6. Januar 2017
Seifenmuseum? Da kann ich mir wirklich Spannenderes vorstellen. Warum ein Besuch da aber gerade lohnenswert ist und euch die grün-gelbe Beflaggung im Süden nicht beunruhigen muss: Meine Reisehighlights eines Familienurlaubes im Dezember.
Saida und das Seifenmuseum
Im Süden liegen meine zwei Lieblingsstädte, wenn es darum geht, Beirut für ein paar Tage zu entfliehen: Saida (dt./engl. Sidon) und Sour (dt. Tyros, engl. Tyre). Und so entscheide ich mich, bei der Frage danach was ich meinen Eltern in meiner neuen Heimat außerhalb von Beirut zeigen möchte, erstmal für den Süden. Circa 45 Kilometer südlich von Beirut an der Küste entlang und bei wenig Verkehr sowohl mit öffentlichen Bussen als auch mit Mietwagen gut zu erreichen, liegt das entspannte Saida. Hier ein Muss: der, im Gegensatz zu Beirut, noch alte Souk (arabisch für Markt). Lasst euch einfach vom Gedränge durch die Gassen schieben, kauft frisches Obst und Gemüse, setzt euch mit einem Kaffe auf den sonnenüberfluteten Hauptplatz oder geht an der Promenade eine Falafel essen.
Außerdem gibt es das Seifenmuseum, lese ich in meinem ziemlich veralteten und nur halb zu empfehlenden Reiseführer (wie im Moment alle Reiseführer, die zum Libanon auf dem Markt sind) und bin schwer beeindruckt und wahnsinnig motiviert dort hinzugehen. Man kann sich doch kaum etwas Spannenderes vorstellen. Trotzdem ringe ich mich dazu durch, dem Museum einen Besuch abzustatten und werde positiv überrascht: kurz, medial aufgearbeitet und damit leicht verdaulich, wird die Herstellung von Seife erklärt, tatsächlich wohl so etwas wie eine Tradition hier. Und obendrauf gibt es noch einen Plan des Souk, auf dem alle Sehenswürdigkeiten eingezeichnet sind (wirklich sehr hilfreich!). Das Seifenmuseum – gerne wieder.
Von Saida nach Sour: Rund um Jezzine
Wir sind mit einem rüstigen Kleinwagen als Mietauto unterwegs und wagen es, ohne dezidierte Wetterinformation, einen kleinen Umweg über Jezzine zu nehmen, das vor allem für seinen Wasserfall bekannt ist. Anschließend werden wir dann weiter durch die Berge nach Sour fahren, was ansonsten auch entlang der Küste in knapp 40 Kilometern erreichbar ist. In einem der Restaurants direkt über jenem Wasserfall von Jezzine, und zwar ziemlich genau im ersten, essen wir erstmal Mittag. Das ist erstaunlicherweise bezahlbar und gut. Von europäischen Touristenrestaurants, wie in Berlin-Mitte oder auf dem Venediger Markusplatz, ist man da doch ganz anderes gewohnt. Jetzt sollte man das kleine Jezzine vom Touristenaufmarsch her vielleicht auch nicht mit Venedig vergleichen, aber freuen tut es die Mitglieder der deutschen Reisegruppe trotzdem. Der Wasserfall ist auch ganz nett.
Weiter geht’s und immer höher windet sich die Straße in Richtung Gebirge hinein, bis knapp über der Schneefallgrenze. Warum kommen uns eigentlich so viele Autos mit kleinen Schneebergen auf der Kühlerhaube, aber sonst keinem Körnchen Schnee entgegen, frage ich mich. Und stelle nach einer Weile fest, dass da nicht jemand unordentlich den Schnee vom Fahrzeug gefegt hat, sondern, dass der da ganz absichtlich drauf gebaut wurde. Auch eine Art den Schnee zu feiern, der hier im Libanon zwar an der Küste, in den Bergen aber garnicht mal so selten ist. Jedenfalls scheinen auch die LibanesInnen ihre Tage zwischen Weihnachten und Silvester zum Reisen zu nutzen und man sieht kleinere und größere Familien, mit und ohne Kinder, aber meist mit Wasserpfeife, Tee und selbstgemachtem Essen im Schnee Pause machen.
Weiter in Richtung Süden und Sour leitet uns Googlemaps (was einem im Libanon meist gute Dienste leistet) jetzt relativ nah an der israelischen Grenze und damit dem Sperrgebiet der UN entlang, in das man nur mit einer speziellen Erlaubnis fahren kann. Aber relativ nah bleibt ja relativ nah. Ansonsten ist die Region südlich von Saida schiitisch geprägt und damit intensiv in grün-gelb und/oder mit Märtyrerbildern aus dem Krieg von 2006 beflaggt. Was, wie ich an der Reaktion meiner Familie feststelle, vor allem Deutschen, die Beflaggung allgemein wenig gewohnt sind, am Anfang etwas befremdlich erscheint. Hier aber, vor allem in eher schiitisch geprägten Vierteln und Gegenden, normal und nicht zwangsläufig ein Hinweis auf einen besonderen Feiertag oder eine übermäßig politisierte Gegend ist.
Sour: Mediterraner Flair und Römische Ausgrabungen
Auch in Sour lassen sich gut ein paar Tage verbringen, sollte es euch mal zum Reisen in den Libanon verschlagen. Das Städtchen ist nochmal kleiner als Saida und verbreitet mit seinem alten Hafen mediterranen Flair. Nicht ganz einfach ist es hier eine bezahlbare Unterkunft zu finden, zumindest im Winter und vor allem nicht über das Internet. Wir nächtigten im Dar Alma, ein kleines Hotel in der Altstadt und direkt am Meer gelegen (ist aber eher was für den elterlichen Besuch, als das sparsame Studentenportemonnaie). Neben einem kleinen Spaziergang durch die Stadt oder an der breiten Promenade mit gemütlichen „Cafés“ entlang, lohnen sich in Sour vor allem die römischen Ausgrabungsstätten. Davon gibt es eine direkt am Meer, an der Südseite der kleinen Halbinsel, als auch eine weitere neben dem innerstädtischen palästinensischen Flüchtlingscamp und man kann sich aussuchen, ob das ehemalige, aber immer noch pompöse Stadttor das Hippodrom samt Badkomplex und Athletentrainingsbereich aussticht, oder andersherum.
Nach zwei Nächten in Sour geht es wieder zurück nach Beirut, aber nicht ohne im Osten der Metropole noch das Shoufgebirge mit seinem Zedernreservat und dem ehemaligen osmanischen Palast Beit ed-din besichtigt zu haben. Im Zedernreservat angekommen ist der erste Satz von Papa Rink: „Sieht aus wie am Präbichl hier“ (Präbichl, ein österreichisches Dorf in der Obersteiermark), auch wenn die Bäume erwiesenermaßen keine Tannen, sondern Zedern sind (sehen sich aber ziemlich ähnlich). Der Besuch dort also eher ernüchternd. Trotzdem, die Fahrt durchs Gebirge ist toll und in den alten Gebäuden könnte man mal wieder Stunden verbringen.
Unser Fazit
Gastfreundliche Menschen, Meer und Wind, Gebirge und Wasserfälle, Altstädte und Ausgrabungen, kurzum: uneingeschränkt sehenswert.