21. November 2015
Als ich mich letztes Wochenende mit Freunden zum Mittagessen am Strand verabredet habe, hatten wir eine komische Unterhaltung: Eine Freundin fragte, ob wir auch etwas von der sich verschlechternden Sicherheitslage gehört hätten. Ja, habe ich. Im Büro ist dies seit ein paar Tagen öfter Thema unter den Kolleginnen und Kollegen.
Durch meine Arbeit mit der Flüchtlingskrise in Nigeria bekomme ich viel vom Terror des Islamischen Staates in Westafrika (ex-Boko Haram) mit. Allerdings immer auf Distanz. Mein eigentlicher Praktikumsplatz in N’Djamena, Tschad, wurde aufgrund der Sicherheitslage abgesagt und in Senegal wähnte ich mich bisher in Sicherheit.
In Westafrika gab es lange Zeit wenig Probleme mit radikal-islamistischen Gruppen, allerdings breitet sich der islamistische Terror (Mali, Nigeria) weiter aus, besonders die Sahelzone ist davon betroffen. Vor einer Woche wurden in mehreren Städten Senegals Personen festgenommen, die in Verbindung zum Islamischen Staat stehen sollen. Im Senegal fühle ich mich aber bisher sehr sicher und die Festnahmen zeigen auch, dass die Sicherheitsorgane des Staates funktionieren. Das Attentat auf ein Hotel in Bamako am 20. November hat die Situation jedoch verschärft.
Es folgt eine kurze Einführung in die Entstehung von IS Westafrika:
Laut dem Forschungsinstitut German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg, sind „[d]as politische System Nigerias und seine tragenden Institutionen […] bemerkenswert stabil; zeitweilig waren beachtliche politische und wirtschaftliche Reformen zu verzeichnen.“ Die Wahl von Muhammadu Buhari zum Präsidenten im Frühjahr 2015 unterstreicht die Reife des politischen Systems, da der scheidende Präsident Goodluck Jonathan, im Unterschied zu vielen anderen afrikanischen Staatschefs, sein Amt gewaltlos übergab. 2014 überholte Nigeria Südafrika als größte Volkswirtschaft Afrikas. Der Reichtum des Landes konzentriert sich allerdings auf den Süden des Landes, dort wo das Öl und Gas gefördert werden, sowie auf die Hauptstadt Abuja im Landesinneren. Der Norden, die Hochburg von IS Westafrika, ist wirtschaftlich und soziokulturell abgehängt.
Diese Spaltung des Landes besteht schon seit der Kolonialzeit: Der christlich-orientierte Süden, in dem aber auch der säkulare Yoruba-Islam integriert ist, wurde gegenüber dem eher verschlossenen, vom Hausa-Islam dominierten Norden bevorzugt. Basierend auf dem Gefühl der Vernachlässigung, konnten im Norden lokalen Gruppierungen, unter anderem Boko Haram, Anhänger finden. Gleichzeitig werden 20% des Staatshaushaltes für die innere Sicherheit verwendet, nur wenig kommt aber vor Ort zum Kampf gegen Boko Haram an; der Geldzuwachs hat auch die Korruption im Sicherheitsapparat verstärkt.
Für eine detaillierte Analyse empfehle ich GIGA Focus Afrika 04/2014.