13. März 2020
Seit Januar studiere ich in Grenoble, die größte am Hochgebirge liegende Stadt der Alpen. Als Correspondent berichte ich seit einigen Wochen über meine Erlebnisse und Erfahrungen. Dabei immer im Blick: meine Mission. Und nun ist die Hälfte meines Auslandsaufenthaltes um. Was gibt es zu berichten?
In Berlin habe ich mir, im Rahmen des Correspondenten-Workshops von studieren weltweit, meine Mission erarbeitet. Ich wollte euch zeigen, dass studieren mehr als nur Unialltag sein kann. Ich wollte etwas neues erleben und neue Seiten an mir kennenlernen. Mein ERASMUS-Semester war alles andere als unüberlegt. Schon immer wollte ich mal ins Ausland. Bereits zu Beginn meines Studiums war klar, dass ich Auslandserfahrungen sammeln möchte. Ich dachte ursprünglich an Famulaturen – so nennt man die Praktika im Medizinstudium. Nach dem ersten Staatsexamen kam mir die Idee eines ganzen Auslandssemesters.
Wieso ins Ausland?
Kindergarten, Vorschule, Grundschule, Gymnasium, muttersprachlicher Unterricht (ich habe zwei mittlere Schulabschlüsse, einen deutschen und einen portugiesischen), Abitur und studiere jetzt Medizin an der Ruhr-Universität Bochum. Unzufrieden mit meinem Werdegang war ich nie. Vielmehr war ich glücklich darüber, tun zu dürfen, was ich wollte. Dies verdanke ich meinen Eltern, denn sie versetzten Berge, um mir gute Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Am Ende jedoch, schmiedet man sein eigenes Glück.
Der Druck ist hoch
Im Medizinstudium wird man von Arbeit erschlagen. Von Anfang an muss man funktionieren. Zusammen mit Hunderten von anderen wird man ins Rennen geschickt. In den ersten Semestern erdrücken einen Klausuren, Tests, mündliche Prüfungen und Seminararbeiten. Mehrere Stunden am Tag lang lernen, Tag ein, Tag aus, über Wochen und Monate hinweg. Nach vier Semestern folgt das Physikum (so nennt man das erste medizinische Staatsexamen), was bei mir 30 bis 50 Tage Lernvorbereitung bei hochsommerlichen Temperaturen bedeutet hat.
Hat man das geschafft, findet man sich, mit einem Bruchteil der Kommilitonen, in den Unikliniken wieder. Es beginnt der klinische Abschnitt des Studiums. Deutlich praxisorientierter und viel anspruchsvoller. Medizin studieren bedeutet nicht, wie gerne behauptet wird, dass man „nur auswendig“ lernen muss. Die Ansprüche an die Studenten gehen weit darüber hinaus. Man muss Zusammenhänge verstehen, auch nach zehn Klausuren noch die elfte mit Bravour über die Bühne bringen, durchhalten, mit kranken Menschen umgehen lernen und zu guter Letzt: menschlich sein.
Die Erasmusblase
Im Ausland angekommen, taucht man plötzlich in eine andere Welt ein. Umgeben von anderen Studierenden aus der ganzen Welt, verging die Anfangszeit wie im Flug. Man rennt von einem Ort zum nächsten und lernt am Tag viele neue Menschen kennen. Morgens Uni, mittags Aktivitäten, abends Party. Tag ein, Tag aus. Für mich war es wie in der Erstiwoche, zu Beginn meines Studiums. Das Auslandssemester in Frankreich entpuppte sich als viel multikultureller als gedacht und dies ist bis heute eine der schönsten Erfahrungen. Ich lerne viel Neues über die unterschiedlichsten Kulturen und Länder kennen und merke deutlich, dass ich einen anderen Blickwinkel auf das Leben und die Welt entwickle.
Selbstreflexion
Mit der Zeit nahm die anfängliche Euphorie stark ab. Der Alltag kehrte ein, jedoch kein gewöhnlicher Alltag. Ich habe hier viel mehr Zeit als in Deutschland. Außerdem fühlte ich mich zunehmend von meiner Heimat losgerissen. Einsamkeit nahm den Platz der Euphorie ein. Es wurde Zeit, mich mehr mit mir selbst auseinanderzusetzen. Keine Klausuren im Nacken, keine Abgabetermine, keine Nachtdienste, keine alltäglichen Kleinigkeiten. Ich fing an, in mich hinein zu horchen.
Ich fing an meiner größten Leidenschaft, dem Tanzen mehr Zeit zu widmen. Ich vernetzte mich außerdem zunehmend mit Tänzern, um mir meine eigene Community aufzubauen. Auf der Suche nach mir selbst fand ich mein Herzensprojekt, meinen eigenen Tanzkurs zu beginnen, um jedem Studenten kostenlose Tanzstunden in Hip-Hop und Dancehall zu ermöglichen. Außerdem fing ich an, mir Pausen einzugestehen. Mit der Zeit fand ich ein neues Hobby, nämlich das bereits oft erwähnte Wandern. Die Nähe zur Natur und die damit einhergehende Ruhe hilft mir, mich selber zu reflektieren und meiner Mission, neue Seiten an mir kennenzulernen, weiter nachzugehen.
Dies war ein sehr persönlicher Beitrag. Auch das gehört für mich zu meiner Mission. Im Auslandssemester geht es für mich vor allem um die persönliche Entwicklung. Falls ihr Fragen an mich habt, könnt ihr jederzeit unter meinen Beiträgen kommentieren oder mir persönlich auf Instagram schreiben.
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Vom Sportmuffel zur Sportskanone