, da sie Kostengünstig und platzsparend sind, gleichzeitig können aber viele Menschen übernachten.
Was ist ein Onsen?
Japanische Onsen sind heiße Thermalquellen, die traditionell zur Entspannung und Heilung genutzt werden. Häufig befinden sie sich in malerischen Naturumgebungen und bieten sowohl Innen- als auch Außenbäder. Viele heiße Quellen sind nach Geschlechtern getrennt. Das Baden in einem Onsen wird als entspannende und spirituelle Erfahrung betrachtet, die den Körper und Geist revitalisieren soll.
Dort angekommen realisierte ich schnell, dass in diesem Hotel wohl einige mir ungewohnte Regeln herrschen. Vor dem Beziehen meiner Kapsel bekam ich einen Pyjama gereicht und sollte meine Schuhe am Hoteleingang abgeben. Ich bekam einen kleinen Spind zugewiesen um meine Sachen dort einschließen zu können und sah um mich herum ausschließlich nackte japanische Männer. Welch eine ungewohnte Atmosphäre dachte ich. Etwas zögernd zog ich ihnen gleich und suchte nach der mir zugewiesenen Kapsel.
DieKapselhotels wurden Ende der 1970er Jahre im japanischen Osaka erfunden und erfreuen sich sowohl bei Einheimischen, als auch bei Touristen großer Beliebtheit.
Nachdem ich meine Klamotten verstaut hatte, machte ich mich auf den Weg in den Nassbereich der heißen Quelle. Japanische Onsenhotels haben jedoch einige Regeln, die streng befolgt werden sollten. Das Einhalten dieser Regeln ist unerlässlich und wird auch nochmal offen vom Hotel kommuniziert. Es gibt jedoch mittlerweile auch Ausnahmen, so fand ich bereits in mehreren Städten verschiedene Hotels, die auch tätowierte Besucher akzeptierten. Das wird dann meist ganz kreativ in großen Lettern bereits am Eingang angemerkt.
Regeln in japanischen Onsen:
- Reinigung vor dem Betreten des Bades: Bevor man das Onsen-Bad betritt, muss man sich gründlich duschen und waschen. In der Regel gibt es Duschen und kleine Hocker, wo man sich hinsetzen kann, um sich zu waschen.
- Keine Badebekleidung: Das Tragen von Badebekleidung ist nicht erlaubt, man betritt das Bad also nackt. Es gibt zudem separate Bereiche für Männer und Frauen.
- Keine Tattoos: Tattoos sind nicht erlaubt, da sie historisch mit der Yakuza (japanische Mafia) in Verbindung gebracht werden.
- Ruhe bewahren: Onsen sind Orte der Entspannung und Ruhe. Es ist wichtig andere Gäste nicht zu stören.
- Haare zusammenbinden: Lange Haare sollten nicht das Wasser berühren, vor allem für mich eine Herausforderung. 😉
- Essen und Trinken: Essen und Trinken sind in den Badebereichen nicht erlaubt.
Ich bin nun seit etwas mehr als vier Monaten im Land der aufgehenden Sonne und habe in dieser kurzen Zeit bereits so viele Eindrücke gesammelt, die ich gar nicht alle verarbeiten kann. Ständig neue Leute, ganz viele neue Orte und so viele unvergessliche Momente in einer Vielzahl, wie noch nie zuvor in so kurzer Zeit. Gelegentlich zu viel, wenn es danach geht.
Ich kann das manchmal gar nicht alles greifen und merke wie schnell die Zeit verfliegt. Zudem sehe ich dem Ende meines Auslandssemesters entgegen und möchte aufgrund der Endlichkeit meines Aufenthalts natürlich trotzdem so viel wie möglich erleben und aufschnappen. Dadurch bleibt in der Regel gar nicht viel Zeit, um an gestern zu denken. In der folgenden Galerie seht ihr ein paar Einblicke in meine vergangenen Wochen.
