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Rechtsreferendariat: Wann und wie ins Ausland?

Wie läuft das Rechtsreferendariat ab? In diesem Beitrag erfährst du, welche Stationen auf dich warten und wo du die Chance hast, ins Ausland zu gehen. Hier sind meine Tipps, wie du diese Zeit nutzen kannst, um nicht nur juristisch, sondern auch interkulturell zu wachsen!

Nach ca. zehn Semestern Regelstudienzeit schließt das Jurastudium mit dem Ersten Staatsexamen ab, und die Absolventen dürfen sich „Jurist“ nennen. Für die Zulassung als Rechtsanwalt sowie für Berufe wie Richter und Staatsanwalt ist das anschließende Referendariat und das Zweite Staatsexamen erforderlich. Die Juristenausbildung ist Ländersache, weshalb der genaue Ablauf des Referendariats von Bundesland zu Bundesland (leicht) unterschiedlich ist. Selbiges gilt für das Absolvieren einer Station im Ausland. Hier ein kleiner Einblick, wie mein Referendariat in Hessen abläuft.

1. Zivilstation / Dauer: 4 Monate

Die ersten 4 Monate verbrachte ich in der Zivilstation. Einen Tag der Woche hatte ich eine sogenannte “Arbeitsgemeinschaft”, in der uns ein erfahrener Richter unterrichtete. Ansonsten erfolgt die feste Zuordnung zu einem Zivilrichter eines Amts- oder Landgerichts. Ich war einer Richterin am Landgericht Frankfurt zugeordnet, die einer Kammer für allgemeine Zivilsachen und Bankenrecht vorsaß. Als Referendar lernt man viel über den Arbeitsalltag, geht mit der Richterin in Verhandlungen (sitzt vorne neben ihr!) und schreibt zu aktuellen Fällen Entscheidungsentwürfe oder Beschlüsse. Mit etwas mehr Erfahrung durfte ich auch unter Aufsicht eigenständig eine Beweisaufnahme (in dem Fall eine Zeugenvernehmung) durchführen. Die Möglichkeit für einen Auslandsaufenthalt gibt es hier regelmäßig nicht.

Ein Frankfurter Gerichtssaal
In der Zivilstation sitzt der Referendar in der Regel neben seinem ausbildenden Richter und lernt so den Saal aus einer anderen Perspektive kennen.

2. Strafstation / Dauer: 4 Monate

Die nächsten vier Monate geht es in die Strafstation. Neben der Arbeitsgemeinschaft erfolgt die Zuordnung zu einem Strafrichter am Amtsgericht oder einem Staatsanwalt. Ich war einer Staatsanwältin zugeordnet, die neben allgemeinen Delikten insbesondere Delikte aus dem Jugend- und Sexualstrafrecht bearbeitete. In dieser Phase lernt der Referendar die vielfältigen Ermittlungsmethoden kennen und schreibt insbesondere Entwürfe zu Abschlussverfügungen in aktuellen Fällen. Nach einigen Wochen in der Strafstation steht ein besonderes Highlight an: Es erfolgt der eigenständige Auftritt als Vertreter der Anklagebehörde in Strafverfahren am Amtsgericht. Anders als in der Zivilstation ist hier tatsächlich kein Ausbilder mehr dabei, der jedoch jederzeit telefonisch erreichbar ist. Dafür geht es auch um eher weniger schwerwiegende Delikte wie unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Diebstahl oder Trunkenheitsfahrt. Auch in dieser Station ist ein Auslandsaufenthalt regelmäßig nicht möglich.

