24. März 2024
Mein Praktikum ist endlich gestartet. Ich bin schon über einen Monat hier und nun hat es begonnen. Die ersten Tage habe ich hinter mir. Hier ein Erfahrungsbericht, und warum gerade ihr das auch machen solltet!
Božena Němcová
Das Gymnasium, das ihr auf dem Header betrachten könnt, ist der werten Frau Božena Němcová (sprich: Boschena Njemzovah) gewidmet. Ihre Statue könnt ihr in der Mitte vor der Schule sehen. Der Roman Babička (= die Großmutter) von ihr gehört zu den bedeutendsten Klassikern der tschechischen Literatur.
Als Lehramtsstudenten in Deutschland müssen wir einige Praktika ableisten. Warum also nicht eines davon im Ausland machen? Dafür habe ich mich entschieden und bereue es nicht. Nicht nur, dass ich ein Erasmussemester habe und all die tollen Erfahrungen, die das mit sich bringt – ich kann auch ein Pflichtpraktikum abhaken. Das war für mich Grund genug, es so zu machen. Ihr erfahrt hier sowohl positive als auch negative Aspekte und meine persönliche Meinung dazu!
Unterrichten in einem anderen Land?
Vielleicht fragt ihr euch, wie es funktioniert, dass ich in einem Land, dessen Sprache ich nicht beherrsche, als Praktikant in einer lokalen Schule arbeiten kann? Denn das war auch meine erste Frage. Bis vor kurzem war das auch für mich noch unvorstellbar. Es hat sich jedoch sehr schnell gezeigt, dass ich zunächst den Sprachunterricht besuchen werde. Die Schülerinnen und Schüler in Tschechien entscheiden sich nämlich in der Regel bei der zweiten Fremdsprache für Deutsch oder Französisch. Somit kann ich grob die Hälfte der Schule im Deutschunterricht besuchen – die andere Hälfte besuche ich im Englischunterricht.
Auch meine beiden Fächer Mathematik und Musik kann ich besuchen. Dort gestaltet sich aber die Arbeit vor der Klasse etwas schwerer, da ich nicht auf Deutsch mit den Schüler:innen reden kann. Und auf Englisch in einem Land, dessen Muttersprache nicht Englisch ist, fachspezifisch zu unterrichten bedarf etwas mehr Planung und Durchdachtheit. Ich taste mich somit also langsam voran und werde erst einmal im Deutschunterricht mit den Schüler:innen warm.
Neue kulturelle Erfahrungen
Wie verhalten sich die Schülerinnen und Schüler anderer Kulturen? Tatsächlich stelle ich hier sehr viele Gemeinsamkeiten zu deutschen Schulkindern fest. Hobbys überschneiden sich, auch das Verhalten im Unterricht ist sehr ähnlich und die Mitarbeit ist vergleichbar. Der größte Unterschied liegt vermutlich in der Pünktlichkeit. Ob der Unterricht nun fünf Minuten später beginnt, ist nicht so wichtig und es wird auch gerne mal früher der Unterricht beendet.
Ich konnte außerdem feststellen, dass sehr viele Schülerinnen und Schüler während der Schulzeit ihr Erasmus machen. Aus persönlicher Erfahrung kenne ich nur eine einzige Person aus Deutschland, die dies während der Schulzeit gemacht hat. Der Trend hier ist sehr oft, einige Zeit des Schullebens im Ausland zu verbringen. Beliebteste Ziele hierbei sind – sicherlich wegen der zweiten Fremdsprache – Deutschland und Frankreich.
Mehr über andere Schulsysteme lernen
Tschechisches Ministerium für Erziehung, Jugend und Sport
Falls ihr euch weiter für das tschechische Schulsystem interessiert, könnt ihr auf der offiziellen Website des Ministeriums vorbei schauen. Dort findet ihr alles noch einmal ausführlicher.
In Tschechien haben die Schülerinnen und Schüler prinzipiell eine Schulpflicht bis einschließlich zur 9. Klasse. Deshalb dauert die Grundschule auch neun Jahre. Zwischendurch haben die Lernenden aber auch die Möglichkeit, auf eine weiterführende Schule überzutreten. Entweder gehen diese nach der 5. Jahrgangsstufe auf ein 8-jähriges, nach der 7. auf ein 6-jähriges oder nach der 9. auf ein Gymnasium. Voraussetzung hierfür ist stets eine Aufnahmeprüfung. Es gibt hier also kein „Übertrittszeugnis“. Nach dem Abitur (hier in Tschechien heißt das Matura) gibt es die Möglichkeit, die Universität bzw. Hochschulen zu besuchen oder wie bei uns auf die Berufsschule zu gehen.
Eine andere Methodik kennenlernen
Der erste Eindruck zeigt mir, dass hier deutlich weniger frontal unterrichtet wird. Der Lehrer führt deutlich mehr Gespräche mit den Schüler:innen, wodurch auch mehr Berührungspunkte zwischen Lehrendem und Lernenden entstehen. Diese etwas persönlichere Art schafft meiner Meinung nach ein familiäreres Umfeld für alle Beteiligten.
Wird ein Auslandspraktikum gefördert?
Zu guter Letzt noch ein Punkt, der für viele entscheidend sein kann, ob ein Praktikum im Ausland überhaupt infrage kommt. Dieses kann nämlich über diverse Stipendien-Programme gefördert werden. Bei mir ist es das Programm GoTEd der „Professional School of Education“ der Universität Würzburg. Das Programm hat das Ziel, die Lehrerausbildung zu internationalisieren. Die Vergütung hierbei erfolgt jedoch über Erasmus+. Daher bin ich im Ausland nicht nur im Praktikum, sondern studiere auch normal an der Universität weiter und lasse mir Kurse im Learning Agreement anrechnen. Fragt bei eurer Universität nach, ob sie ähnliche Programme haben.
Es gibt aber auch das Stipendium Lehramt.International vom DAAD. Dort könnt ihr euch entweder als Student oder aber auch als Absolvent:innen bewerben und gefördert werden. Dabei ist die Höhe der Finanzierung abhängig vom Zielland, für Frankreich bekommt ihr beispielsweise 1.125 Euro monatlich.
Ich hoffe, ihr konntet einen kleinen Einblick in mein Auslandspraktikum gewinnen. Wie ihr festgestellt habt, bin ich überwiegend positiv beeindruckt und kann es nur wärmstens empfehlen, es selbst auszuprobieren.
Mein größter Kritikpunkt ist lediglich die Organisation. Nicht nur Praktikum, sondern auch die Kurse hier auf die Beine gestellt zu bekommen, hat mich mehr als nur ein paar Nerven gekostet. Es hat aber letztlich alles geklappt und ich bin mehr als glücklich, dass ich den Aufwand auf mich genommen habe.
Viele Grüße
Euer Jakob