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So komme ich in Estland von A nach B

In meinem Auslandssemester bin ich fast täglich unterwegs. Ich fahre zur Uni, zur Sporthalle, zum Einkaufen oder zum Museum. Und ich besuche auch regelmäßig neue Orte in der Umgebung von Tartu oder gehe außerhalb Estlands auf Reisen. Welche Fortbewegungsmöglichkeiten ich dabei nutze und wie die Infrastruktur in Estland ist, erzähle ich euch in diesem Beitrag.

Wie du dich im Auslandssemester fortbewegst, hängt natürlich auch von persönlichen Vorlieben ab. Ausschlaggebend ist jedoch die Infrastruktur, die die jeweilige Stadt und das Land bieten. Ich finde, es lohnt sich, dich darüber im Vorfeld der Reise schon einmal zu informieren und dir Gedanken zu machen, welche Fortbewegungsmittel du nutzen möchtest.

Zu Fuß in der Stadt unterwegs

Tatsächlich kann ich in Estland viele Wege zu Fuß zurück legen. Der nächstgelegene Supermarkt liegt keine 500 Meter entfernt von meiner WG. Ins Stadtzentrum, in dem sich auch die Universität befindet, laufe ich von der WG aus eine knappe halbe Stunde. Diese Strecke laufe ich zugegebenermaßen nur bei schönem Wetter und wenn ich viel Zeit habe – ansonsten fahre ich lieber mit dem Bus.

Innerhalb des Stadtzentrums und zwischen den Unigebäuden bewege ich mich aber ausschließlich zu Fuß. Tartus Innenstadt ist relativ klein, sodass ich jeweils nur kurze Wege zurücklegen muss. Vom Rathausplatz bis zur Universitätsbibliothek laufe ich etwa 8 Minuten, ebenso lange dauert es, von der Bibliothek zu den großen Einkaufszentren im Stadtzentrum zu gelangen. In der Altstadt, in der sich auch meine Universitätsgebäude befinden, sind die meisten Straßen Fußgängerzonen oder Einbahnstraßen mit wenig Verkehr. Das macht es natürlich noch angenehmer, zu Fuß unterwegs zu sein.

Blick auf eine kleine Straße, rot gepflastert, Fußgängerzone, in der Altstadt von Tartu
Hier fahren keine Autos: Große Teile von Tartus Altstadt sind Fußgängerzonen.

Stadtbusse statt Straßenbahnen

Innerhalb Tartus gibt es ein ordentliches Bus-Netz mit etwa 15 Linien. Straßenbahnen oder S-Bahnen fahren hier keine – Busse sind also das einzige öffentliche Verkehrsmittel. Zur nächstgelegenen Bushaltestelle laufe ich etwa 5 Minuten. Dort kann ich zwei verschiedene Linien nehmen, die mich innerhalb von 5 bis 10 Minuten ins Stadtzentrum bringen. Die Abfahrtszeiten checke ich meistens vorher bei Google Maps. In der Regel fahren die Busse im 10- bis 20-Minuten-Takt.

Ein spezielles Studententicket gibt es in Tartu nicht. Das Fahrkartensystem ist aber sehr einfach gestaltet. Eine Einzelfahrt kostet 1,50 Euro, egal wohin es gehen soll. Vorher an einem Automaten oder im Internet ein Ticket zu kaufen ist nicht notwendig – das könnt ihr hier direkt im Bus machen, wenn ihr einsteigt. Dafür müsst ihr lediglich eine Kredit- oder EC-Karte an einem kleinen Automaten einscannen, der sich an jeder Bustür befindet. Der Betrag für ein Einzelticket wird dann automatisch abgebucht, eine physische Fahrtkarte erhaltet ihr nicht.

An den kleinen Automaten scanne ich beim Einsteigen auch meine Monatskarte. Das ist eine feste Chipkarte, die ich für 2 Euro in einem Kiosk gekauft habe. Nachdem ich mich als (temporäre) Einwohnerin Tartus registriert hatte, konnte ich diese personalisieren lassen. Dadurch habe ich Rabatt auf das Busticket erhalten. Um drei Monate lang unbegrenzt in Tartu Bus zu fahren, musste ich so nur insgesamt 30 Euro bezahlen. Es ist auch möglich, eine Chipkarte ohne Personalisierung mit einem Tages- oder Wochenticket aufzuladen. Diese Option habe ich zum Beispiel für meinen Freund genutzt, der mich in der Tartu besucht hat.

Mit Bahn und Intercity-Bus raus aus Tartu

Um aus der Stadt herauszukommen und die umliegenden Orte und Städte zu erkunden, nutze ich ebenfalls überwiegend Busse. Es gibt zwar einen Bahnhof in Tartu, der liegt allerdings etwas außerhalb des Zentrums und dort fahren nicht besonders viele Bahnlinien.

Alle ein bis drei Stunden kann man am Bahnhof einen durchgehenden Zug in die Hauptstadt Estlands, nach Tallinn nehmen. Fahrkarten können im Voraus online erworben werden, sodass man bei der Fahrkartenkontrolle lediglich einen QR-Code auf dem Handy vorzeigen muss.

Am Busbahnhof, der im Zentrum Tartus liegt, starten mehrere Intercity-Busse, die ebenfalls nach Tallinn fahren – und mit dem Junge-Leute-Rabatt etwas günstiger sind als die Züge. Diese halten praktischerweise auch direkt am Flughafen in Tallinn. Die Intercity-Busse von LUX Express bedienen außerdem einige andere größere Städte in Estland, etwa Pärnu und Viljandi, und fahren sogar über die Landesgrenzen hinaus, zum Beispiel in Lettlands Hauptstadt Riga. Es ist sinnvoll, die Tickets immer vorab online zu kaufen, da sie dort günstiger sind.

Kostenlose Kleinbusse fahren in die Natur

Am häufigsten steige ich am Busbahnhof in Tartu jedoch in Kleinbusse, die Orte in der Umgebung von Tartu anfahren. Innerhalb von einer Stunde Fahrtzeit bin ich damit schon mehrmals zu schönen Seen und tollen Wanderwegen mitten in der Natur gelangt. Und das Beste daran: Die Busse sind kostenlos. Beim Einsteigen muss ich dem Fahrer lediglich Bescheid geben, an welcher Haltestelle ich aussteigen möchte.

Das ist eine super Möglichkeit, um ohne eigenes Auto oder Mietwagen ländliche Gebiete in der Umgebung von Tartu zu erkunden. Beachten muss du allerdings die Abfahrtszeiten. Viele dieser Busse fahren nur vier Mal am Tag. Daher sollte der Ausflug vorher gut geplant sein. Die Zeiten checke ich meistens über Google Maps oder online.

Blick auf das innere eines Kleinbusses, nach vorne durch die Windschutzscheibe ist eine verschneite Straße zu erkennen
Mit solchen Kleinbussen lässt sich der Landkreis Tartu erkunden. Das Schild mit der Aufschrift „TASUTA“, das an der Windschutzscheibe klemmt, weist darauf hin, dass dieser Bus kostenlos genutzt werden kann.

Bolt-Taxis bieten günstige Fahrten

Wenn ich mit dem öffentlichen Nahverkehr nicht mehr weiter komme oder viel zu Tragen habe, bestelle ich in der Regel ein Bolt. Das Prinzip ist ähnlich wie bei Uber: Eine Person, die gerade in der Nähe ist, fährt mich mit ihrem eigenen Auto oder einem Bolt-Auto zum Zielort. Dabei läuft alles über die App und ohne Bargeld. Der Betrag wird vorab errechnet und automatisch von meiner Kreditkarte abgebucht. Hier ein Bolt zu nehmen ist deutlich günstiger als in Deutschland mit einem Taxi zu fahren. Für eine Fahrt aus dem Stadtzentrum nach Hause zahle ich in der Regel gerade einmal vier Euro, selbst nachts.

Mit Bolt-Fahrer:innen hatte ich außerdem schon einige spannende Begegnungen. Die meisten sind zwar eher schweigsam, einige suchen jedoch auch das Gespräch. Spätestens wenn sie erfahren, dass ich aus Deutschland komme, ist ihr Interesse geweckt. Ein Bolt-Fahrer sagte einmal zu mir, ich sollte mich doch bitte für eine bessere Politik in Deutschland einsetzen, als es die von Angela Merkel war. Was er vor allem kritisierte: Die russlandfreundliche Politik Deutschlands. Die Stimmung gegenüber Russland ist in Estland aktuell sehr schlecht, die Solidarität mit der Ukraine groß. Dies war nur eine der Sachen, die ich in meinen ersten Wochen im neuen Land beobachtet habe.

Natürlich ist es in Estland auch möglich, sich einen Mietwagen auszuleihen. Das bietet sich an, wenn man gemeinsam mit Freund:innen unterwegs ist und zum Beispiel in einen der sechs Nationalparks fahren möchte. Da ich aber auch in Deutschland kaum selbst Auto fahre – einerseits, weil ich daran keine Freude habe und andererseits, weil ich dadurch die Umwelt schonen möchte – nutze ich diese Option nicht wirklich, sondern fahre auch hier lieber mit Bus und Bahn.

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