29. Dezember 2018
Langsam geht das Wintersemester zu Ende. Einige meine Kommilitonen haben ihr Auslandssemester bereits abgeschlossen und kehren nun nach Deutschland zurück. Was passiert aber, wenn man sich wieder in Deutschland einfinden muss? Kann man einen Kulturschock von der eigenen Kultur bekommen?
Es klingt schon irgendwie komisch. Da hast du versucht, dich während deines Auslandsaufenthaltes so gut wie möglich an eine fremde Kultur anzupassen. Du hast nun eigentlich das Gefühl, dass dich nichts mehr schocken kann. Doch dann bist du wieder zu Hause und kommst erst mal so gar nicht klar. Wenn es dir so geht, handelt es sich bei dir sehr wahrscheinlich um einen Reverse Culture Shock.
Ein Thema, über das selten gesprochen wird
Wenn man über Auslandsaufenthalte spricht, wird meistens thematisiert, wie man mit einem Kulturschock vor Ort umgehen kann. Ein Thema über das aber sehr selten Gesprochen wird, ist der Reverse Culture Shock. Also der Kulturschock in der eigenen Kultur. Als ich vor fast zwei Jahren aus dem Auslandssemester wiederkommen bin, hat auch mich dieser voll erwischt. Ich war in den letzten Tagen für einen kurzen Weihnachtsbesuch in meiner Heimatstadt Hamburg und habe die Zeit genutzt, nochmal über das Thema des Wiederankommens nachzudenken.
Vom täglichen Abenteuer zum Alltäglichen
Wie ich bereits in meinem Artikel zum Auslandssemester beschrieben habe, war mein erster Auslandsaufenthalt eine abenteuerliche Zeit mit vielen Reisezielen und Einblicken in die chinesische Kultur. Ich war ununterbrochen mit neuen Aspekten konfrontiert und habe mich generell sehr wohl im Ausland gefühlt. Zurück in Hamburg war dies ein krasser Unterschied. Natürlich waren da meine Familie und meine Freunde, die ich alle sehr gerne wieder gesehen habe. Im Kontrast zu China fühlte sich der deutsche Alltag allerdings nicht so an, als würde an jeder Ecke etwas spannendes auf mich warten. Hinzu kam natürlich noch das sehr einladende Hamburger Februar-Wetter, bei dem ich eigentlich nur schreiend weglaufen wollte.
Bei einem Reverse Culture Shock fokussierst du dich also erstmal auf alles Negative was so zu Hause auf dich wartet. Positive Aspekte deiner Heimat geraten dabei schnell in Vergessenheit. Gleichzeitig siehst du über Instagram, wie das Leben an deinen Lieblingsorten im Ausland scheinbar spektakulär weitergeht. Nun aber halt ohne dich. Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass sich dies negativ auf deine Laune auswirken kann. Psychologen sprechen hierbei sogar von einem Ablehnen der eigenen Kultur. Was also nun, wenn die Laune im Keller ist und du eigentlich viel lieber zurück im Ausland wärst?
Nutze die Energie für deinen nächsten Schritt
Wie sich ein Reverse Culture Shock ausprägt ist natürlich für jeden unterschiedlich. Studien zufolge kann ein solcher Shock sogar bis hin zu Depressionen führen. In einem solchen extremen Fall solltest du dich auf jeden Fall professionell beraten lassen. In meinem Fall hat der Reverse Culture Shock ein Gefühl der Unruhe und Unzufriedenheit ausgelöst und ich habe mir daraufhin viele Fragen gestellt. Wie soll es für mich in den nächsten Jahren weiter gehen? Wo möchte ich beruflich stehen? Was ist mir eigentlich im Leben wichtig? Vielleicht braucht es manchmal Erfahrungen wie diese, um sich mit solchen Fragen ernsthaft zu beschäftigen und eine temporäre Antwort festzulegen.
Beispielsweise habe ich in dieser Zeit einen Vierjahresplan aufgestellt, den ich daraufhin mit voller Energie verfolgt habe. So hat mein Auslandsaufenthalt bei mir den Hunger nach noch mehr Studien- und Berufserfahrung im Ausland geweckt. Mit meinem derzeitigen Masterstudium in China liege ich somit auch voll in der Planung. Lass dich also nicht unterkriegen von einem Reverse Culture Shock sondern nutze ihn zur Verfolgung deiner neu definierten Ziele!
Im übrigen, während meines Weihnachtsbesuch in Hamburg hatte ich nicht das Gefühl des Reverse Culture Shock. Vielleicht weil ich wusste, dass es in zehn Tagen wieder zurück nach Shanghai ging.