19. September 2018
Warum mich nicht nur unser Campus an der University of Kansas an Hogwarts erinnert und wir unsere Dozenten bloß nicht Professor nennen sollen.
Willkommen zurück in der Schule
Das dachte ich nach meiner ersten richtigen Semesterwoche an der University of Kansas. Mein Fachbereich – die William Allen White School of Journalism and Mass Communications – ist mitten auf dem Campus in einem der schönen alten Gebäude untergebracht.
10 Punkte für Gryffindor
Wisst ihr noch, als ich meinte, dass unser Campus aussieht wie Hogwarts? Tja, tatsächlich geht es auch in den Klassenzimmern so zu. Wie bei Harry Potter gibt es hier Punkte für Anwesenheit, Mitarbeit und Hausaufgaben. Ja, ihr habt richtig gelesen: Hausaufgaben – und das in jedem Kurs.
Während man an deutschen Unis maximal eine Präsentation im Semester halten muss, verlagert sich das Lernen für Klausuren und das Schreiben von Hausarbeiten meist auf die vorlesungsfreie Zeit. Hier in den USA hat man den ganzen Stress zwar während des Semesters, dafür in den Ferien aber auch tatsächlich frei. Trotzdem mussten wir internationalen Studenten uns erst einmal an den Arbeitsaufwand gewöhnen.
Fokus auf Praxis
Alle meine Dozenten haben selbst jahrelang als Journalisten gearbeitet und in den Kursen wird dementsprechend großer Wert auf Praxis gelegt.
In „Advanced Multimedia Reporting“ schreiben wir während des Semesters sechs Artikel für die Unizeitung, The Daily Kansan. In Deutschland habe ich im Rahmen meines Studiums und diverser Praktika viele Interviews geführt, recherchiert und Artikel geschrieben. Das alles jetzt in einer anderen Sprache zu machen, ist definitiv eine Herausforderung, macht aber echt Spaß.
In „International Journalism“ beschäftigen wir uns mit der Rolle der Medien weltweit. An der Uni Hamburg habe ich zwar bereits einen ähnlichen Kurs belegt, doch es ist sehr interessant, das Ganze aus der amerikanischen Perspektive zu betrachten. Zudem legt der Kurs einen besonderen Fokus auf die Arbeit von Auslandskorrespondenten, was ich mir selbst irgendwann gut vorstellen könnte zu machen.
Mein Lieblingskurs ist „Broadcast Reporting“. Hier produzieren wir dreimal wöchentlich eine halbstündige Nachrichtensendung für den Campus-Fernsehsender KUJH TV.
Persönliches Studenten-Dozenten-Verhältnis
„Mein Name ist Mike und wenn mir jemand ’ne Mail mit ‚Professor‘ schreibt, antworte ich nicht.“ So stellte sich einer unserer Dozenten am ersten Tag vor. Ein anderer fragte uns in der ersten Stunde, ob wir alle Cupcakes mögen, da er am Ende des Semesters eine Party bei sich zu Hause feiert.
Schnell merkte ich, dass sich der Umgang zwischen Dozenten und Studenten an amerikanischen Universitäten viel persönlicher gestaltet. Nach der ersten Woche kannten alle Dozenten unsere Namen und sowieso duzt hier ausnahmslos jeder jeden. Gespräche finden auf Augenhöhe statt und die Dozenten sind viel interessierter am Leben ihrer Studenten, als ich es aus Deutschland kenne.
Amerikanische versus deutsche Unis
Studieren in den USA könnte nicht unterschiedlicher sein als in Deutschland. Das amerikanische Hochschulsystem ist in jeder Hinsicht verschulter und der Semesteralltag komplett durchstrukturiert. Für mich sind die Vorteile eines Studiums an der KU School of Journalism der praktische Unterricht, die moderne technische Ausstattung, kleinere Kurse und das persönliche Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten.
Auf der anderen Seite sind das Punkte-Bewertungssystem, Anwesenheitspflicht und Hausaufgaben definitiv gewöhnungsbedürftig. Im Gegensatz zu deutschen Unis bleiben den Studenten hier weniger Möglichkeiten, um Eigenständigkeit zu lernen. Was man jedoch nicht vergessen darf, ist dass die Eltern in den USA eine Menge Geld zahlen, um ihren Kindern einen Collegeabschluss zu ermöglichen.