Einfach mal abschalten
In der heißen Quelle kann ich all diese Momente mal kurz für mich verarbeiten und vor allem resümieren. Ich habe mich so lange um dieses Auslandssemester bemüht, dass ich manchmal gar nicht ganz glauben kann, dass ich nun wirklich hier in Ostasien lebe und welche Chance mir eigentlich gegeben wurde. Ich lege mich dann ins heiße Bad und blende alles aus um mich herum. Zweifel und Sorgen, die mich gelegentlich im Alltag plagen, lasse ich kurzzeitig hinter mir und gewähre mir einen Moment der Rast.
Im Grunde genommen kann man sich ein Onsen wie ein Spa- oder Wellnessbereich vorstellen, es gibt sie im Freien oder in Hotels und japanische Menschen verbringen dort beispielsweise ihren Feierabend. Die Nutzungspreise sind vergleichsweise sehr günstig, das Kulturgut muss für die Bewohner schließlich erschwinglich sein. Es gibt dort meist mehrere Saunen, viele heiße Becken mit Temperaturen von 38–42 °C, einige Kältebecken, kleine Duschbereiche, sowie Liegeflächen zum Entspannen.
Viele Japaner verbringen ihren Feierabend in einer solchen heißen Quelle, suchen gelegentlich das Gespräch mit anderen oder tun sich einfach mal etwas Gutes. Die Bäder sind meist rund um die Uhr geöffnet, mit Ausnahme der Reinigungszeiten, welche meist von 10 bis 12 Uhr andauern. Wer möchte, kann sich also auch eine gesamte Nacht im Bad aufhalten, die Saunen und anderen Verzüge genießen und sich im Liegebereich aufs Ohr hauen.
Opa Sato hauts vom Hocker
Nach einem langen Tag in der Tourismusmetropole Kyoto legte ich mich am Abend ins warme Becken des Onsenhotels und entspannte ein wenig. Es war bereits nach Mitternacht und mit mir waren nicht mehr viele Gäste im Badebereich. Nach einer Weile kam ein älterer Mann herein, ließ sich auf dem Hocker nieder und duschte sich ab. Er spannte die Brause ein und ließ sich vom warmen Wasser berieseln, während ich die Augen schloss und etwas zur Ruhe kam. Nach etwa 30 Minuten wurde ich durch einen lauten Knall aus meinen Träumereien gerissen. Der ältere Herr krachte vor mir zu Boden und schlug mit dem Rücken auf den nassen Fliesen auf. Ich sprang aus dem warmen Becken und ging vom Schlimmsten aus, ich vermutete einen Schlaganfall oder etwas Vergleichbares und wollte ihm helfen.
Die restlichen Besucher des Onsen öffneten kurz die Augen, aber verharrten regungslos in ihren Positionen. Als ich den Mann in gebrochenem Japanisch fragte, was ihm fehle, lachte er nur und erklärte sich. Er hieß Sato und sei einfach beim Duschen im Sitzen eingeschlafen, das passiere ihm häufiger um diese Uhrzeit. Meine Aufregung war also umsonst. Beim Duschen einschlafen, was für mich wohl unmöglich sei, scheint hier in dieser ruhigen Umgebung wohl an der Tagesordnung zu liegen, erzählte mir der Rezeptionist später.
Für Unterhaltung ist stets gesorgt
Um mich zu beruhigen, ging ich auf die Dachterrasse, um etwas im Pool zu entspannen. Zudem eine gute Möglichkeit etwas von den japanischen Nachrichten aufzuschnappen, allzu viel verstand ich zwar nicht, aber das meiste konnte ich mir zusammenreimen. Der berühmteste Baseballspieler der Welt ist Japaner und schien offensichtlich in einen Wettskandal verwickelt zu sein, Trump wurde angeschossen und an viel zu vielen Orten auf der Welt herrscht Krieg. Ich werde müde.
Nach diesem Erlebnis und einem etwa zweistündigen Aufenthalt ging ich wieder. Ich zog meinen Pyjama an, setzte mich in den Eingangsbereich um mir die Haare zu föhnen und verabschiedete mich in Richtung meiner 2 Quadratmeter fassenden Schlafkapsel. Ich legte mich ins Bett und fühlte mich wie neu geboren. Wo auch immer meine nächste Reise hingehen wird, ich werde mich mit Sicherheit wieder für ein Onsenhotel entscheiden.
Gute Nacht und bis Bald.
Philipp