6. Mai 2021
Nach nur acht Wochen Unterricht ist mein Semester in Trento in Italien vorbei und ich bin bereits mitten in meiner Prüfungsphase. Heute möchte ich eine kleine Bilanz vom kürzesten Semester meines Studiums ziehen.
Die Präsenzphase
Tatsächlich existiert hier in Italien eine Art Hybridunterricht. Da ich leider in den ersten drei Wochen meines Semesters wegen meiner Coronaerkrankung nicht am Präsenzunterricht teilnehmen konnte und die Präsenzphase danach wegen der roten Zone ausgesetzt wurde, bin ich letztendlich ganze zwei Wochen an die Universität gegangen. Da ich seit 2018 keine Universitätskurse mehr belegt hatte, war es trotzdem eine ganz spannende Erfahrung! Die Dozenten sind nämlich im Seminarraum, aber der Unterricht findet gleichzeitig auch auf Zoom statt und die Interaktion klappt eigentlich auch gut. Besonders für Vorlesungen rentiert sich dieses Format, für Seminare in denen gerne Breakouträume genutzt werden, wird reiner Online-Unterricht bevorzugt.
In zwei meiner Kurse sind wir ins Labor gegangen, um mit zwei Softwares zu arbeiten, Atlas.ti und QGIS. Ganz einwandfrei hat es dann leider doch nicht geklappt. Denn nicht alle haben in Präsenz teilgenommen haben und unsere Dozentin musste uns sowohl online als auch in Präsenz managen. Das Problem: Softwares haben doch irgendwie immer ein paar Sonderheiten, bei denen sie manchmal nicht funktionieren wollen, wenn man zum Beispiel nicht das letzte Softwareupdate auf seinem Laptop gemacht hat … Trotzdem war es echt schön, meine Kommilitonen auch mal in echt zu sehen und danach noch auf einen Aperitivo sich in die Sonne zu setzen. Nach einem Jahr Online-Unterricht fiel es mir in Präsenz auch viel leichter, den Vorlesungen zu folgen.
Pizza in der Mensa
Da ich auch nur zwei Wochen an der Uni war und sehr zentral wohne, habe ich die Mensa bisher auch nur einmal besucht – vielleicht in der Prüfungsphase jetzt öfters, wenn ich zu faul zum Kochen bin, denn in der Mensa gibt es auch Abendessen. Eine komplette Mahlzeit (die wirklich sehr viel ist) kostet 5 Euro und es gibt auch Pizza zur Auswahl! Man muss mit seinem Studierendenausweis bezahlen, den man vorher mit Bargeld auflädt. Mit der App Opera4U muss man sich vorher einen Sitzplatz reservieren und digital anmelden, bevor man in die Mensa geht.
Semester und Prüfungen in Italien
Das Semester hat offiziell am 1. März hier angefangen und ist seit dem 26. April vorbei. Hier habe ich schon einmal detaillierter über meine Kurse und deren Struktur in Italien gesprochen.
Nach dem Semester habe ich jetzt ungefähr fünf Wochen Zeit, um für alle meine Kurse eine Hausarbeit abzugeben. Jede Hausarbeit muss ich auch noch mündlich eine Woche nach Abgabe verteidigen – im digitalen Rahmen. Wie in Deutschland sucht man für seine Hausarbeiten gemeinsam mit dem Dozenten eine Fragestellung aus – mit fast allen hatte ich auch ein persönliches (digitales) Treffen, in dem mir Feedback zu meinen Ideen gegeben wurde, sowie Input zu der Struktur und auch Literaturempfehlungen. Das habe ich als besonders wertvoll empfunden. Man muss aber auch mindestens halbwegs vorbereitet in die Termine gehen. Neben meinen Abgaben und Verteidigungen habe ich auch noch Mitte Mai die Abschlussprüfungen für meinen Italienisch-Sprachkurs. Es wird also ein ziemlich anspruchsvoller Monat.
Unterschiedliche Notensysteme in Europa
Eine kleine Herausforderung ist das italienische Notensystem. Es ist anders als was ich bisher kennengelernt habe: nämlich eine Punkteskala bis 30 (man braucht 18 zum Bestehen, aber es gibt auch 30 e lode wie eine 1* in etwa). In Schottland hingegen gibt es Noten von A1 bis G2 (Man braucht ein D3 zum Bestehen). All das ist ganz anders als das einfache 1,0 bis 6,0 System, wie ich es aus Deutschland kenne.
Daher habe ich euch hier einmal die offizielle Umrechnungstabelle meiner Heimatuniversität in Glasgow angehängt. Für mich werden die Noten später nämlich in das schottische Notensystem umgerechnet. Trotz meines Erasmus Mundus Masters, ist meine Heimatuniversität die University of Glasgow, daher wird weiterhin eine Umrechnung der Noten gebraucht. Nicht nur die Umrechnung der Noten stellt eine Herausforderung dar, sondern auch die Struktur der Hausarbeiten. Denn mit einem politikwissenschaftlichen Bachelor bin ich eine ganz bestimmte Struktur von Hausarbeiten gewohnt. Aber dadurch, dass ich dieses Semester auch Jurakurse und Geschichtskurse belegt habe, bin ich auch etwas mit neuen Hausarbeitsstrukturen konfrontiert. Zum Glück sind die Dozenten aber sehr geduldig und nehmen sich viel Zeit, Quereinsteigern ihre Erwartungen zu erklären.
Vor- und Nachteile eines kurzen Semesters
Ein kurzes Semester kann auch ziemliche Vorteile haben. Dadurch, dass ich nur acht Wochen Unterricht hatte, plus zusätzlich einen Monat lang Prüfungen, hatte ich vor Beginn meines Semesters den ganzen Februar frei und konnte einen Intensiv-Sprachkurs und einige Workshops belegen. Jetzt habe ich im Sommer ganze vier Monate frei und kann diesen nach meinen Wünschen gestalten. Mein Plan: eine Summer School, die über meinen Studiengang angeboten wird, zu besuchen und meine Forschungsfrage für meine Dissertation festlegen und den Forschungsstand erarbeiten.
Aufgrund des recht intensiven Semesters fiel mir persönlich das Finden von Hausarbeitsthemen relativ leicht, da das Gelernte noch nicht allzu lange zurück lag. Ein negativer Aspekt des kurzen Semesters ist für mich persönlich, dass man kaum Zeit hat, das ganze Gelernte auf sich wirken zu lassen und zu verarbeiten. Mit der direkt anschließenden Prüfungsphase wird es nicht unbedingt leichter, ohne Verschnaufpause direkt weiterzuarbeiten. Persönlich empfinde ich diese Phase auch als sehr stressig, weil anders als in Deutschland oder Schottland Deadline-Verlängerungen für Hausarbeiten nicht wirklich gängig sind. Dafür kann man seine Note ablehnen und die Prüfung erneut ablegen, wenn man möchte.
Für mich geht es jetzt zurück zur Literaturrecherche und ich wünsche allen Prüflingen da draußen gutes Durchhalten!