3. September 2018
Die ersten Wochen an der UASLP, meiner Uni in San Luis Potosí, Mexiko für ein Jahr, liegen hinter mir. Bevor die Kurse im September angefangen haben, hatten wir zwei Wochen volles Programm zur Orientierung. Mit der OtiWo wie wir sie an deutschen Unis kennen hatte diese Orientierungswoche aber wenig zu tun…
OtiWo in Mexiko – Endlose Vorträge statt Stadtrallye
Pünktlich um 9 Uhr morgens ging es am Montag der ersten Woche los. Ich war extrem aufgeregt, da ich an diesem Tag den Campus, die Professoren, Curriculum und Kommilitonen auf einmal kennenlernen würde. Im Vorfeld hatte ich das Programm der zwei Wochen per E-Mail bekommen, jeder Tag war von morgens bis spätnachmittags durchgeplant. An erster Stelle der Tagesordnung am Montag stand die Begrüßung der Koordinatoren des Masterprogramms. Als Studierende des Doppelabschluss-Masters in Mexiko und Köln haben wir jeweils einen Ansprechpartner der beiden Unis. Unsere ENREM-Koordinatorinder TH Köln kam extra aus Deutschland angereist, um uns zu beraten und in das Studium einzuführen.
Da saß ich also in einem Klassenraum mit 30 Mitstudierenden und einer Schar an Professoren und Mitarbeitern und einer der ersten Sätze die der Koordinator der mexikanischen Uni in den Raum rief, als er den Aufbau des Studiengangs beschrieb war: „Euer Sozialleben ist ab jetzt vorbei!“
Oh, ähm wie war das, bitte?!
Schnell wurde uns deutlich gemacht, dass besonders die Doppelabschluss-Studenten hier nichts zu lachen hätten. Wie ich schon mal in meinem ersten Beitrag erwähnt habe, sind wir 14 internationale Studenten, die den Doppelabschluss an der UASLP in Mexiko und an der TH Köln machen. Das heißt, dass wir hier in Mexiko zusammen mit unseren nationalen Kommilitonen studieren, die beide Jahre im nationalen Masterprogramm Programas Multidisciplinarios de Posgrado en Ciencias Ambientales (PMPCA), auf Deutsch multidisziplinärer Master in Umweltwissenschaften, absolvieren. Während der Orientierungswochen wurden wir ENREM-Studierenden häufig von den PMPCA-Studenten getrennt, da sich in der Organisation einiges unterscheidet. Während die Nationalen beispielsweise vier Kurse im 2. Semester haben, machen wir, wie es der Name Doppelabschluss vermuten lässt, tatsächlich das Doppelte, also acht Kurse. So richtig schwindelig wurde mir aber, als das Thema Master-Arbeit zur Sprache kam!
Master-Arbeit ab dem 1. Semester
Da wir für unsere Master-Arbeit Betreuer von beiden Unis finden müssen, die sich auf die Zusammenarbeit einlassen, müssen wir bereits im 1. Semester das Thema festlegen und mit den Professoren abstimmen. Das hat mich echt geschockt, da ich ja gerade erst meine Bachelor-Arbeit abgeschlossen habe und noch so gar keine Ahnung habe, worauf ich mich als nächstes fokussieren möchte. Bereits ab dem ersten Tag gingen die Gespräche über unser Thema für die Master-Arbeit los und zogen sich über die gesamten zwei Orientierungswochen. Ich habe mich völlig verloren und zunehmend mehr unter Druck gesetzt gefühlt. Viele meiner Kommilitonen haben bereits Berufserfahrung gesammelt und ein konkretes Projekt/ Thema festgelegt, an dem sie arbeiten möchten. Im Laufe der Woche haben diese also schon nach Betreuern für ihr Thema in Mexiko und Köln gesucht, während ich völlig damit überfordert war mir aus dem Stand ein Thema aus dem Ärmel zu leiern. Jeden Tag wurde ich wieder aufs Neue gefragt, was ich denn nun machen wolle und mit wem ich zusammenarbeiten würde.
Beglaubigte Übersetzungen, Einverständniserklärungen, Blutproben?
Hinzu kam noch, dass wir für die Immatrikulation an beiden Universitäten einen Berg an Dokumenten vorweisen müssen. Einige davon, wie zum Beispiel mein Bachelor-Zeugnis, hatte ich aber gar nicht vorliegen, da dieses erst nach meiner Ankunft in Mexiko zu Hause bei meinen Eltern ankam. Jedes Dokument musste entweder zigfach kopiert, beglaubigt oder übersetzt werden. Außerdem brauchen wir eine ärztliche Bescheinigung über unsere Fitness, die erst ausgestellt wird, nachdem wir uns einem Gespräch unterzogen und nicht nur Blut-, sondern auch Urin- und sogar Stuhlproben abgegeben haben. Ziemlich merkwürdig!
Obwohl die Koordinatoren es wohl nur gut mit einem meinen, wurde mir das Ganze zu viel. Nach zwölf Stunden täglich – fast ohne Pausen – in denen uns gesagt wurde, was wir unbedingt tun und organisieren müssten um erfolgreich studieren zu können, lag ich nachts panisch im Bett, konnte nicht mehr schlafen und hatte plötzlich knapp 40 Grad Fieber.
Statt mich ausruhen zu können, musste ich aber einen Tag später weiter am Programm teilnehmen, da es obligatorisch und unverzichtbar sei. Am Ende der ersten Woche war ich völlig am Ende und gar nicht mehr motiviert, weiterzumachen. Zum Glück gab es allerdings auch viele schöne Momente, die die Orientierung nach der 2. Woche zu einem positiven Abschluss gebracht haben.
Neue Orte, Ideen, Freunde
Auch wenn das Pensum brutal war, bin ich sehr dankbar um die Orientierung, da ich …
… die verschiedenen Forschungseinrichtungen der uns zugehörigen Fakultäten sehen durfte,
…. einen Einblick in die Arbeitsfelder der Professoren erhalten habe,
…. viele Anregungen für den Fokus meines Studiums bekommen habe,
… mich mit Alumni der früheren Generationen austauschen konnte,
…eng mit meinen Kommilitonen zusammengewachsen bin.