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Skifahren in der Sierra Nevada: Wenn deine mangelnden Spanischkenntnisse dich fast das Leben kosten


Skifahren in Südspanien? Das klingt zunächst sehr paradox, aber ich kann euch versichern, das ist es nicht. Granada liegt direkt an der Sierra Nevada, einem der höchsten Gebirge Spaniens. Die Sierra Nevada habe ich in den letzten Monaten hassen gelernt. Sie, besser die kalte Luft, die aus den Bergen herabsinkt, ist dafür verantwortlich, dass es in Granada im Winter so schrecklich kalt wird. Auch wenn alles nur schiefging, was hätte schiefgehen können, hat mich mein Skiausflug gestern mit dem Gebirge versöhnt.

Wenn es Reiseorganisationen in Granada gibt, die Ausflüge bis runter in die Sahara anbieten, gibt es natürlich auch Reiseorganisationen, die 40-minütige Busfahrten in die Sierra Nevada anbieten. Ich fuhr, wie fast immer, mit meiner Lieblingsorgansiation Erasmus Best Live Experience, mit der ich auch schon zwei Mal in Marokko gewesen bin. Der ganze Spaß kostete mich 65€; Fahrt, Skipass und Ausrüstung inklusive. Wenn ich allein fahren würde, müsste ich in jedem Fall mehr zahlen. Spätestens als ich im Skilift saß und auf die weißen, hügeligen Skipisten blickte, wurde mir klar, dass dieser Ausflug das Geld absolut wert gewesen war. Große Gruppen sind jedoch träge. Bis wir alle unsere Ausrüstung hatten und wir endlich die Skipisten unsicher machen konnten, waren bereits zwei Stunden vergangen. Das war allerdings auch der einzige Haken dieses Reiseangebots.

Skilift und schneebedeckte Berge der Sierra Nevada
Sierra Nevada

Ich war eigentlich davon ausgegangen, allein zu fahren, aber erfreut stellte ich fest, dass Emma und Shuzo, Freunde von mir aus England und Japan, diesen Trip auch gebucht hatten. Joelle, ein Mädchen aus Holland, vervollständigte als viertes Mitglied unsere Skiing Crew. Wir fuhren zusammen einige Abfahrten, danach jedoch war ich auf mich allein gestellt, da ich mir als einzige die höher am Berg gelegene Piste angucken wollte. Aber no pasa nada! Wir würden uns einfach alle in einer Stunde unten am Skilift wiedertreffen. Kein Problem im Zeitalter der kabellosen Kommunikation! Tja, denkste …

Was steht wohl auf dem Warnschild!?

Was soll beim Skifahren eigentlich großartig schief gehen können? Wenn man äußere Umstände, wie betrunkene und rowdyhafte Skifahrer, ausschließt und einigermaßen sicher fährt, eigentlich wenig. Zumindest waren das meine Gedanken, als ich vor dem Skilift das gelbe Warnschild sah. Obwohl ich eigentlich spanisch spreche, ergaben die Worte auf dem Schild für mich nur wenig Sinn. Die Leute schien das Warnschild nicht davon abzuhalten, weiterhin unbekümmert in den Skilift zu steigen. Also was soll’s, so schlimm kann es schon nicht sein, dachte ich mir, zuckte die Schultern und stieg in den Skilift.

Oben angekommen bereute ich die Entscheidung sofort, denn es war windig. Und damit meine ich nicht, ein bisschen windig, windig-ich-halte-mir-den-Haarfön-vor-das-Gesicht, sondern richtig windig, windig-Eisflocken-knallen-mir-schmerzhaft-ins-Gesicht. Es fühlte sich so an, als würde ich von der Natur verprügelt werden. Zudem war die Sicht schlecht und man konnte kaum Piste von normalem Schnee unterscheiden. Irgendwie konnte ich die Abfahrt, die vom Skilift aus so einladend aussah, nirgends entdecken. Es blieben mir nur zwei Möglichkeiten: die schwarze Piste, direkt zum Haupthang herunterfahren – ganz sicher nicht, schließlich wollte ich lebend unten ankommen – oder einen anderen Weg suchen.

Piste geschlossen. Und jetzt?

Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass das nicht das erste Schneestürmchen war, in das ich während des Skifahrens hineingeraten war. Am nächsten Schild versuchte ich mich zu orientieren, allerdings war das Schild fast komplett zugeschneit und mir fiel bei der Gelegenheit auf, dass ich keine Ahnung hatte, wie der Pistenbereich hieß, von dem ich kam. Glücklicherweise erkannte ich den Namen „Borreguiles“ wieder, den ich unten beim Skilift irgendwo gelesen hatte. Allerdings war die Piste, in auf die das Schild verwies, geschlossen. Also fuhr ich den Hang auf der anderen Seite herunter. Unten angekommen durfte ich feststellen, dass es von dieser Seite des Berges keine Möglichkeit gab, zurück nach Borreguiles zu kommen.

Und dann ging auch noch mein Handy aus.

Dann musste ich wohl mit dem Skilift wieder hochfahren und einen anderen Weg suchen oder schlimmstenfalls die schwarze Piste (uuugh!) nehmen. Seufzend griff ich nach meinem Handy, um meinen Freunden mitzuteilen, dass ich mich wohl verspäten würde. Allerdings hatte mein Handy andere Pläne. Es ging aus und ließ sich nicht mehr einschalten. Wahrscheinlich hatte bei der Kälte der Akku den Geist aufgegeben. Jetzt war ich völlig auf mich allein gestellt.

Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich in den Skilift. Doch von der nebensächlichen Tatsache, dass ich mich verirrt hatte, würde ich mir den Skispaß nicht verderben lassen! Munter plapperte ich meinen Sitznachbarn auf Spanisch an: „Ich habe ein Problem: ich habe mich verfahren.“ Der Snowboarder grinste mich an: „Ich mich auch.“ Und rein zufällig wollte er auch nach Borreguiles! Auf unser unverhofftes Zusammentreffen aßen wir erst einmal einen Keks.

Keine Experimente mehr.

Am Ende war es ganz einfach: Wir stiegen am Gipfel aus. Ich fand die Skipiste, die ich anfangs hatte nehmen wollen. Der Snowboarder wollte aber eine andere nehmen, daher trennten sich unsere Wege dort. Wenig später erreichte ich erleichtert den Skilift in Borreguiles, allerdings hoffnungslos zu spät. Selbstverständlich hatte ich meine Freunde verpasst. Es folgte daher also weiterhin einsames Skifahren, diesmal aber nur die einfachen Pisten. Für die schwierigeren, die ich lieber gefahren wäre, hätte ich den Berg weiter hinauffahren müssen. In Anbetracht der Tatsache, dass ich mich in etwa einer Stunde in Richtung Skiverleih aufmachen müsste, verbot ich mir jegliche Experimente!

Man sollte ja meinen, dass es genügt, sich einmal beim Skifahren zu verirren, aber ich schaffte es doch tatsächlich ein zweites Mal, die Orientierung zu verlieren, als wir uns auf den Rückweg machten. In der Zwischenzeit hatte ich meine Freunde wieder gefunden. Emma und Shuzo nahmen den Lift, Joelle und ich wollten die Piste zum Ort herunter fahren. Doch nach einigen Metern beschloss Joell  lieber den Skilift zu nehmen. Ich war also wieder auf mich alleine gestellt, ohne Smartphone und ohne Pistenkarte. Und ohne den Namen meines Zielortes, wie mir zähneknirschend bewusst wurde. Aber kein Problem, ich würde einfach den Liften folgen. Das war allerdings schwieriger, als es sich anhörte. Man konnte nicht immer erkennen, wohin eine Piste letztendlich führte und die Schilder halfen mir auch nicht wirklich.

Bald fiel mir auch auf, dass es sich bei der letzten Abfahrt zum Skiort um keine der üblichen der 5-Minuten Pisten von Borreguiles handelte. Wenn ich dem Kabel der Gondel folgte, konnte ich nicht einmal die Talstation sehen! Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war und wie lang er Weg noch war, der vor mir lag. Und in weniger als einer Stunde würden wir uns schon zur Rückfahrt treffen, mal abgesehen davon, dass ich noch meine ganze Skiausrüstung zurückbringen müsste. Ich fragte schließlich ein älteres Ehepaar, das mir erklärte, dass ich dem Schild nach El Río folgen müsse und das tat ich auch – und zwar so schnell ich konnte.

Erschöpft, aber sehr zufrieden erreichte ich schließlich ein wenig verspätet den Treffpunkt und fuhren wir alle zurück nach Granada. Das war auf jeden Fall nicht mein letzter Besuch in der Sierra Nevada! Und das nächste Mal bin ich besser vorbereitet!

 

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