3. Verwaltungsstation / Dauer: 4 Monate

Weitere vier Monate verbringt der Referendar in der Verwaltungsstation. Neben der Arbeitsgemeinschaft kann sich der Referendar hier erstmals selbst die ausbildende Behörde aussuchen und hat die Möglichkeit, zumindest 50% der Zeit ins Ausland zu gehen (hessische Regelung; andere Bundesländer erlauben teilweise auch die gesamte Station im Ausland). Beliebt ist insbesondere das Auswärtige Amt. Teilweise kann diese Station auch bei einer Außenhandelskammer oder EU-Institution absolviert werden. Ich selbst war bei der Polizei Frankfurt im Bereich Disziplinar- und Amtsdelikte und habe einen spannenden Einblick an der Schwelle zwischen Straf- und Verwaltungsrecht erhalten. Neben der Arbeit mit Akten standen auch Durchsuchungen und Hospitationen im Streifendienst, in der Leitstelle und im Führungsstab während der EM 2024 auf dem Programm.

Dominik mit einer Schutzweste
Natürlich findet der Alltag als Referendar bei der Polizei am Schreibtisch statt. Dennoch gibt es häufig die Gelegenheit ein paar mal im Streifendienst zu hospitieren oder zu Durchsuchungen mitzukommen.

4. Anwaltsstation / Dauer: 9 Monate

Aktuell befinde ich mich in der Anwaltsstation, die insgesamt neun Monate dauert. Auch hier gibt es in Hessen wieder die Gelegenheit, maximal 50 Prozent der Station ins Ausland zu gehen. Das habe ich genutzt und verbringe den ersten Teil meiner Station in einer Kanzlei in Sydney. Für den zweiten Teil ist es erforderlich, sich einen ausbildenden Rechtsanwalt in Deutschland zu suchen. Dabei sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass am Ende der Anwaltsstation die schriftlichen Prüfungen des Zweiten Staatsexamens anstehen. Entsprechend ist es vorteilhaft, wenn der Ausbilder ein gewisses Verständnis mitbringt und genug Zeit zum Lernen einräumt. Teilweise ist es üblich, dass Referendare in den letzten Wochen bis Monaten vor den Prüfungen deutlich weniger in die Kanzlei kommen.

Supreme Court in Canberra
In der Anwaltsstation geht es statt zum Frankfurter Landgericht zum Supreme Court nach Canberra.

Wahlstation / Dauer: 3 Monate

Nach den schriftlichen Prüfungen folgt für drei Monate die Wahlstation. Wie der Name schon sagt, kann diese am Gericht, bei der Staatsanwaltschaft, einer Behörde, einem Unternehmen oder in einer Kanzlei verbracht werden. In Hessen besteht sogar die Möglichkeit, diese Station vollständig im Ausland zu absolvieren. Danach erfolgt mit der mündlichen Prüfung der Abschluss des Referendariats.

Prinzipiell möglich ist es in der Verwaltungs-, Anwalts- und Wahlstation ins Ausland zu gehen. Alle drei Stationen haben ihre Vor- und Nachteile. 

Verwaltungsstation

In der Verwaltungsstation ist das schriftliche Examen noch weit weg, und viele finden die Tätigkeit in einer Behörde ohnehin nicht sonderlich interessant, sodass nicht viel verpasst wird. Der Aufenthalt lässt sich relativ einfach organisieren. In Hessen gibt es allerdings einen großen Nachteil: Es ist nur für zwei Monate möglich, ins Ausland zu gehen. Viele Stellen, wie zum Beispiel das Auswärtige Amt, fordern jedoch mindestens drei Monate. Daher muss in Hessen für zwei Monate unbezahlter Sonderurlaub genommen werden, wobei ein Monat in der Auslandsstation des Auswärtigen Amtes verbracht wird und der andere Monat tatsächlich frei ist. Ihr fragt euch, warum nicht nur ein Monat Sonderurlaub genommen werden kann? In Hessen werden Referendare im 2-Monats-Rhythmus eingestellt, sodass ein Durchgang zurückfällt und auch eine neue Arbeitsgemeinschaft zugewiesen wird. Das kann sich tatsächlich ähnlich wie in einer neuen Klasse anfühlen.

