21. November 2020
Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Beitrag die Sorge nehmen kann, falls du glaubst, die Sprache sei ein Hindernis für ein Auslandssemester in Griechenland.
Vielleicht hast du ja schon meinen ersten Blogbeitrag gelesen und weißt, dass ich Griechisch verstehe und auch spreche. Von meinen Freunden in Deutschland habe ich aber oft mitbekommen, dass Griechenland meistens gar nicht in ihre engere Auswahl für einen Erasmus-Austausch fällt, da viele das Land aufgrund der Sprache schon ausschließen.
Da mich das ganze Thema sehr interessiert hat, habe ich mich bei meinen Freunden und anderen Erasmus-Studierenden für dich umgehört und einige interessante Dinge erfahren. Falls du also gerade über ein Auslandssemester in Griechenland nachdenken solltest, erleichtern dir die folgenden Erfahrungsberichte möglicherweise deine Entscheidung. Alle Befragten kommen aus Deutschland und sind wie auch ich, für ihren Erasmus-Austausch in Athen. Dieser Blogbeitrag beruht auf individuellen und persönlichen Erfahrungen, die je nach Person, Studiengang oder der Partnerhochschule variieren können.
Erfahrungen von Erasmus-Studierenden/Praktikantin
Mithra (studiert Jura, an der National and Kapodistrian University, Athen): „Die Menschen sind extrem gastfreundlich!“
Für Mithra war die Sprache von Anfang an kein Hindernis. Die meisten Griechen, denen sie begegnet, sprechen Englisch. Falls dies einmal nicht der Fall war, konnte sie sich auch irgendwie mit „Händen und Füßen“ verständigen. Was sie dabei aber total begeistert hat, war das Interesse und die Mühe der Leute, dass man sich verständigen kann.
Die meisten ihrer Online-Kurse in der Uni sind auf Englisch. Woran sie sich anfangs aber erst mal gewöhnen musste, ist der griechische Akzent im Englischen, der manchmal etwas schwer zu verstehen ist. An ihrer Partneruni gibt es extra Kurse nur für Erasmus-Studierende. Darunter gibt es tatsächlich auch einen Kurs in deutscher Sprache, den sie besucht. Diesem Kurs kann sie auch besonders gut folgen, da dort viel Wert auf Interaktion gelegt wird und sich die Studierenden oft beteiligen.
Da sie sich für die griechische Sprache interessiert, hat sie beschlossen, auch an einem Griechisch-Kurs teilzunehmen. Anfangs fand dieser in Präsenz in der Uni statt, aber wegen Corona gibt es auch diesen Kurs aktuell nur noch online. Das findet Mithra sehr schade, da zwar Grundkenntnisse erlernt werden, aber die Interaktion und Diskussionsrunden sich eher schwierig gestalten. Da sich auch der Kontakt mit Einheimischen durch das Corona-Semester erschwert hat, ist es nicht einfach, diese neue Sprache zu lernen. Im Großen und Ganzen ist Mithra aber zufrieden mit den Kursen und findet es cool, dass es ein extra Kurs-Programm für Erasmus Studierende gibt.
Elli (studiert Wirtschaftswissenschaften, an der Athens University of Economics and Business, Athen): „Es gibt reine Erasmus-Klassen, die super organisiert sind“
Elli hat die Erfahrung gemacht, dass es gut klappt, sich auch ohne Griechisch-Kenntnisse zu verständigen. Die meisten Griechen sprechen englisch und manche sogar deutsch. Auch das griechische Alphabet wird eigentlich überall in der Athener Innenstadt übersetzt, weshalb sie sich dort gut zurechtfindet. Nur die Waschmaschine in ihrer WG ist komplett auf Griechisch beschriftet, wofür sie aber dann gerne mal die Google-Übersetzer App benutzt.
Das Unterrichtsformat an ihrer Partneruni findet Elli sehr gut strukturiert und organisiert. Das System ist zwar viel verschulter, aber auch viel nahbarer als an ihrer Heimatuni. Es gibt viele Hausaufgaben und auch Gruppenarbeiten. Trotz des Online-Semesters merkt sie, dass hier viel Wert auf die Interaktion zwischen Studierenden und Professoren gelegt wird. Außerdem gibt es eine große Auswahl von mehr als 20 Kursen, die nur für Erasmus-Studierende auf Englisch angeboten werden.
Annica (macht ein Erasmus-Praktikum im Bereich der sozialen Arbeit): „Meine Arbeitskollegen helfen mir, Griechisch zu lernen“
Annica kann sich an keine Situation in Griechenland erinnern, wo jemand gar kein Englisch sprechen konnte. Die Englisch-Kenntnisse der Einheimischen reichen immer aus, um sich zu verständigen.
Bei ihrem Praktikum ist es jedoch etwas schwieriger, da sie aufgrund der fehlenden Sprache leider weniger Verantwortung übernehmen kann. Trotzdem unterstützen sie ihre Arbeitskollegen und freuen sich darüber, ihr Englisch ebenfalls zu verbessern. Sie helfen Annica auch dabei, die Grundlagen der griechischen Sprache zu lernen und es ihr so gut es geht zu erleichtern. Annica empfiehlt es, auch ohne Griechisch-Kenntnis für einen Erasmus-Austausch nach Griechenland zu gehen, möchte die Sprache aber sehr gerne für sich persönlich lernen.
Susanna (studiert Architektur, an der University of West Attica, Athen): „Man fühlt sich nie alleine, es gibt immer Leute, die nach dir fragen“
Susanna hatte noch nie das Gefühl, dass es schlimm ist, die Sprache nicht zu sprechen. Selbst auf den Märkten der Einheimischen – wenn mal jemand kein Englisch spricht, findet sie es immer lustig und charmant, sich irgendwie auszudrücken. Was sie besonders herzlich findet, ist die Freude der Menschen, wenn sie mal ein Wort auf Griechisch sagt.
An ihrer Partnerhochschule kommt es, wenn es um die Verständigung geht, immer auf die Kurswahl und die Professoren an. Manche sind sehr lieb und kümmern sich um die Erasmus-Studierenden. In anderen gemischten Kursen wird manchmal doch viel Griechisch gesprochen. Aber eigentlich gibt es immer genügend Kurse, um die Richtigen für sich auszuwählen.
Was Susanna auch gut gefällt, ist die griechische Mentalität. Die Menschen fragen sie, wie es ihr geht. Selbst ihr Vermieter ist stets hilfsbereit und kann bei Fragen jederzeit angesprochen werden. Die griechische Sprache stellt also keine Sprachbarriere dar. Generell sind alle supernett und wollen nur Gutes für dich.
Ευχαριστώ! (Dankeschön)
An dieser Stelle bedanke ich mich für die ehrlichen Worte und persönlichen Erfahrungen der Befragten. Ich hoffe, dass ich dir damit einen kleinen Einblick in ein Semester ohne Griechisch-Kenntnisse in Griechenland geben konnte.
Bis Bald!
Deine Melina