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Rückkehr in ein neues Leben

Woher kommt eigentlich dieses Klischee, dass jede*r als scheinbar anderer Mensch aus dem Auslandsaufenthalt zurückkommt? Mein Take dazu: Weil es eben stimmt. Zumindest teilweise. Ob das auch für mich und meine Mission gilt, erfahrt ihr in meinem letzten Blogeintrag.

In meinem allerersten Blog habe ich mir vorgenommen, mein Auslandssemester als eine Art Probetestlauf zu sehen. In erster Linie, um dafür zu sorgen, dass ich die Zeit auch wirklich genieße und mich selbst nicht zu sehr unter Druck setze. Bewusst entschied ich mich deshalb auch dagegen, als Journalistin in Australien zu arbeiten. Nicht umsonst war ich vier Wochen lang vor meinem Semester in Singapur, um dort einen Eindruck vom Auslandsjournalismus zu bekommen. Das anschließende Semester wollte ich dann vor allem für mich selbst nutzen. Eine Kombi aus Arbeit und Zeit zur Selbstfindung. Soweit der Plan. Am Ende bleibt nun die Frage: Was habe ich herausgefunden?

Pläne sind zum Ändern da

Als Auslandskorrespondentin ist ein essenzieller Teil des Jobprofils im Ausland leben zu wollen. Nach fünf Monaten auf einem anderen Kontinent kann ich sagen, dass ich mir das im Laufe meines Lebens definitiv nochmal vorstellen könnte. Allerdings unter Vorbehalt. Denn ich weiß jetzt, was es heißt, über 16.000 Kilometer weit weg zu leben. Auf Dauer. Als ehemalige Flugbegleiterin bin ich es gewohnt, wichtige Momente im Leben meiner Familie und Freunde mal zu verpassen. Das eigene soziale Umfeld aber im Prinzip aufzugeben, weil ihr mit Glück ein bis zwei Mal im Jahr nach Hause kommt, ist aber eine ganz andere Hausnummer. Wissend, wie schwer die letzten Monate waren, kann ich mir das aktuell nicht vorstellen. Es gab einige Tage, an denen ich die Distanz verflucht habe und wusste: Was ich heute verpasse, das kann ich niemals nachholen. Ich war einfach kein Teil dieses Moments, dieser Erinnerung. Vielleicht liegt die Lösung für mich daher auf halber Strecke oder sogar innerhalb europäischer Grenzen.

Spür dich mal wieder

Es gibt so vieles, was für einen (temporären) Umzug ins Ausland spricht: Ihr lernt nicht nur einiges über eine neue Kultur, sondern vermutlich am meisten über eure eigene. Oft habe ich darüber nachgedacht, mit welchem Wertesystem ich eigentlich aufgewachsen bin. Finde ich alles daran gut? Was finde ich an anderen Kulturen toll, was schätze ich an meiner eigenen? Ziemlich „deepe“ Fragen, aber auf die Suche nach deren Antworten zu gehen, lohnt sich meiner Meinung nach. Für mich habe ich herausgefunden, dass ich sehr oft nach der maximalen Effizienz und der besten Leistung strebe und mich dadurch unter einen Druck setze, dem ich selbst gar nicht gerecht werden kann. Langfristig bin ich dann ziemlich selten zufrieden und nehme mir dafür auch gar nicht so richtig Zeit. Ich will dafür jetzt nicht die deutsche Kultur verantwortlich machen. Die Dinge nicht halblebig, sondern „gescheit“ zu erledigen, ist aber doch typisch Deutsch, klassisch Schwäbisch sogar. Die australische Uhr tickt da ganz anders. Hier wird gerne mal um 14 Uhr das Café geschlossen, um den Nachmittag am Strand zu verbringen. Einnahmen hin oder her! Diese „laid back“-Haltung heißt aber nicht, dass die eigenen Ziele vernachlässigt werden. Ich glaube, Australier*innen räumen sich prinzipiell einfach nur mehr Raum für das eigene Wohlbefinden ein. Ich musste in den vergangenen Monaten auf jeden Fall lernen, dass alles seine Zeit braucht und ich darauf manchmal einfach vertrauen muss. Ursprünglich hatte ich geplant, während meines Aufenthaltes die Weichen für meine berufliche Zukunft zu legen. Ich schrieb Bewerbungen für Volontariate und Jobs, die im besten Fall auf mich warten würden, wenn ich zurückkäme. Dass 16.000 Kilometer zwischen mir und diesem Plan stehen, habe ich auf die harte Tour lernen müssen. Ich kann eben nicht alles im Voraus planen (insbesondere mit sechs Monaten für die Masterthesis dazwischen). So kam ich aus meinem Auslandssemester ohne Jobangebot zurück.

Good things take time

Manchmal denke ich, mein Auslandssemester war eine Art gezwungenes Ausbremsen, das ich dringend nötig hatte. Ein Zeichen, nicht alles auf einmal zu wollen und erreichen zu müssen. Für eine irgendwie falsch gepolte Einstellung spricht auch, dass ich die Auslandserfahrung fast nicht gemacht hätte, um die Monate nicht zu „verschwenden“. Heute weiß ich, dass ich mit meinen 25 Jahren noch viel Zeit habe, an meinen Zielen zu arbeiten. Mit ziemlicher Sicherheit wäre es unklug, danach alles auszurichten – denn vermutlich verändern sich diese Ziele noch ziemlich oft. Das liegt nicht nur an der Medienbranche selbst, die eigentlich immer im Wandel ist. Auch ich verändere mich und lerne gerade erst, was mich im Leben wirklich glücklich macht. Sydney war mir dabei eine große Hilfe und dafür werde ich der Stadt immer dankbar sein. Auch wenn sie es mir nicht immer einfach gemacht hat.

Zum Scheitern verurteilt

Als Rat würde ich euch am Ende meines letzten Blogbeitrages gerne eine Sache mit auf den Weg geben: Habt nicht allzu konkrete Erwartungen an euren Auslandsaufenthalt. Das wäre wirklich zum Scheitern verurteilt. Natürlich ist es wichtig, aus der Zeit viel für euch rauszuholen. Manchmal müsst ihr euch zur ein oder anderen Aktivität, zu einer Party und dem Kennenlernen neuer Leute aufraffen. Aber vergesst nicht: Ihr lebt an diesem neuen, unbekannten Ort! Ihr seid nicht auf Reisen. Ihr habt gute und schlechte Tage. Euch beschäftigen vielleicht auch Probleme, die euch den Schlaf rauben. Ihr wacht morgens auf, wollt eigentlich Sport machen, irgendwie aber auch nur den Tag im Bett verbringen und Serien gucken. Vielleicht wollt ihr abends lieber mit der Heimat telefonieren, statt auszugehen. Worauf ich hinauswill: Seid nicht zu hart zu euch selbst. Das Auslandssemester wird von ganz allein zum Abenteuer eures Lebens, ob ihr eure eigene Mission für diese Zeit erfüllt oder nicht. Dafür müsst ihr aber auch mal innehalten und nicht schon mit den Gedanken beim nächsten Erlebnis sein.

Für mich sind die schönsten, unvergesslichsten Erinnerungen tatsächlich viele kleine Alltagsmomente. Wie meine Freundin Anne und ich eine fremde Frau im Café zum Lachen brachten, einfach weil wir so waren, wie wir eben sind. Oder wie ich Freundschaft mit einem Verkäufer im Supermarkt um die Ecke schloss.

Bewahrt euch die Aufmerksamkeit für solche Kleinigkeiten, ja? Für mich war das auch der Trick, um zurück in Deutschland nicht in eine Sehnsucht nach Australien zu fallen. Denn auch hier – so wie eigentlich überall – gibt es jeden Tag viel Schönes zu entdecken.

In diesem Sinne,

Alles Liebe eure Linda

Hast du noch Fragen?

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