15. Dezember 2023
Das Studieren an einer Uni in einem anderen Land beutetet nicht nur, dass du dich auf ein anderes Studiensystem einstellen musst, sondern auch auf andere Kurse und andere Lehrkonzepte. Welche Kurse ich hier als Jurastudentin im fünften Semester überhaupt belegen darf und für welche ich mich entschieden habe, erzähle ich dir in diesem Beitrag! Außerdem werde ich auch davon berichten, wie sich meine Note hier vor Ort zusammensetzt und inwiefern ich mir diese in Deutschland anrechnen lassen kann.
Als Jurastudent:in bist du wie ich wahrscheinlich nicht sehr vertraut mit dem Bachelor- und Mastersystem, dass du von anderen Studiengängen kennst. Tatsächlich ist es so, dass die Jurastudierenden in Schweden nach ihrem Studium einen Bachelorabschluss an Stelle eines Staatsexamens erhalten. Das bedeutetet für uns, als deutsche Austauschstudierende, dass wir ebenfalls unsere Kurse im Bachelor- beziehungsweise Mastersystem belegen müssen. Pro Semester müssen also insgesamt 30 Creditpunkte in den belegten Kursen gesammelt werden. Da das Semester in zwei Perioden aufgeteilt wird, heißt das, dass du pro Periode einen oder mehrere Kurse belegen musst, die insgesamt mindestens 15 Creditpunkte haben. Natürlich darfst du auch mehr als 30 Creditpunkte über das Semester sammeln, was dann damit einher geht, dass du dann mehr Kurse belegst und mehr Arbeit hast. Unterm Strich darfst du nicht mehr als 40,5 Creditpunkte im Semester sammeln.
Welche Kurse habe ich belegt?
Als Jurastudentin, die noch nicht das sechste Semester abgeschlossen hat, durfte ich nur jene Kurse wählen, die auf Bachelor-Niveau angeboten werden. Für mich gab es also keine wirkliche Wahl, da ich zwei Hauptkurse mit jeweils 15 Creditpunkten wählen musste und es nur zwei gibt. Diese sind „Introduction to Swedish Law“ (auf deutsch: Einführung in das schwedische Recht) und „European Business Law“ (auf deutsch: Europäisches Wirtschaftsrecht). In dem ersten Kurs hatte ich jede Woche ein bis maximal zwei Vorlesungen, die über einen Zeitraum von ungefähr acht Wochen stattfanden. Die ersten drei Vorlesungen beschäftigten sich mit dem schwedischen Verfassungsrecht, während die darauffolgenden Vorlesungen jeweils für sich ein eigenes Rechtsgebiet, wie zum Beispiel schwedisches Strafrecht oder schwedisches Verwaltungsrecht, zum Gegenstand hatten. So erhielt ich über die acht Wochen einen Überblick über das schwedische Recht als Ganzes. Zum Ende hin, wurde mir aber stark bewusst, dass in diesem Kurs weniger um das schwedische Recht an sich ging, sondern, dass uns einen Rechtsvergleich zwischen dem schwedischen und unserem Heimatrecht gelingt.
Wie ich bereits in meinem Blogartikel über das schwedische Studiensystem berichtete, sind die Kurse hier mit 30 Personen sehr klein und fühlen sich durch das gegenseitige Duzen sehr familiär an. Da wir uns im Kurs also alle beim Namen kannten, fiel uns die Gruppenarbeit mit zehn Personen überraschenderweise nicht allzu schwer und wir hatten schnell die Aufgabengebiete verteilt sowie uns auf die Präsentationsart geeinigt. In unserer Präsentation sollten wir die Berufsbilder des Anwalts, des Richters und des Staatsanwalts vorstellen. Jedoch lag der Schwerpunkt darin, die Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten jener Berufe in Schweden und in unseren Heimatländern herauszuarbeiten. Eine weitere Prüfungsmethode, der wir uns unterziehen mussten, bestand aus dem Schreiben eines Essays über ein beliebiges Rechtsthema, in welchem wir die schwedische Rechtslage mit einem anderen Rechtssystem vergleichen sollten. Mein Essay beschäftigte sich mit dem schwedischen Datenschutzrecht im Vergleich zum deutschen mit Blick auf den Rechtsrahmen der Allgemeinen Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union. Unsere letzte Prüfung war eine mündliche Prüfung, bei der wir in Gruppen von sechs Personen erscheinen sollten und ein eher lockeres Gespräch mit dem Professor über einzelne Probleme in verschiedenen Rechtsgebieten im schwedischen Recht führten. Wir sollten in dieser Prüfung mit unserer eigenen Meinung argumentieren und Vergleiche zu unserem Heimatrecht ziehen.
In meinem zweiten Kurs „European Business Law“ hatte ich zwar noch weniger Vorlesungen – höchstens einmal die Woche – jedoch, ist es hier so, dass der Kurs in vier Blöcke aufgeteilt wurde, die sich mit verschieden Themen des europäischen Wirtschaftsrechts beschäftigen. Beispielsweise handelte der erste Block von den Grundfreiheiten des europäischen Handelsrecht, während sich der zweite Block um Firmengründungen und dem Eigentums- sowie dem Patentrecht drehte. In jedem Block waren vier bis fünf Module, zu denen es innerhalb eines Moduls fünf bis sieben Videos gab, die das Thema ausführlich mit Untermalungen durch Gerichtsfälle erklärten. Am Ende eines jeden Blocks musste wir ein „Assignment“, also eine Hausaufgabe anfertigen und abgeben. Unsere Note in diesem Kurs ergibt sich aus unserer Teilnahme an den Vorlesungen sowie unserer letzten Hausaufgabe, die benotet wird. Die ersten drei Hausaufgaben müssen wir zum Glück nur bestehen und werden nicht benotet.
Zusätzlich habe ich zum Anfang des Semesters für zwei Wochen noch einen Schwedisch-Kurs belegt, der mit drei Creditpunkten ausgewiesen wurde. Dieser war mein einziger Kurs, an dem über 100 Leute teilgenommen haben. In diesem habe ich kurze Sätze für den Alltag in den Schweden gelernt und am Ende eine Multiple-Choice-Klausur geschrieben.
An der Uni Heidelberg zählt für mich nur, dass ich meine hier belegten Kurse bestehe. Die Note ist am Ende tatsächlich egal, da das Noten- und Studiensystem anders funktioniert. Mit meinen bestandenen Kursen werde ich mir meinen Grundlagenschein II im Fach „Rechtsvergleichung“ anrechnen lassen. Dafür muss ich ein Formular ausfüllen und mein Transcript of Records bei meinem Prüfungsamt einreichen. Wenn du dir also auch eine Klausur anrechnen lassen möchtest, dann solltest du dich vorher unbedingt bei deinem Prüfungsamt erkundigen!
Welche Kurse gibt es noch an der Uni Lund für Jurastudierende?
Wenn du bereits im Jurastudium fortgeschritten bist und das sechste Semester abgeschlossen hast, dann kannst du auch Master-Kurse belegen, wovon es viel mehr gibt. So habe ich viele Freunde, die beispielsweise die Kurse „Merger and Aquistions“, „International Human Rights Law“ oder „European and International Trade and Tax Law“ belegt haben. Diese Kurse haben dann offensichtlich einen höheren akademischen Anspruch als die Bachelor-Kurse. Aber auch als fortgeschrittene:r Student:in kannst du immer noch einen Bachelor-Kurs belegen. Weiterhin bietet dir die Uni Lund auch Kurse an, die du belegen kannst, auch wenn du an deine Heimatuni überhaupt nicht diesen Studiengang absolvierst. Diese Kurse heißen Special Area Studies (SAS) und werden in verschiedenen Studiengebieten wie beispielsweise Theologie, Ingenieurswissenschaften oder Kunst und Musik auf Bachelor-Niveau angeboten. Das sehr umfangreiche Angebot an SAS-Kursen kannst du dir auf der Webseite der Uni Lund angucken.
Die Uni Lund bietet dir also doch eine umfangreiche Auswahl an Kursen an, die du belegen kannst. Vor allem habe ich aber gemerkt, dass es der Uni wichtig ist, dich herauszufordern, gleichzeitig aber auch nicht zu überfordern. Dementsprechend ist das Bestehen der Kurse überaus machbar, auch wenn du nicht jeden Tag etwas für die Uni machst. Wenn du Fragen bezüglich der Belegung oder Inhalte der Kurse hast, dann schreib mir gerne!