6. März 2021
Eine Woche nachdem ich in Island ankam ging das Semester los. In der ersten Woche waren alle Kurse für mich noch online. Das änderte sich aber schnell.
Orientierungstage
Bevor das Semester anfing, gab es noch zwei Orientierungstage. Aufgrund der Corona-Beschränkungen fand die Orientierung online statt. Es ging um organisatorische Sachen wie der Wechsel von Kursen oder den Studentenausweis. Am interessantesten fand ich den Vortrag über die Geschichte Islands. Island ist erst seit etwa 1.000 nach Christus durchgehend besiedelt. Im Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg hatte die Insel eine wichtige geostrategische Rolle. 1986 fand in Island ein wichtiges Gipfeltreffen zwischen dem damaligen US-Präsidenten Ronald Regan und dem Generalsekretär der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, statt. Dieses Treffen gilt als Anfang vom Ende des Kalten Krieges.
Es gab auch einen Crashkurs für Isländisch. Interessanterweise war die Hauptaussage des Kurses, dass es sich nicht lohnen würde, isländisch zu lernen. Isländisch sei eine Sprache mit unglaublich komplizierter Grammatik, sie werde nur von etwa 350 Tausend Menschen gesprochen und diese Menschen sprechen auch fast alle Englisch. Dennoch wurden uns Grundbegriffe beigebracht. Darunter auch die Redewendung „þetta reddast“. Sie bedeutet soviel wie „wird schon irgendwie klappen“ und ist eine Art Lebensmotto der Isländer.
Die Vorlesungen gehen los
In der ersten Vorlesungswoche waren für mich alle Vorlesungen online. Nach den Corona-Regeln teilte die Universität die Studenten in Gruppen von 50 Personen einteilen. Innerhalb einer Gruppe durften die Studierenden gleichzeitig in einem Vorlesungsraum sein. Bei größeren Kursen, oder falls Studierende aus unterschiedlichen Gruppen in einem Kurs waren, wurden die Vorlesungen gestaffelt besucht und der Rest war online dabei. Ab der zweiten Woche, als auch Auslandsstudierende in die Gruppen eingeteilt waren, konnte ich eine Vorlesung und eine Laborarbeit vor Ort besuchen. Inzwischen sind die Corona-Regelungen so weit gelockert, dass jede Vorlesung vor Ort besucht werden darf.
Ich war erstaunt, wie spontan die Dozent*innen von Isländisch auf Englisch gewechselt haben. Teilweise wurde am Anfang der Vorlesung gefragt, ob jemand kein Isländisch spricht. War dies der Fall, wurde die ganze Vorlesung auf Englisch gehalten, in Teilen auch zu Präsentationsfolien auf isländisch. Für die isländischen Studenten war das völlig normal.
Vorlesungen auf Discord und Twitch
Discord und Twitch werden normalerweise beim Computerspielen benutzt. Discord ist eine Video- und Sprachkonferenzplattform, über Twitch kann man Livestreams veranstalten. Dozent*innen benutzten diese Plattformen jedoch teilweise für Vorlesungen. Am Anfang fühlte es sich ein bisschen komisch an, auf Plattformen, auf denen sich sonst Gamer tummeln, Professor*innen zu sehen. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt und denke gar nicht mehr darüber nach. Discord hat zudem viele Vorteile, da Dozent*innen sehr flexibel Unterräume kreieren können. Manche Dozent*innen benutzen sogar Bots (Computerprogramme die sich als Teilnehmer*innen einloggen und eine bestimmte Funktion erfüllen), um Warteschlangen für Fragestunden zu ermöglichen.
Insgesamt ist aufgrund der kleinen Kursgrößen der Austausch mit den Professoren sehr eng. In meinen Kursen sind meist etwa nur 20 Studierende. Das die Uni so klein ist (etwa 3800 Studierende) hat auch weitere Vorteile, aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag.