27. September 2018
Nun bin ich genau eine Woche in Schardscha und mir ist aufgefallen, dass hier so einiges anders abläuft als in Deutschland. Von Geschlechtertrennung auf dem Campus bis Wochenenden, die freitags beginnen. Aber lest selbst!
1) Die Hitze
Der offensichtlichste Unterschied, den man sofort zu spüren bekommt, ist die unglaubliche Wärme hier. Ich bin zu einem guten Zeitpunkt hergereist. Es wird langsam Winter – die angenehmste Jahreszeit mit 25 bis 30 °C im November und Dezember. Ich glaube, vorweihnachtliche Stimmung wird bei mir dieses Jahr nicht aufkommen. Im Sommer wird es hier über 50 °C und zur Zeit sind es täglich noch an die 40 °C, die mit einer hohen Luftfeuchtigkeit einhergehen. Dementsprechend sind alle Gebäude und Transportmittel mit (oft zu kalt eingestellten) Klimaanlagen ausgestattet. Das Leben beginnt hier erst, sobald die Sonne untergeht. Vorher werden die Wege zwischen Auto und nächstem Gebäude möglichst kurzgehalten.
Vorteil: Über das Wetter und entsprechende Kleidung muss man sich keine Gedanken machen – das ist jeden Tag gleich. Regen gibt es hier auch nur äußerst selten.
2) Auto ist King
Nicht nur wegen den Außentemperaturen ist ein Auto hier ein Muss. Auch der öffentliche Nahverkehr in Schardscha ist sehr schlecht ausgebaut (das sieht in Dubai mit der fahrerlosen Metro schon wieder ganz anders aus). Um zur Uni zu kommen, gibt es extra einen Bus, der uns hinbringt und nachmittags gegen 16:30 Uhr wieder abholt. Möchte man unabhängig sein, muss man die 12 Dirham (ca. 2,80 €) Taxikosten für die Distanz zwischen Uni und Unterkunft auf sich nehmen. Ohne Wagen geht hier nicht viel. Autos sind in den Emiraten ziemlich erschwinglich, ebenso das Benzin (circa 0,40 €/Liter). Daher besitzt fast jeder Student ein Auto – das ist mir aus Heidelberg mit Fahrrädern bekannt.
3) Der heilige Freitag
Was für die Christen der Sonntag, ist für die Muslime der Freitag. Dementsprechend ist das Wochenende in islamisch geprägten Ländern am Freitag und Samstag. Vor dem 1. September 2006 war es Donnerstag und Freitag. Doch um sich mehr der westlichen Welt anzupassen, mit der die Emirate in engem geschäftlichen Kontakt stehen, wurde es verschoben. Ich sag euch, es ist sehr verwirrend, wenn die Woche plötzlich an einem Sonntag beginnt. Ich muss mehrmals am Tag nachdenken, welchen Wochentag wir gerade haben. Mal sehen, ob ich mich an den anderen Rhythmus noch gewöhnen werde. Muslime sind dazu angehalten, fünf Mal am Tag zu beten. Fünf Mal am Tag ertönt der Gebetsruf (Adhān) des Muezzins aus der Moschee. Das erste Mal gegen fünf Uhr morgens. Da heutzutage Lautsprecher verwendet werden und sich eine Moschee direkt vor meiner Haustür befindet, werde ich von diesem Sprechgesang jeden Morgen aufgeweckt. Ich habe noch die Hoffnung, dass mich das bald nicht mehr stören wird. Freitags gibt es ein besonderes Gebet, welches das normale Mittagsgebet ersetzt und nach Möglichkeit gemeinsam in der Moschee verrichtet werden sollte.
Wird wirklich fünf Mal täglich gebetet?
