2. September 2020
Seit dem 1. April 2020 müssen sich alle Einreisende nach Südkorea unabhängig von ihrer Nationalität, in eine strenge 2-wöchige Quarantäne begeben. Für mich bedeutet das: Bevor es mit meinem Auslandssemester richtig losgehen kann, verbringe ich 14 Tage eingesperrt in meiner Wohnung. Wie das Ganze abläuft und warum sich Deutschland vielleicht etwas davon abschauen könnte, erfahrt ihr hier.
Vorbereitungen
Die wohl größte Herausforderung bei der Planung meines Auslandssemesters war die Organisation einer Quarantäneunterkunft. Das lag hauptsächlich an den sehr verschiedenen Informationen, die ich erhalten habe: Während die Uni uns sagte, dass ein eigenes Bad genüge; war die koreanische Botschaft der Meinung, dass sämtliche Vermietungsoptionen wie zum Beispiel AirBnB verboten seien. Jedoch ist Quarantäne in den offiziellen Regierungseinrichtungen für Studierende aufgrund unseres „long-term visa“ nicht möglich, im Wohnheim der Uni seitens der Uni nicht erlaubt und im Hotel ebenso verboten. Die Suche gestaltete sich daher wie ein ewiges Hin und Her, wobei niemand wirklich wusste, was er machen sollte.
Schlussendlich habe ich einen besonderen Quarantäne-Service für Studierende gebucht, den ich aber keinem weiterempfehlen würde, da es sich in meinem Fall um ein überteuertes Kellerzimmer handelte. Ich kenne viele Freunde, die problemlos über Airbnb gebucht haben. Einzige Herausforderung dabei ist die Versorgung mit Essen: Viele koreanische Delivery-Apps akzeptieren nur koreanische Kreditkarten, sodass man oft auf die Hilfe von koreanischen Freunden angewiesen sein wird.
Ankunft und Einreise
Gemeinsam mit ein paar weiteren deutschen Studierenden von meiner Uni flog ich Anfang August in einem sehr leeren Flieger nach Seoul. Nach unserer Ankunft erwartete uns ein mehrschrittiger Einreiseprozess:
- Ein initiales Temperaturscreening: Offiziell wird man ab 37.5 Grad rausgezogen und zu einem Sofort-Test gebeten, ich habe allerdings auch von Leuten gehört, denen das ab 37 Grad passiert ist.
- Die Installation der App: Gemeinsam mit einem Mitarbeiter wird sichergestellt, dass Informationen wie Name und Adresse korrekt ausgefüllt sind.
- Überprüfen der Daten: Für die Einreise ist es essenziell, dass man einen „Guardian“ in Korea hat. Man muss die Kontaktinformation eines Freundes/Bekannten/Vermieter angeben, denn die Kommunikation läuft während der Quarantäne vorrangig über diese Kontaktperson. Es wird jede Kontaktperson angerufen und überprüft, ob auch alle deine Daten stimmen!
- Ausfüllen von weiteren Formularen, unter anderem eine Einverständniserklärung zur Quarantäne. Insgesamt muss man mehrfach Name, Adresse und Kontaktperson angeben, deswegen am besten auf einem Zettel direkt dabeihaben! Man erhält zuletzt ein „Quarantine Certificate“, das bestätigt, an welchem Tag man seine Quarantäne begonnen hat.
- Erst dann kommt die Passkontrolle, wie man sie normalerweise kennt. Hier muss man sein Visum vorzeigen und Fingerabdrücke werden gescannt.
Dieser Prozess hat insgesamt circa zwei Stunden gedauert. Danach geht es gleich weiter, man wird je nach Zielregion in Korea einem bestimmten Bus zugeteilt.