Eingang zu den Supreme Court Gardens
Für einen Auslandsaufenthalt gibt es in allen Stationen Vor- und Nachteile

Anwaltsstation

In der Anwaltsstation liegt der große Vorteil darin, dass bis zu viereinhalb Monate ins Ausland gegangen werden kann. Größter Nachteil ist jedoch, dass unmittelbar an die Anwaltsstation das schriftliche Examen anschließt. Wenn die Auslandsstation in der ersten Hälfte absolviert wird, bleibt in der zweiten Hälfte ausreichend Zeit, sich in Deutschland auf die Prüfungen vorzubereiten. Zumindest in meiner Kanzlei in Sydney ist es auch überhaupt kein Problem, Lerntage einzubauen. Daher habe ich nicht das Gefühl, weniger Zeit als meine Mitreferendare in Deutschland zum Lernen zu haben.

Wahlstation

In der Wahlstation besteht erneut die Gelegenheit, sich sowohl auf Ausbildungsstellen im Bereich Verwaltung (Auswärtiges Amt, EU-Institutionen, Außenhandelskammern etc.) als auch bei Anwälten und Unternehmen zu bewerben. Mit den vollen drei Monaten der Wahlstation ist das meistens auch kein Problem. Viele Referendare nutzen die Anwaltsstation dazu, eine Großkanzlei kennenzulernen. Einige dieser Kanzleien bieten die Möglichkeit, die Wahlstation an einem der ausländischen Standorte zu absolvieren. Viele Großkanzleien finanzieren den Aufenthalt sogar komplett, zumindest sofern eine zukünftige Zusammenarbeit von beiden Seiten nach dem Referendariat beabsichtigt ist. Als Nachteil sehe ich lediglich, dass teilweise relativ zeitnah an die Wahlstation die mündlichen Prüfungen anstehen (das variiert aber) und sich die Station besonders dazu eignet, einen möglichen künftigen Arbeitgeber kennenzulernen.

Wie gehe ich es an?

Egal in welcher Station im Referendariat ins Ausland gegangen werden möchte, viele Abläufe sind immer gleich. Am wichtigsten ist natürlich, eine passende Ausbildungsstelle im Ausland zu finden. Beim Auswärtigen Amt gibt es beispielsweise ein formalisiertes Verfahren, für das eine Bewerbung 7-12 Monate vor Beginn der gewünschten Station erforderlich ist. Gerade nach der Anwaltsstation in einer Großkanzlei besteht teilweise die Möglichkeit, die Wahlstation an einem ausländischen Standort der Kanzlei zu verbringen. Die Auswahl und Organisation erfolgt in diesem Fall intern in der Kanzlei.

Ansonsten bleibt der Weg, den ich gewählt habe: sich direkt bei ausländischen Anwälten (bzw. AHK/Behörden/etc.) zu bewerben. Egal, wie die Ausbildungsstelle gefunden wurde, ist es am besten, frühzeitig bei den Referendariats-Ansprechpartnern am Gericht nachzufragen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Ich musste beispielsweise noch einen Ausbildungsplan einreichen, damit die von mir gewählte Kanzlei zugelassen werden konnte.

Finanzierung

Die Finanzierung des Auslandsaufenthalts ist ein so umfassendes Thema, dass ich dem in Kürze einen eigenen Beitrag widmen möchte. Für die Organisation gilt zu beachten: Erkundigt euch am besten frühzeitig bei den zuständigen Stellen, ob euer Bundesland einen Zuschlag zahlt, Reisekosten trägt, wie es mit der Versicherung ist und wieviel ihr in einem Nebenjob hinzuverdienen dürft.

Fazit

Egal ob in der Verwaltungs-, Anwalts- oder Wahlstation – wenn man die Gelegenheit für einen Auslandsaufenthalt im Referendariat hat, kann ich nur sagen: Nutzt es! Von den gewonnenen persönlichen, fachlichen und kulturellen Erfahrungen kann man nur profitieren. Wann, wie und wohin man ins Ausland geht ist eine Frage, die man am besten für sich selbst beantwortet.

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