Ich habe mich mit einer Studentin darüber unterhalten und sie hat mir versichert, dass die meisten Gläubigen das tägliche fünfmalige Beten tatsächlich praktizieren. Es gibt ein paar „cool kids“, die nicht so regelmäßig beten, aber ansonsten wird sich daran gehalten. Sie hat mir die App gezeigt – heutzutage werden Smartphones ja für alles gebraucht – die sie nutzt, um die Gebetszeiten einzuhalten. Ein Countdown zeigt an, wann Zeit für das nächste Gebet ist. Die Gebetszeiten richten sich nach dem Stand der Sonne und sind dementsprechend jeden Tag etwas verschoben. Für das Gebet muss nicht unbedingt eine Moschee aufgesucht werden, sondern es kann auch in einem normalen Raum erfolgen. Wichtig ist, dass das Gebet Richtung Mekka ausgerichtet wird. Auch hier hilft die App mit einem integrierten Kompass, um sich korrekt zu positionieren – wie haben die Menschen das nur früher organisiert? 😉
4) Geschlechtertrennung
Sei es auf dem Campus der University of Sharjah oder in der Moschee – Geschlechtertrennung sieht man hier immer wieder. In der Universität gibt es einen Campus für Männer und einen für Frauen, ebenso sind die Sportanlagen und die Studentenwohnheime nach Geschlechtern getrennt. Dies betrifft auch uns Praktikanten – während die Männer auf dem Campus untergebracht sind, wohnen wir außerhalb in Apartments (Gott sei Dank, denn die Studentenwohnheime für Frauen haben strikte Ausgangsregeln). Es gibt auch gemischte Bereiche in der Universität, wie zum Beispiel der medizinische Campus, wo auch mein Forschungsinstitut untergebracht ist. Ich habe Geschichten gehört von Klassenräumen auf dem Campus, wo eine Trennwand in der Mitte die beiden Geschlechter trennt – undenkbar in Deutschland. Auch in der Moschee gibt es Gebetsräume für Männer und für Frauen, sodass die Männer sich vollkommen auf Gott konzentrieren können und nicht von Frauen abgelenkt werden.
5) Totales Alkoholverbot
Im islamischen Glauben ist Alkohol verboten. In Dubai kann man in Bars und Clubs, Restaurants und Hotels Alkohol kaufen – was natürlich gut für den Tourismus ist. In Schardscha hingegen herrscht ein totales und strenges Alkoholverbot. Alkohol wird hier nirgendwo verkauft. Betrunkensein in der Öffentlichkeit steht in den Emiraten unter Geld- oder Gefängnisstrafe. Ach ja, ab und an sehne ich mich hier nach einem geselligen Feierabendbier. Übrigens, auch das Rauchen ist hier fast überall verboten.
Die islamische Kultur ist hier allgegenwärtig und neben dem Klima hauptsächlich für die Unterschiede zu Deutschland verantwortlich. Es gibt natürlich noch weitaus mehr Besonderheiten – vielleicht kommt noch ein zweiter Beitrag dazu. Über mein Lieblingsthema – das Essen – wird definitiv noch ein Bericht kommen, wo ich näher auf die kulinarischen Köstlichkeiten und Kuriositäten eingehen werde. Ich finde es super interessant, für einige Zeit in einer so anderen Welt zu leben und bin gespannt, was ich noch Neues entdecke.
Annette
29. September 2018
Superinteressant, ich lese es gerade als Nachtlektüre und freue mich schon auf den nächsten Eintrag.
Ganz liebe Grüße
Annette
Laura Wolbeck
30. September 2018
Das freut mich sehr zu hören, nächster Beitrag ist schon in der Mache!
Liebe Grüße 🙂
Paps
29. September 2018
Wirklich sehr interessant! Besonders die App.
Es ist schon etwas Besonderes, andere Lebenswelten kennenzulernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen.
Genieße die Zeit!
Paps
Laura Wolbeck
29. September 2018
Schön, dass es euch allen gefällt. Freue mich wirklich über die Rückmeldung. Werde ich tun 🙂
Alessa Wolbeck
28. September 2018
Freue mich immer wieder über neue Berichte, so habe ich einen guten Grund für eine kurze Lernpause 😀
Wirklich sehr interessant! Wünsch dir noch ganz viel Spaß und komm gesund wieder!
Dein Schwesterherz
Laura Wolbeck
29. September 2018
Ah das freut mich sehr, Süße! Viel Erfolg in der Klausurenphase! Küsschen
Doro
28. September 2018
Hallo Laura, total interessant, was du da schreibst! Ich werde das weiter verfolgen und wünsche dir eine eindrucksvolle, unvergessliche Zeit! Pass gut auf dich auf❣️
Liebe Grüße,
Doro
Laura Wolbeck
28. September 2018
Hi Doro!
Das freut mich, dass dir gefällt, was ich hier schreibe.
Danke, mache ich!
Viele Grüße :-*