Der erste Coronatest
Mit dem Bus wurde ich mitsamt Gepäck direkt vom Flughafen zum Gesundheitsamt meines Distriktes gefahren. Das Ticket für die Fahrt kostet 16,000 Won (~12 Euro). Jeder Distrikt (-gu) in Seoul hat ein eigenes zuständiges „Health Center“. Dort wurden erneut mit unglaublicher Effizienz und Organisation meine Daten aufgenommen, ein weiteres Screening durchgeführt und schlussendlich ein Mund- und Nasen-Rachen-Abstrich (Achtung: sehr unangenehm!) gemacht. Das Ganze dauerte bei mir insgesamt weniger als eine halbe Stunde. Danach wird man direkt in ein spezielles Taxi gesetzt, dass einen bis vor die Haustür bringt. Gratis Desinfektionsmittel, Masken und Einfach-Thermometer waren inklusive.
… und der Rest der Zeit
Nach Ankunft in der Quarantäne-Unterkunft gibt es nicht mehr viel zu tun. Das Wichtigste ist es, zweimal täglich um 9.30 Uhr und 19.30 Uhr die eigenen Symptome inklusive Temperatur in die App einzutragen. Wenn man das vergisst, erinnert die App einen mit mehreren Push-Nachrichten daran. Die ständige GPS-Überwachung durch die App fühlte sich anfänglich sehr fremd an, doch irgendwann habe ich mich auch daran gewöhnt. Zudem bekommt man auch Erinnerungen: Wird das Handy zu lange überhaupt nicht bewegt, kann es jederzeit sein, dass Mitarbeiter des Gesundheitsamtes vor der Tür stehen. Dies dient der Überprüfung, dass man seine Wohnung auch wirklich nicht verlassen hat. Ich habe allerdings von niemandem gehört, dass jemand wirklich bei ihm vorbeigeschaut hat.
In den zwei Wochen darf man wirklich unter keinen Umständen einfach so die Wohnung verlassen. Wenn ein Notfall oder ein gesundheitliches Problem auftreten sollte, muss man erst das Health Center kontaktieren.
Das Leben danach
Am 15. Tag um 12 Uhr ist man wieder ein freier Mensch. Man darf die App löschen und in die Öffentlichkeit. Wieder einfach alles machen zu können, fühlte sich plötzlich sehr ungewohnt an, sodass ich von der wiedergewonnenen Freiheit sogar erst mal ein wenig überfordert war.
Mein persönliches Fazit
Die Quarantäne ist schon eine sehr spezielle Erfahrung. Ich war sehr froh, als es endlich vorbei war. Ein zweites Mal möchte ich es nicht unbedingt machen. Allerdings sehe ich diese Quarantäne als ein persönliches Opfer, das man bringt, um danach wieder trotz Corona mehr Freiheiten als in vielen anderen Ländern genießen zu können. Und natürlich überhaupt, um diesen Auslandsaufenthalt machen zu können.
Dank der strengen Quarantäneregelung konnte Korea die Anzahl neu importierter Infektionen bislang sehr gering halten, weshalb diese Regelung meiner Einschätzung nach auch noch eine Weile bleiben wird. Ich bin wirklich beeindruckt von der detaillierten und aufwendigen Organisation, die hinter diesem höchst effizienten System steckt. Es mag für einige vielleicht sehr hart klingen, gar fragwürdig, aber so wird sichergestellt, dass jeder die Quarantäne richtig absolviert. In Deutschland hingegen habe ich das Gefühl, dass die Quarantäne sehr locker gehandhabt wird und oft den Leuten in der Durchführung selbst überlassen ist, was die Effektivität dieser Maßnahme sehr beschränkt. Als ich im Juni aus den USA nach Deutschland geflogen bin, wurde mir lediglich ein Zettel mit Informationen in die Hand gedrückt. Diejenigen, die einen längeren Aufenthalt hier planen, sollten sich überlegen, ob sie bereit sind, diese anfängliche Einschränkung in Kauf zu nehmen. Ich selbst habe mir gedacht: Was sind schon zwei Wochen in Quarantäne im Vergleich zu mehreren Monaten Auslandsabenteuer?